BIANCA SPEZIAL Band 03
Doch der Anblick der Telefonzelle in dem Einkaufszentrum hatte ihm einen perfekten Vorwand geliefert, sich von dem abzulenken, was er getan hatte.
Warum habe ich mit ihr geschlafen?
Diese verdammte, dumme Frage ging ihm unaufhaltsam durch den Kopf. Er wusste es genau. Vom ersten Moment des Wiedersehens an hatte er sich danach gesehnt, ihren Körper an seinem zu spüren, ihr Stöhnen zu hören, wenn er sie an den intimsten Stellen berührte.
Doch deswegen war er nicht zurückgekommen. Er hatte die Dinge zwischen ihnen klären und sie um Vergebung dafür bitten wollen, dass er etwas angefangen hatte in dem Wissen, es nicht vollenden zu können. Dann hatte er Bonny gesehen und begriffen, dass seit damals sehr viel geschehen war. All seine früheren Argumente gegen eine erneute Ehe, der Schmerz über den Verlust seiner Frau und seines Sohnes – all das schien zurückzuweichen, wenn er seine Tochter im Arm hielt.
Dennoch wäre er es Hannah schuldig gewesen, alles zu klären, bevor er mit ihr intim geworden war. Diesmal war ihr Liebesspiel nicht nur die Befriedigung eines physischen Hungers. Eigentlich war es das nie gewesen, aber das hatte er sich eingeredet. Doch diesmal ließ sich jenes Etwas, das vermutlich schon immer in seinem Herzen verborgen geschlummert hatte, nicht länger verdrängen, sondern nahm mit erschreckender Intensität von ihm Besitz. Und diese Intensität verwirrte, beunruhigte ihn und ließ ihn sich wie der größte Schuft auf Erden fühlen.
Er nahm den Rucksack in die andere Hand und rief sich in Erinnerung, warum er so schwer war. Vor der Abreise aus Florida hatte er die letzte Flasche hineingesteckt – eine bittere Erinnerung daran, wie er die Zeit fern von Hannah verbracht hatte. Er schob die Hand in den Beutel, zog die halb volle Flasche heraus und starrte sie an. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen, und er verspürte den heftigen Drang, einen Schluck zu nehmen – am helllichten Tag, mitten in einem Einkaufszentrum.
Er ging zum nächsten Abfalleimer und ließ die Flasche hineinfallen, ohne seinen Schritt zu verlangsamen.
Florida lag jetzt hinter ihm – seit dem Moment, als Elliott ihn angerufen und ihm die Chance gegeben hatte, zumindest bei einer Person, der er wehgetan hatte, Abbitte zu leisten. Leider konnte er niemals Vergebung von Linda und Joshua erhalten.
Er atmete tief durch und blieb vor einem Blumengeschäft stehen. Sein Blick fiel auf eine quadratische Vase aus Keramik, die wie ein Bauklotz geformt und als Geschenk für eine Entbindung gedacht war. Er wusste, dass sie ein Kinderlied spielte, wenn sie aufgezogen wurde. Er starrte sie an und wünschte, er hätte Hannah und Bonny gleich nach der Geburt so ein Geschenk bringen können. Dann erst fiel ihm ein, dass er Linda und Joshua genau so eine Vase ins Krankenhaus gebracht hatte.
Lange Zeit stand er still da und wartete auf den vernichtenden Schmerz und auf die Schuldgefühle, weil er als Erstes an jemand anderen als an Joshua gedacht hatte. Er richtete sich auf. Die lähmenden Empfindungen stellten sich nicht ein. Stattdessen verspürte er eine Mischung aus Freude, dass er seinen Sohn zumindest ein paar Monate lang gekannt hatte, und eine erträgliche Trauer, ihn verloren zu haben.
Sein Blick glitt zu einem großen Strauß gelber Rosen. An einem der langen Stiele hing eine Karte mit einer schlichten Liebeserklärung.
Da erkannte er, dass er Hannah in all der Zeit ihrer Bekanntschaft, in all den Stunden der heißen Liebe, des Redens, des Lachens, der tröstenden Umarmungen in kummervollen Situationen nicht ein einziges Mal gesagt hatte, dass er sie liebte.
Und nun war es zu spät.
Jack Stokes schloss die Tür des Motelzimmers und schob sich den ledernen Cowboyhut aus der Stirn. „Ich bin aus demselben Grund hier wie du. Zumindest dachte ich das.“ Sein Blick glitt zu dem zerwühlten Bett hinter ihr. „Aber jetzt beginne ich daran zu zweifeln.“
Hannah verschränkte die Arme vor der Brust. „Deine schmutzige Fantasie hat mir schon immer gestunken, Stokes.“
„Oh, wir sind aber empfindlich heute.“
„Wie hast du uns gefunden?“
„Es war ganz leicht. Es würde dich überraschen, wie bereitwillig einige Frauen sind, wenn sie von einem Mann wie mir um Informationen gebeten werden.“
„Derartige Nachforschungen würden Tage dauern“, wandte Hannah ein. Dann kam ihr ein Verdacht.„Ich kann es nicht fassen.“ Sie stürmte zum Telefon, nahm den Hörer ab und wählte hastig eine Nummer, die sie auswendig
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