Bianca Exklusiv Band 0226
nicht bereit. Denn eines wollte sie auf keinen Fall sein: eine Ersatzlehrerin, Ersatzmutter und Ersatzfrau.
4. KAPITEL
„Guten Morgen, Kinder.“
„Guten Morgen, Miss Greene.“ Schon bei der freundlichen Begrüßung wetteiferten die Kinder um die Gunst der Lehrerin.
„Heute hilfst du mal, Rosa“, sagte Allison. Die Kinder stellten sich im Kreis auf, während Rosa die Flagge hielt.
„Meagan, reihe dich auch ein“, mahnte Allison.
„Aber ich helfe doch Rosa nur mit der Flagge.“
„Rosa braucht deine Hilfe nicht, Meagan. Sie ist heute an der Reihe, und du hast die Pflicht, dich einzureihen, damit wir das Gutenmorgenlied singen können“, sagte Allison streng.
Meagan wartete, bis die Lehrerin ihr den Rücken zukehrte, dann schubste sie Rosa, sodass die Kleine über einen Stuhl stolperte und hinfiel.
Aber Miss Greene schien wie immer Augen im Hinterkopf zu haben. „Meagan, ein solches Benehmen kann ich nicht dulden. Es ist das dritte Mal, dass du einen Mitschüler gestoßen hast.“
„Aber, Miss Greene, ich will die Anführerin sein“, protestierte Meagan ohne jede Reue. „Ich kann die Flagge besser halten als jeder andere.“
„Jeder hier in der Klasse trägt die Flagge mit großem Geschick. Du musst lernen, dass du nicht immer die Anführerin sein kannst, und du musst lernen, dass du andere nicht tyrannisieren darfst. Heute Abend werde ich deine Eltern anrufen und sie um ein Gespräch bitten. Jetzt reihe dich ein, damit wir mit dem Unterricht fortfahren können.“
Mit großen Augen hatte Susan die Auseinandersetzung verfolgt. Miss Greene musste sehr wütend sein, wenn sie mit Meagans Eltern reden wollte. Susan war froh, dass Miss Greene niemals ihrem Vater schlechtes Verhalten hatte melden müssen. Es gäbe nichts Schlimmeres, als wenn ihr Vater und Miss Greene glauben müssten, sie sei unartig.
Zwei Wochen waren jetzt vergangen, seit Miss Greene zum Abendessen bei ihnen gewesen war. Die Dinge hatten sich nicht so entwickelt, wie Susan gehofft hatte. Sie hatte erwartet, dass ihr Vater und ihre Lehrerin sich ganz doll ineinander verlieben würden. Ihr Vater schien Interesse zu haben. Er hörte jetzt viel aufmerksamer zu, wenn sie von Miss Greene erzählte. Was Susan aber nicht verstand, war, dass Miss Greene nicht wieder zu Besuch gekommen war, und dass sie nicht alle miteinander ins Kino gingen oder auf Picknicks, wie sie sich das vorgestellt hatte.
Warum waren Erwachsene nur so dumm? Susan hatte sich alles so schön ausgedacht. Miss Greene könnte zu ihnen ziehen, und sie würden eine Familie sein. Susan war sogar bereit, ihr Zimmer mit ihr zu teilen. Wie sehr beneidete sie die anderen Kinder, die richtige Familien hatten. Sie hatten einen Vater und eine Mutter. Und die meisten hatten sogar einen Bruder oder eine Schwester. Nicht, dass Susan mit ihrem Vater unzufrieden war. Nein, er war vollkommen, und sie war schrecklich stolz auf ihn. Er war der klügste schönste Mann von der ganzen Welt. Aber sie wünschte sich so sehr auch eine Mutter, und sie war überzeugt davon, dass Miss Greene eine vollkommene Mutter wäre. Das Problem war nur, wie sollte sie die beiden begriffsstutzigen Erwachsenen dazu bringen, sich ineinander zu verlieben?
Fest stand, sie mussten einander wiedersehen. Wenn sie sie doch nur noch einmal zusammenbringen könnte.
„Susan, du bist heute so still. Fühlst du dich nicht wohl?“
Überrascht blickte das kleine Mädchen auf und sah, dass die Mitschüler sich aus einem Stapel Magazinen Hefte für die heutige Aufgabe holten. Da sie in diesem Augenblick die ungeteilte Aufmerksamkeit der Lehrerin für sich hatte, beschloss sie, gleich zur Sache zu kommen: „Miss Greene, warum essen Sie gar nicht mehr mit Daddy und mir?“
Schnell blickte die Lehrerin sich um, ob jemand Susans Frage mitgehört hatte.
„Ich habe niemandem unser Geheimnis verraten“, versicherte Susan ihr. „Aber ich dachte, Sie sind die Freundin von meinem Daddy. Warum mögen Sie ihn nicht?“
„Äh … oh ja, natürlich, ich mag deinen Daddy.“ Miss Greene schien sich nicht wohlzufühlen. „Er ist ein netter Mann.“
„Warum kommen Sie dann nicht wieder zu uns? Hat es Ihnen keinen Spaß gemacht?“
„Oh doch, es war sehr nett. Aber, weißt du, Susan, ich habe sehr viel zu tun. Du weißt ja, dass ich zwei Klassen unterrichte, und da muss ich abends noch Vorbereitungen für den nächsten Tag treffen.“
„Aber essen Sie denn nie Dinner?“, fragte Susan besorgt.
Einen Moment lang blieb
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