Bianca Extra Band 01
Veilchen, ein Rosa so zart wie die Röte auf der Wange eines Engels. Die Farben tanzten über die himmlische Leinwand: lebendig, rhythmisch, majestätisch – perfekte Noten in einer stummen Symphonie.
Preston zog Belle enger an sich und legte ihr den Arm um die Schulter, während sie die Eindrücke auf sich wirken ließen.
Ihr wäre nicht im Traum eingefallen, sich dagegen zu wehren. Warum auch? Wie oft im Leben wurde man schon Zeuge eines solchen Naturwunders?
Sie seufzte, als die Intensität der Farben nachzulassen begann. Viel zu bald würde alles vorbei sein.
Preston sah sie an. In seinen Augen spiegelten sich die Farben der Nacht. Mit seiner rauen, warmen Hand berührte er sie am Kinn, strich ihr über die Wange.
Sie konnte und wollte nichts dagegen tun.
Er senkte den Kopf. Ihre Lippen berührten sich. Sie seufzte leise und schmiegte sich an ihn. Es war falsch, das wusste sie genau. Doch sie entschied sich für den Kuss und gegen die Vernunft.
Der Kuss war so zauberhaft wie die Polarlichter, die sie gemeinsam erlebt hatten. Sie vergaß alles um sich – Marcus, der auf sie wartete, ihre Verpflichtung gegenüber ihrer verstorbenen Freundin und sogar das Kind, das sie Preston schon so bald überlassen musste.
Irgendwann hob er den Kopf und sah sie langsam an, wie durch einen Nebelschleier. „Belle …“ An seinem Ton konnte sie hören, dass keine Antwort nötig war. Er hob ihre Hand an seinen Mund und küsste sie. „Gehen wir hinein.“ Noch immer den Arm um ihre Schulter gelegt, führte er sie ins Haus.
Sie wandte sich an Marcus, der ihnen in seiner diskreten Art gefolgt war. „Würden Sie bitte ausnahmsweise im Wagen warten?“
Marcus runzelte zwar die Stirn, doch er gehorchte.
Preston musterte sie erwartungsvoll, aber schweigend.
„Könnten wir uns vielleicht … setzen?“, fragte sie scheu.
Er deutete zum Wohnzimmer. Sie setzten sich wieder auf dieselben Plätze wie vorhin.
„Möchten Sie einen Kaffee?“, fragte er höflich.
„Ein Cognac wäre mir lieber. Und außerdem sollten wir uns duzen.“
Preston nickte wortlos. Dann stand er auf und holte aus einem Schrank in der Zimmerecke eine Kristallkaraffe und einen Cognacschwenker. Er schenkte ein Glas ein und reichte es Belle.
Sie trank einen kräftigen Schluck.
Preston machte es sich inzwischen auf seinem Sessel gemütlich. „Heraus jetzt mit der Sprache, Belle. Was tust du kurz vor Weihnachten in Elk Creek?“
Wie sollte sie nur anfangen? „Erinnerst du dich noch an eine Archäologiestudentin namens Anne Benton? Sie verbrachte den Sommer vor drei Jahren hier.“
Preston legte nachdenklich die Stirn in Falten. „Warum fragst du?“
„Das erkläre ich dir gleich, versprochen. Aber sag mir doch …“ Sie seufzte, schüttelte den Kopf. „Weißt du, wer Anne ist?“
Er setzte sich aufrecht hin und sah Belle einige lange Sekunden prüfend an. Dann zuckte er die Achseln. „Natürlich erinnere ich mich an sie. Ich mochte sie. Warum?“
Preston hatte keine Ahnung, warum sie plötzlich über Anne Benton sprachen.
Er hatte die Frau kaum gekannt, obwohl sie ihm sympathisch gewesen war. Sie war nach Montana gekommen, um für ihre Doktorarbeit zu forschen. Auf seinen Ausritten waren sie sich einige Male in der Nähe der Höhlen begegnet, in denen sie mit ihren Kollegen Höhlenmalereien und archäologische Fundstücke katalogisierte.
Manchmal war er abgestiegen und hatte sich mit den Studenten unterhalten. Anne hatte er als besonders sympathisch und freundlich in Erinnerung.
Er musterte seine Hände, als könnten sie ihm weiterhelfen. „Ich habe einmal einen Abend mit ihr verbracht, kurz vor ihrer Abreise.“
„Einen Abend?“, fragte Belle vorsichtig nach.
Und Preston erzählte. Er vertraute ihr Dinge an, die er noch nie einem Menschen gesagt hatte. „Das war ein schlimmer Sommer für mich. Eigentlich wollte ich heiraten, aber meine Verlobte hat mich wegen eines anderen Mannes verlassen.“
„Oh, Preston …“, sagte Belle mitfühlend.
„Sie heiratete den anderen am zweiten Samstag im September. Das war der letzte Tag von Annes Aufenthalt in Elk Creek. Ich habe sie zufällig in einer Bar in der Stadt getroffen.“
Belle atmete hörbar ein. „Du hast also den Abend, an dem deine Verlobte einen anderen Mann geheiratet hat, mit Anne verbracht?“
„Ja. Ich wollte meine Sorgen in Alkohol ertränken. Anne hat mit ihren Freunden den erfolgreichen Abschluss ihrer wissenschaftlichen Arbeiten gefeiert. Sie hatte auch schon
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