Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
hatte mit solchen Fragen gerechnet und sich vorgenommen, streng neutrale Antworten zu geben und dabei einfach die Tatsachen zu schildern.
„Der König – äh, Prinz Heinrich wirkte gedrückt, sprach wenig, doch er fügte sich allen Anordnungen.“
„Keine Klagen, keine Proteste, keine Rechtfertigungen?“
„N-nein – oder doch? Einmal hörte ich ihn sagen, jetzt wisse er, dass er vieles falsch gemacht habe, doch dieses Wissen sei nutzlos und helfe ihm auch nicht weiter.“
Der Kaiser schwieg, erhob sich, ging zum Fenster und schaute lange hinaus.
„Kann man von hier Pisa sehen?“
„Nein, Majestät. Nur vom Garten aus ist das möglich. Da gibt es eine Stelle …“
Mit einem Ruck wandte Friedrich sich um.
„Fast alle Reichsfürsten haben mein Handeln gutgeheißen. Das ist zwar erfreulich, doch es bringt mich nicht weiter, da eine wirksame |265| Truppenunterstützung aus gewiss verständlichen Gründen fehlt. So werde ich die Lombardei verlassen und nach Österreich ziehen, um den dort kämpfenden Bayern und Böhmen beizustehen. Danach wird es in Wien einen Hoftag geben, wo ich die Reichsfürsten bitten werde, Prinz Konrad zum deutschen König zu wählen.“
Da fuhr es Galvano heraus:
„Wieder ein Kind! Ob das gut gehen wird?“
Doch der Kaiser blieb gelassen.
„Wenn Heinrich versagt hat, so muss sich das bei Konrad nicht wiederholen. Bis dahin wird er neun Jahre alt sein und ich werde einen Kronrat zusammenstellen, der mir treu ergeben ist.“
„Mit Gottes Hilfe wird alles gut gehen, Majestät.“
Gegen Jahresende zog der Kaiser sein in der Lombardei verstreutes Heer zusammen und führte es nach Österreich, wo Herzog Friedrich schon bei seinem Nahen die Flucht ergriff. Im Februar versammmelten sich die Reichsfürsten in Wien, das bei dieser Gelegenheit zur freien Reichsstadt erhoben wurde. Die Herzogtümer Österreich und Steiermark wurden dem Kaiser unterstellt – damit verschwanden die Babenberger aus der Geschichte. Dass die versammelten Fürsten den neunjährigen Konrad ohne vorherige Gegenleistung zum deutschen König und künftigen Kaiser wählten, war in der Reichsgeschichte ohne Beispiel.
In regelmäßigen Abständen erhielt Bianca Briefe, die wenig von Politik, doch viel über sein persönliches Leben und Empfinden berichteten. Manchmal legte er es geradezu darauf an, sie eifersüchtig zu machen, wohl wissend, dass er damit wenig Erfolg haben würde.
„Der Hoftag in Speyer war lange vorher angekündigt und sollte an Pfingsten stattfinden. Da hatten es sich offenbar einige Honoratioren vorgenommen, mir ihre Töchter zuzuführen, denn über eine Konkubine des Kaisers, so dachten sie, könnten ihre Wünsche leichter mein Ohr erreichen. Wie üblich, richtete mir die Stadt ein Bankett aus und als zum Reihentanz aufgerufen wurde, hoffte man, ich würde eine der Jungfern wählen und mit ihr den Reigen eröffnen. Das tat ich dann auch und wenn du jetzt glaubst, mein kundiges Auge habe die Schönste der Schönen sogleich erspäht, dann ist deine Vermutung richtig. Es war die Tochter des hoch angesehenen Stadtphysikus, die vor lauter Freude und auch Verlegenheit |266| in meine Arme stolperte. Etwa eine Viertelstunde gab ich ihr die Ehre, dann reichte ich sie an meinen Sohn Konrad weiter, den ich vorher instruiert hatte und der den Reihentanz fast besser beherrscht als ich. Auf dem Gesicht des Mädchens zeichnete sich fröhliche Erleichterung ab, während ihr Vater, der Stadtphysikus, sehr sauertöpfisch dreinsah.
Einige Tage später, ich hatte mich gerade ankleiden lassen und die Diener fortgeschickt, öffnete sich eine Wandtruhe und ich zog sofort den Dolch, legte ihn aber gleich wieder weg. Das halb nackte, durchaus reizende Mädchen zeigte sich weniger schüchtern. Sie sei die Tochter des Stadtschreibers und wolle mir die Nacht verkürzen. Ich war schon drauf und dran, sie in mein Bett zu holen, da fiel mir die Warnung meines Leibarztes ein, der mich darauf hingewiesen hatte, dass manche Frauen oder Mädchen es darauf anlegten, von mir ein Kind zu empfangen, da ja alle Welt durch das Beispiel von Enzio und deinen Kindern wisse, wie sehr ich auch meine Kegel schätze. Doch diese Leute vergessen eines: Ich liebe sie, weil sie in Liebe gezeugt wurden. Ich sah keine Veranlassung, der hübschen Johanna diese Zusammenhänge zu erklären, wollte sie aber auch nicht beleidigen. So sprach ich von einem Gelübde im Zusammenhang mit der Königswahl und dass ich es ungemein bedauere, es nicht
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