Bianca Exklusiv Band 0226
ein neues Computerprogramm ausgearbeitet und vorgehabt, eine Stunde länger als gewöhnlich zu schlafen. Er hatte jedoch nicht mit Susan gerechnet, die sich in aller Herrgottsfrühe schon für die Schule angezogen hatte. Vielleicht konnte er sie überreden, wieder in ihr Nachthemd zu schlüpfen und noch für eine Weile ins Bett zu gehen, denn es war erst sechs Uhr.
„Sieh mal, Susan, ich habe es dir doch erklärt“, sagte er geduldig. „Weil hier nicht so viele Menschen leben, gibt es nur eine Lehrerin für die erste Klasse. Sie muss zwei Klassen unterrichten. Und statt dass jede Klasse jeden Tag einen halben Tag Unterricht hat, wechselt ihr euch ab. Du gehst montags, mittwochs und ein um den anderen Freitag zur Schule. Deshalb hast du heute frei.“
Sie dachte einen Augenblick über die Erklärung nach, bevor sie sagte: „Aber wenn ich jeden Tag zur Schule gehen würde, wäre ich am Ende des Jahres zwei Mal so schlau. Ich glaube, Miss Greene hat nichts dagegen, wenn ich in ihre beiden Klassen komme.“
Justin schob sich das dichte dunkle Haar aus der Stirn. Diese Unterhaltung würde länger dauern, als er erwartet hatte. Es war ihm nicht recht klar, warum Susan so versessen darauf war, zur Schule zu gehen. Aber offensichtlich bedeutete es ihr sehr viel.
„Es wäre so lustig, jeden Tag zur Schule zu gehen“, beharrte sie.
„Ich freue mich, dass du so gern zur Schule gehst.“
Susans blaue Augen leuchteten, und sie krabbelte über die Bettdecke, bis sie sich in ihres Vaters Arm kuscheln konnte. „Wirklich, Daddy, wirklich. Es gibt Puzzles dort und Spiele, die wir spielen dürfen, wenn wir mit unserer Arbeit fertig sind. Es gibt sogar eine Puppenküche mit Töpfen und Geschirr. Und unsere Klasse hat einen eigenen Waschraum. Und es gibt Computer nur für uns. Natürlich sind sie nicht so wie dein Computer. Nächste Woche will Miss Greene uns zeigen, wie wir sie benutzen müssen.“
Justin war froh über ihre Begeisterung, aber sie gab ihm immer noch Rätsel auf. Susans Schränke waren voll mit Spielzeugen und Spielen. Schon lange half sie ihm beim Kochen in der Küche, und sie besaß sogar ihren eigenen „sprechenden“ Computer, der ihr beim Rechnen und Wiedererkennen von Wörtern half. Sie hatte zu Hause alles, was sie sich nur wünschen konnte. Liebevoll drückte er ihre schmalen Schultern. „Möchtest du ein Geheimnis wissen?“
Sie nickte eifrig. „Ja, bitte erzähl! Ich liebe Geheimnisse.“
„Mein Geheimnis ist, dass ich froh bin, weil du zwei oder drei Wochentage zu Hause bist. Gestern war’s so still hier ohne dich, dass ich den Fernseher laufen ließ. Nächstes Jahr wirst du jeden Tag zur Schule gehen. Jetzt haben wir ein Jahr Zeit, uns ein bisschen einzugewöhnen.“
Susan gähnte und rieb sich die Augen. „Aber ich möchte Miss Greene trotzdem jeden Tag sehen. Sie ist wirklich nett, Daddy. Und hübsch ist sie auch.“ Wieder gähnte sie. „Hoffentlich bin ich so wie sie, wenn ich mal groß bin.“
Hübsch? Und sie wollte wie Miss Greene sein? Justin musste über die Vorstellung lächeln. Welch eine Fantasie Kinder doch hatten.
Er blickte auf seine Tochter hinab. Jetzt, da er hellwach war, war sie wieder eingeschlafen. Vorsichtig legte er sie in die Kissen, schlüpfte aus dem Bett und deckte sie zu.
Miss Greene hatte ganz offensichtlich einen überwältigenden Eindruck auf Susan gemacht. Es war sonst nicht Susans Art, sich so schnell zu Fremden hingezogen zu fühlen. Aber wahrscheinlich war es ganz natürlich für ein Kind, seinem Lehrer eine Art Verehrung entgegenzubringen. Bald genug würde Susan erkennen, dass Miss Greene auch nicht besser war als andere. Er jedoch wollte nichts tun, um ihr die Illusion vorzeitig zu nehmen. Das würde wie immer das Leben tun.
„Guten Morgen, Kinder.“ Mit einem warmherzigen Lächeln begrüßte Allison ihre Klasse.
„Guten Morgen, Miss Greene“, antworteten die Kinder mit lauten hohen Stimmen. Nach drei Schulwochen hatten sie Selbstvertrauen gewonnen.
Allison begann, die Kinder in alphabetischer Reihenfolge aufzurufen. „Hört mal, wenn ich euch heute aufrufe, dann erzählt mir jeder, was er heute zum Frühstück hatte. Jennifer Adams …“
„Uhuu … ich weiß nicht mehr.“ Das kleine Mädchen drehte verlegen an seinen kurzen Locken.
Allison wollte mit dieser Methode keine Informationen erlangen, vielmehr wollte sie die Kinder ermuntern, ihr Gedächtnis anzustrengen und frei zu sprechen. „Überleg mal, Jennifer! Waren es
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