Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
alle Hoffnungen auf den Papst. Doch Gregor befand sich in einer rechten Zwickmühle und fürchtete, ein Lombardenkrieg könnte einen neuen, von ihm erhofften Kreuzzug verhindern. Als der Papst erfuhr, dass die Reichsfürsten sich zur Waffenhilfe gegen die Lombarden bereit erklärt hatten, bat Gregor mit Eilkurieren um einen Aufschub für neue Verhandlungen mit der Lombardischen Liga. Die Frist verstrich und da nichts geschah, rüstete der Kaiser zum Krieg. Doch ehe er nach Süden aufbrach, wollte er dem Papst zeigen, welch ein frommer Mann der Imperator doch sei.
Für den Mai 1236 war geplant, den Leichnam der vor fünf Jahren verstorbenen und inzwischen heiliggesprochenen Elisabeth von Thüringen in einem kostbaren Schrein umzubetten. Der Kaiser ehrte die Verstorbene durch eine goldene Krone und folgte der Prozession zur neuen Grabstätte barfuß und im Mönchsgewand. Das verfehlte seinen Eindruck auf Adel, Klerus und Volk nicht, doch der |263| Papst verfolgte eisern eigene Interessen und hielt zu den abtrünnigen Lombarden.
Als letztes Mittel hatte Friedrich für Ende Juli in Piacenza einen Reichstag angesetzt und die Könige von ganz Europa aufgefordert, ihre Gesandten zu schicken, und das galt auch für die Delegierten aller Städte nördlich von Rom. Daraus wurde nichts, denn die Truppen von Böhmen und Bayern bekriegten den unter Reichsacht gestellten Herzog von Österreich und somit war der Kaiser den Lombarden deutlich unterlegen. Bis in den Herbst hinein kam es nur zu kleineren Gefechten, erobert und besetzt wurden auch Vicenza und Bergamo. Dann setzte der Winter mit Regen und Stürmen ein und eine schnelle Truppenbewegung war nicht mehr möglich. So gab Friedrich für dieses Jahr seine Bemühungen auf, scharte seine sarazenische Leibtruppe um sich und ging nach Pisa.
Die Stadt hatte sich den Einzug des Kaisers festlicher vorgestellt, doch Friedrich hatte seinen exotischen Tross längst wieder nach Süden geschickt, während Isabella, von Eunuchen bewacht, im sicheren Friuli den Kaiser erwartete. Zwar hatte sie einen eigenen kleinen Hofstaat für sich, doch viel besser als ihren beiden Vorgängerinnen erging es ihr nicht.
Auch der gestürzte König Heinrich war inzwischen, bewacht von Galvano Lancia, in Apulien eingetroffen und saß in strenger Haft auf der Burg Rocca San Felice bei Venosa. Als Erstes begrüßte Friedrich Bianca und seine Kinder, hob die erst einige Wochen alte Violante aus ihrer Wiege und betrachtete das Mädchen genau. Dann legte er es behutsam wieder zurück und meinte:
„Alles was ich mir für dieses Kind wünsche, ist, dass es gesund bleibt und später seiner Mutter gleicht.“
Bianca lächelte.
„So Gott will. Dafür ist Manfred schon jetzt dein Ebenbild.“
„Ich habe euch sehr vermisst.“
Bianca zeigte eine skeptische Miene.
„Das kann ich kaum glauben! Du warst doch mit Hochzeit und politischen Dingen vollauf beschäftigt.“
„Dafür brauchte ich nur meinen Kopf.“
„Oh, das musst du mir zeigen, wie man eine Brautnacht nur mit dem Kopf bewältigen kann. Da wird Isabella sich gewundert haben …“
„Ich werde es dir schon zeigen!“
|264| Ja, das tat er dann auch und Bianca fühlte in dieser Nacht, wie Friedrichs Liebe in ihr ein Feuer entzündete, das alle Bedenken hinsichtlich der Zukunft zu Asche verbrannte. Sie machte sich seine immer wieder geäußerte Vorstellung zu eigen, dass sie und ihre Kinder Friedrichs wahre Familie darstellten, während die neue Ehe nur Politik und nichts anderes war. Nicht nur ihre Körper fanden sofort zueinander, auch der geistige Gleichklang stellte sich schnell wieder ein. Ihr schien, als sei Friedrich nur einige Tage fortgewesen und nicht anderthalb Jahre.
Um die Grafen Lancia, seine treuesten Vasallen, zu ehren, stattete er ihnen auf ihrem Landgut nahe Pisa einen kurzen Besuch ab. Donna Giulia, die Hausherrin, versank in einen tiefen Hofknicks, doch sie schaute sich diesen Mann genau an. Giordano war seit Tagen verschwunden, sodass Galvano eine dringende Familienangelegenheit erfinden musste, um seine Abwesenheit zu erklären. Er selber wurde vom Kaiser vor aller Augen ausdrücklich für seine Dienste – ohne namentliche Erwähnung des unseligen Heinrich – belobigt und mit einem juwelengeschmückten maurischen Jagdmesser beschenkt. Beim Gespräch unter vier Augen aber wurde Friedrich deutlicher, doch seine Miene blieb unbewegt, als er fragte:
„Welchen Eindruck hattet Ihr von meinem – von Heinrich?“
Galvano
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