Bianca Exklusiv Band 0226
wirklich gezwungen, voneinander Kenntnis zu nehmen. Nicht nur, dass ich sie nicht bestrafen möchte, ich hätte sie am liebsten belohnt.“
„Das würdest du nicht wagen. Ihre Absicht mag ja gut gewesen sein, aber sie darf nicht glauben, dass ein solches Betragen hingenommen wird.“
„Ich weiß. Wir beide hatten ein langes Vater-Tochter-Gespräch, und ich glaube, sie versteht sehr wohl. Sie wusste die ganze Zeit, dass das, was sie getan hat, falsch war.“
„Übrigens, Susan ist wohl noch nicht zu Hause?“
„Nein, und es ist fast acht Uhr. Ich hatte gehofft, wir könnten heute Abend zu dir rüberkommen, aber jetzt wird es zu spät. Wenn sie heimkommt, muss sie gleich baden und ins Bett.“ Er seufzte hörbar. „Wie gern wäre ich jetzt bei dir, würde dich umarmen … küssen.“
Das Verlangen in seiner Stimme fand sein Echo in ihrem Verlangen, und ihr Körper reagierte, als würde sie wirklich von ihm berührt werden. Im Hintergrund hörte sie Justins Türglocke.
„Jetzt muss ich wohl Schluss machen“, sagte Justin. „Das ist sicher Susan. Morgen zum Abendessen?“ Schnell wurden sie sich über eine Zeit einig und hängten ein.
„Ich will ein Dinosaurier sein, Daddy. Sie sind so cool“, beharrte Susan und schob die Unterlippe vor.
„Kleine Mädchen gehen nicht als Dinosaurier. Sie gehen als Prinzessinnen oder Ballerinas.“
„Ich will aber keine Prinzessin oder Ballerina sein. Ich will ein Dinosaurier sein.“
Um Hilfe bettelnd blickte Justin zu Allison. Aber sie war überzeugt, ihre Meinung würde ihm nicht gefallen, also blieb sie still.
Sie saßen im Park auf einer Wolldecke Allisons Haus gegenüber. Neben ihnen lagen die Reste des Picknicks, doch sie genossen alle den Sonnenschein und hatten keine Lust aufzuräumen. Das Gespräch drehte sich, wie so oft in den vergangenen zwei Wochen, um das Kostüm, das Susan zu Halloween tragen würde.
„Du wärest eine so hübsche Ballerina“, sagte Justin. „Ich weiß nicht, warum du nicht das rosa Kleidchen tragen willst, das du zum letzten Tanzabend anhattest.“
„Weil ich darin wie ein Mädchen aussehe“, erklärte Susan empört.
„Aber du bist doch ein Mädchen.“
„Das weiß ich, Daddy. Aber ich will keine blöde Trine sein, und Ballerinas sind blöde Trinen.“
„Ich dachte, du hast gern Tanzstunden“, bemerkte Allison. Sie hatte ihr mit Justin schon während des Ballettunterrichts zugeschaut.
„Ja, aber ich will nicht immer eine Ballerina sein. Das ist Halloween. Da muss man irgendwie gruselig aussehen.“
„Ich mag’s lieber, wenn du hübsch bist“, wiederholte Justin.
„Daddy! Hübsch ist nicht gruselig. Sag du’s ihm, Miss Greene. Ich kann keine Ballerina sein.“
„Ja, Allison“, stimmte Justin zu. „Sag ihr, dass es ganz in Ordnung ist, an Halloween hübsch auszusehen.“
Allison räusperte sich. Sie zögerte, sich in einen Familienstreit einzumischen. Aber beide starrten sie erwartungsvoll an, und jeder erwartete, sie würde sich auf seine Seite schlagen. Sie versuchte, so diplomatisch wie möglich zu sein. „Ich habe eine Menge Mädchen gesehen, die zum Halloween hübsch aussehen, Susan, und sie haben genau so viele Süßigkeiten bekommen wie andere.“ Sie wandte sich Justin zu: „Was ist schon dabei, wenn Susan sich als Dinosaurier verkleidet, wenn sie sich das so sehr wünscht. Ich finde, sie gäbe einen ausgezeichneten Terraverdesaurus ab.“
Justin wollte argumentieren, doch dann runzelte er die Stirn. „Es gibt keine Terraverdesaurus.“
„Aber natürlich. In Susans Fantasie. Wir haben eine Geschichte über einen Dinosaurier gelesen, der sich langweilte, immer ein Brontosaurus zu sein. Also erfand er etwas Exotischeres. Die Moral der Geschichte ist: Man sollte zufrieden sein mit dem, was oder wer man ist.“
Justin lächelte und strich Allison eine Haarsträhne hinters Ohr, die sich gelöst hatte. „Bist du glücklich mit dem, was und wer du bist?“
„Manchmal“, gestand sie ein. „Eher in letzter Zeit.“
Er neigte sich zu ihr und gab ihr einen zärtlichen Kuss. „Ich hatte gehofft, dass du das sagst.“
„Darf ich also ein Terraverdesaurus sein?“, unterbrach Susan.
Allison hatte sich an das schlechte Timing der Kleinen schon gewöhnt, aber sie bedauerte keineswegs, dass sie und Justin seit jenem Montagabend in ihrer Küche keine Chance mehr gehabt hatten, ganz allein zu sein. In Susans Gesellschaft konnten sie miteinander reden und lachen und sogar ein oder zwei verstohlene
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