Bianca Exklusiv Band 0226
stand auf und legte ihm in einer Geste des Mitgefühls die Hand auf den Arm. „Sie haben gute Arbeit geleistet. Susan ist ein kluges Mädchen, sehr wohlerzogen, und offensichtlich ist sie glücklich. Ihre Mutter wäre stolz auf sie.“
Der Blick, mit dem er sie ansah, sagte Allison, wie gern er ihr glauben wollte. Jahrelang hatte er die Last der Verantwortung allein getragen, wenn auch sicher mit der Unterstützung seiner Eltern und der von Caroline. Aber offensichtlich bedurfte er des Zuspruchs einer außenstehenden unparteiischen Person.
„Sie macht sich sehr gut in der Schule“, sprach Allison weiter, „und ist den anderen Schülern um Monate voraus. Dem Unterricht folgt sie sehr aufmerksam.“
Erleichterung spiegelte sich in seiner Miene. „Sie geht gern zur Schule und würde am liebsten jeden Tag hingehen“, berichtete er und lächelte. „Genau genommen, glaube ich, hängt sie an Ihnen. Sie sollten nur mal hören, wie gut sie von ‚Miss Greene‘ spricht. Jedes Wort von Ihnen wird mir wieder und wieder berichtet.“
Allison verzog ihr Gesicht. „Muss ja ziemlich langweilig sein.“
„Ich gebe zu, ich war schon ziemlich gereizt, weil ihre Zuneigung sich so verlagert hat.“
Sein Ton war scherzhaft, doch Allison vermutete, dass ein Körnchen Wahrheit in seiner Aussage steckte.
„Wohnen Sie schon lange in Georgetown?“, fragte sie.
„Nach Carolines Tod kündigte ich meinen Job, machte mich selbstständig und zog aus der Großstadt in eine Kleinstadt, wo ich meine Tochter besser anleiten kann, die Schönheit des Lebens zu erkennen. Einmal in der Woche fahre ich nach Denver, liefere Aufträge ab und hole neue. Manchmal kommt Susan mit mir und besucht Carolines Eltern.“
„Und was ist mit Freundinnen? Hat Susan Spielgefährten?“
Er schüttelte den Kopf. „Hier in der Gegend gibt es keine Kinder in ihrem Alter. Aber sie hat mich und die Großeltern, mit denen sie spielt.“
Allison hätte ihm gern gesagt, dass Susan auch Kontakte mit Gleichaltrigen brauchte, doch sie spürte, wie empfindlich Justin war. Er würde nur Kritik an seiner Fähigkeit als Vater heraushören.
„Tut mir leid!“, rief er aus. „Ich vergesse ganz meine Pflichten als Gastgeber. Wir haben einen Käsekuchen und einen Schokoladenkuchen. Ich könnte uns einen Kaffee machen.“
„Nein, den Nachtisch lasse ich besser weg.“ Sie nahm die Hand von seinem Arm und blickte sich nach ihrer Handtasche um. „Das Essen war ausgezeichnet. Ich bin sehr beeindruckt von Ihren und Susans Fähigkeiten als Köche.“
Er lachte. „Mir blieb nichts anderes übrig, als Kochen zu lernen. Ich lernte aus meinen Fehlern. Inzwischen kann ich sogar eine Geburtstagstorte verzieren.“
„Daran werde ich mich erinnern, wenn wir mal eine Klassenparty haben“, versprach Allison, während sie auf die Tür zuging.
„Möchten Sie wirklich nicht noch ein wenig bleiben?“
Er war so nahe, dass sie seinen Atem an ihrem Haar spürte. „Morgen ist wieder ein Arbeitstag“, bemerkte sie mit weniger Nachdruck, als sie wollte.
„Ich habe den Abend sehr genossen“, sagte er schlicht.
Seine Stimme war belegt, und das reizte Allison, sich ihm zuzuwenden. Ihre Gefühle waren durcheinander, und sie wäre gern länger geblieben, um sich über ihre Möglichkeiten klar zu werden. Doch als sie zu ihm aufsah, fiel ihr Blick auf das Porträt, das auf dem Kaminsims stand.
Susans Mutter, Justins Frau. Caroline war nicht mehr, doch in Justins Herzen lebte sie weiter. Allison hätte nichts dagegen gehabt, Justin besser kennenzulernen. Aber es wäre ihr lieber gewesen, wenn er gefühlsmäßig verfügbar gewesen wäre, und das war er im Augenblick wohl nicht.
„Vielen Dank noch mal für die Einladung.“ Atemlos brachte sie die Worte hervor.
„Vielleicht könnten wir uns wiedersehen …“, begann er, doch Allison unterbrach ihn.
„Nein, das halte ich nicht für gut. Es wäre mir nicht lieb, wenn die anderen Kinder das herausfänden. Sie wissen, wie grausam Kinder sein können, und wenn sie glauben würden, dass Susan der Liebling ihrer Lehrerin ist, dann könnte das sehr schmerzlich für die Kleine werden.“
Justin blickte zweifelnd, doch sie ließ ihm keine Wahl, als sich ihrer Entscheidung zu beugen.
Erst auf der Heimfahrt fiel Allison auf, dass sie nicht alles mit ihm besprochen hatte, was sie sich vorgenommen hatte. Aber das konnte vielleicht auf einem Elternabend nachgeholt werden. Noch einmal ein Treffen mit ihm zu vereinbaren, dazu war sie
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