Bianca Exklusiv Band 0226
er eine ausgeprägte Vorliebe für Wälder gehabt, die er später irgendwie aus den Augen verloren hatte. Er atmete tief durch und sog die Gerüche von Pinien und Erde in sich auf.
Sie folgten einem Pfad hinab zu einem kristallklaren See. Schon bald stellte er fest, dass eine stille Kommunikation mit der Natur in Olivias Gegenwart unmöglich war. Sie war äußerst mitteilsam.
Ihr Geplapper ärgerte ihn anfangs. Doch allmählich linderte der helle Klang ihrer Stimme eine Einsamkeit, die er sich nie eingestanden hatte, füllte einen tiefen Brunnen in seinem Herzen, der stets leer geblieben war. Die Erkenntnis verblüffte ihn. Bisher hatte er von einer Frau nie als Gefährtin gedacht, als Seelenverwandte. Zudem war sie eine Augenweide – vor allem für Augen, die so lange nur nackte Betonwände gesehen hatten.
Sie seufzte. „Ich hatte gehofft, wilde Tiere zu sehen.“
Er schmunzelte. „Sie müssen still sein. Sonst verscheuchen Sie alle.“ Er legte die Hände auf ihre Schultern und drehte sie zum Ufer um. „Warten Sie nur ein paar Minuten. Dann werden Sie welche sehen.“
Kurz darauf tauchte ein Reh mit einem Kitz am Waldrand auf und näherte sich vorsichtig dem See. Die Tiere stillten ihren Durst. Olivia stand völlig still, bis das Reh mit seinem Nachwuchs wieder im Wald verschwand.
„Wie wundervoll“, flüsterte sie und drehte sich zu Drew um.
Sie stand sehr nahe bei ihm. Ihre Brüste waren nur wenige Zentimeter von seinem Oberkörper entfernt. Es brauchte nur einen tiefen Atemzug. Bei der Berührung öffnete sie die Lippen.
„Olivia“, murmelte er. Wie ein Verhungernder wollte er sie an sich ziehen und küssen, aber er wusste, dass er es nicht dabei bewenden lassen würde.
Widerstrebend trat er zurück.
Verwirrt und mit zitternder Hand strich sie sich das Haar aus dem Gesicht. „Drew?“
Er schüttelte den Kopf. „Nichts. Vergessen Sie es“, sagte er schroff.
Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und ging davon, denn er hatte einer Frau wie Olivia nichts zu bieten. Außer sich selbst. Und das war den Frauen, die er in der Vergangenheit gekannt hatte, nie genug gewesen.
Kurz darauf holte sie ihn ein. Nun, da es ihr gelungen war, ihn aufzuwühlen, schwieg sie ausnahmsweise.
Ein gewundener Pfad führte am Ufer entlang. Nach einer Weile kamen sie zu einem Bauernhof, der frische Waren anbot, und kauften Vorräte ein.
Olivia holte beständig weitere Lebensmittel wie Geflügel, Milch und Eier, Obst und Gemüse hinzu. Schließlich näherte sie sich Drew mit einem Strauß bunter Blumen. „Ich konnte nicht widerstehen. Es stört Sie doch nicht, oder?“, fragte sie.
Es störte ihn nicht. Im Gegenteil. Bei ihrem Anblick schnürte sich ihm die Brust zusammen. Einen Moment lang konnte er kaum atmen. In letzter Zeit hatte es nicht viele Blumen in seinem Leben gegeben. Und vielleicht war es das, was ihm fehlte – zusammen mit einigen anderen Dingen. Er holte seine Brieftasche hervor, um zu bezahlen.
Mit entzückter Miene hob sie die Blumen an ihre zierliche Nase. „Sie riechen wunderbar.“
„Das stimmt.“ Drew lächelte sie an. Sie hatte seinen letzten Dollar für einen Blumenstrauß verprasst. Ihm blieb nur noch ein uneingelöster Scheck von seiner Schwester, und es kümmerte ihn kein bisschen.
Verdammt! Er wurde sentimental wegen einer Frau, die er kaum vierundzwanzig Stunden kannte – einer Frau mit glockenklarer Stimme, funkelnden Augen und einem sonnigen Lächeln, das ihn verlockte, ihre Geheimnisse zu entdecken.
4. KAPITEL
Drew hatte sich geschworen, nicht die erste Frau zu verführen, die ihm über den Weg lief, und auch nicht die Zweite oder dritte.
Mit ihrem bezaubernden Lächeln machte Olivia es ihm schwer, sich zu erinnern, warum er sich dieses törichte Versprechen gegeben hatte. Sie war geboren, um zu verlocken, aufzureizen, ihn zu testen.
Sie würden eine weitere Nacht allein miteinander sein. Er wusste nicht, wie er es schaffen sollte, die Hände von ihr zu lassen.
Den ganzen Rückweg zur Hütte über hielt sie sich dicht bei ihm. Sie war klein, reichte ihm gerade bis an die Schulter, und ihr Schritt war leicht und graziös. Mehr als ein Mal bereute er es, dass er sie mit hungrigen Bären geneckt hatte. Nun musste er ihre Nähe ertragen.
Ihre sanfte Stimme, ihr federnder Schritt, ihr strahlendes Lächeln, die zufällige Berührung ihrer Hand mit seiner – all das trug dazu bei, seine Widerstandskraft zu schwächen.
Verhielt sie sich bewusst aufreizend? Oder war es
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