Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
überfälligen Besuch entschuldigte.
Mit strahlender Miene wischte sie das fort.
„Es kommt nicht darauf an, wie oft Ihr mich besucht, sondern wie erfreulich ein solcher Besuch ausfällt.“
Da ihr das italienische Wort nicht einfiel, sagte sie „
joyous
“, doch Friedrich ahnte die Bedeutung. Statt der geplanten zwei oder drei Tage blieb er fast eine Woche und es verging keine Nacht, die er nicht bei ihr verbrachte. Am Tag vor der Abreise ließ sie ihn spüren, wie sehr sie ihn vermissen würde und welch eintönige Tage vor ihr lagen. Könne sie nicht wenigstens in der Umgebung herumreisen, um die Orte zu besuchen, an denen auch sein Herz hing? Sie war so klug, keine Namen zu nennen, weil sie dann Melfi hätte erwähnen müssen. Es lässt sich nicht verschweigen, dass sie durch diesen Wunsch seinem Herzen ein wenig näher rückte. Sein Gesicht strahlte auf und er rief:
„Dann müsst Ihr aber auch Castel del Monte sehen, mein soeben vollendetes Jagdschloss! Es bedeutet die in einem Bau umgesetzte |340| Mathematik, verkörpert das Oktogon, eine der erhabensten Zahlen der Menschheit.“
Isabella verstand nichts, doch sie antwortete klug.
„Das ist neu, mein Freund, das hat noch keiner gewagt! Damit habt Ihr in der Geschichte der Baukunst ein Zeichen gesetzt.“
Friedrich teilte ihre Begeisterung, wenn er sich auch ein wenig über ihr Verständnis für Derartiges wunderte. Einer ihrer aus England stammenden Höflinge hatte es ihr vermittelt. Mit seinem englischen, sehr weitschüssigen Bogen war es ihm gelungen, Friedrichs Aufmerksamkeit zu erregen, und so hatte er sich der Gruppe anschließen dürfen, die mit dem Kaiser das Castel del Monte besuchte. Bei den abendlichen Gesprächen hatte er genauer hingehört und so konnte er seiner Königin davon berichten.
Was vielleicht auch flehentliche Bitten nicht erreicht hätten, kam durch die Befriedigung von Bauch und Kopf zustande und der Kaiser gab Anweisung, der Königin – von Kriegern beschützt, von Eunuchen bewacht – im Umkreis von fünfzig Meilen das Reisen zu gestatten. Hätte er den Radius auf vierzig Meilen beschränkt, so wäre Melfi nicht mehr in Frage gekommen, aber so lag es noch innerhalb der erlaubten Grenze, und das sollte fatale Folgen haben.
Isabellas erster Besuch galt dem Jagdschloss Castel del Monte, das sie gebührend bewunderte, wobei sie nicht vergaß, den noch immer anwesenden Baumeister Bartolomeo mit Lob und passenden Geschenken auszuzeichnen.
Von dort nahm sie den Weg nach Melfi, was den Capitano ihrer Wachmannschaft zu einigen Fragen veranlasste.
„Darf ich Eure Majestät darauf hinweisen, dass im dortigen Kastell – dass dort die Wohnung – äh, der Sitz …“
Isabella lachte unbekümmert.
„Aber Capitano, Ihr seid ja ganz verwirrt. Natürlich weiß ich, wer dort wohnt. Donna Bianca war so freundlich, mir damals in Noventa die Glückwünsche zur Geburt von Heinrich Carlotto abzustatten, und nun werde ich sie in Melfi besuchen. Seid versichert, dass es zwischen uns keine Feindschaft gibt.“
Der Capitano zeigte sich beruhigt und was Isabella gesagt hatte, stimmte tatsächlich: Eine offene Feindschaft hatte es bis jetzt nicht gegeben.
Inzwischen war es Juli geworden und die Königin, von zuhause an ein mildes Klima gewöhnt, spürte mit Erstaunen den Unterschied. |341| In Foggia, fast auf Meereshöhe gelegen, aber leider von der Küste zu weit entfernt, um in den Bereich erfrischender Winde zu kommen, begann sich schon Mitte Juni eine brütende Hitze breitzumachen. Sie lastete dann bis Ende September über dem gesamten Tavoliere und nur ganz selten musste sie für einige Tage einem heftigen Nordwind weichen.
So drängten sich Isabella ärgerliche Gedanken auf, die sich auf dem Weg zu dem hoch gelegenen Kastell von Melfi noch verstärkten. Sie spürte den köstlich frischen Bergwind, der vom Monte Volture wehte, um den sie Bianca beneidete. Zum anderen erregte ihr Besuch – obwohl sie in einer offenen Sänfte einzog – wenig Aufsehen und Jubel gab es so gut wie keinen. Den Bürgern von Melfi war die Königin Isabella ziemlich fremd, obwohl man wusste, dass sie die dritte Gemahlin des Kaisers war. Donna Bianca hingegen war seit langem präsent und wenn sie sich gelegentlich in der Stadt zeigte, gab es erfreute Zurufe.
Immerhin fanden sich der
podestà
und einige Stadtväter sowie der Dompfarrer mit dem Hofkaplan Don Tommaso und anderen Priestern an der Stadtgrenze zu Isabellas Empfang ein. Den
podestà
hatte man
Weitere Kostenlose Bücher