BIANCA SPEZIAL Band 03
allmählich Auswirkungen. Sie war mit den Nerven beinahe am Ende. „Außer dem Kind, das vor einer Weile hineingegangen ist, scheint niemand zu Hause zu sein.“
Etwa eine Stunde zuvor war ein Schwarm Schulkinder über die Straße hergefallen und in den Häusern verschwunden. Ein braunhaariges Mädchen hatte mit eigenem Schlüssel das Haus der Furgesons betreten.
„Ich glaube nicht, dass es Zeitverschwendung ist“, entgegnete Chad. „Was hattest du erwartet? Dass die Furgeson mit erhobenen Händen herauskommt, weil ein fremdes Auto auf der Straße steht?“
Hannah runzelte die Stirn. „Ich frage mich, was es für ein Gefühl ist, wenn auf ein Familienmitglied ein Kopfgeld ausgesetzt ist.“
„Wer sagt denn, dass ihr Bruder und seine Familie davon wissen? Vielleicht ahnen sie, dass Lisa in Schwierigkeiten steckt, aber wissen sie, worum es geht? Und weiß sie selbst, dass Persky tot ist und mehr als nur ein Dollarzeichen über ihrem Kopf schwebt?“
Er stellte seine Rücklehne wieder hoch. Seine Schulter berührte ihre. Sie lehnte sich an die Tür, so weit entfernt von ihm wie möglich, und riss den Schokoriegel auf, den er ihr vor einer Weile angeboten hatte.
„Natürlich lässt das außer Acht, dass sie diejenige sein könnte, die Persky erledigt hat.“
Hannah schluckte die Schokolade hinunter. „Sieh dir das Haus an. Es ist bescheiden, aber gepflegt und liegt in einem ordentlichen Wohnviertel. Wie alt schätzt du das Mädchen, das vorhin hineingegangen ist? Sieben oder acht? Würde eine Mutter ihre Tochter dabehalten, wenn sie wüsste, dass sie in Gefahr ist?“
Chad rutschte tiefer in seinen Sitz hinein.
„Ist das deine Art, mir zu sagen, dass ich mich auf dem Holzweg befinde?“
„Nein. Ich finde nur, dass du aufhören solltest, über jeden Schlüsse zu ziehen. Das würde die Dinge wesentlich vereinfachen.“
„Oh?“ Meinte er damit ihre Schlüsse über die Furgeson oder über sein Verhalten und seine Motivation? „Meinst du, dass die Furgeson ausgeflogen ist?“
„Wenn ja, dann glaube ich, dass sie gerade wieder hereingeflogen kommt.“
Sie drehte sich zu dem Haus um und sah einen schwarzen Buick neueren Modells in die Auffahrt einbiegen. Eine Brünette stieg aus und eilte zur Tür, wobei sie sich nervös umblickte.
„Interessant“, murmelte Hannah.
„Ist das Lisa?“
„Ich weiß nicht. Laut Personalakte ist sie blond, aber das lässt sich in einer halben Stunde ändern.“
Die Frau verschwand im Haus und schloss hastig die Tür hinter sich. Wenige Minuten später kam sie mit dem Mädchen wieder heraus, das zuvor hineingegangen war. Im Nu saßen sie in dem Buick und fuhren die Auffahrt hinunter.
„Es scheint loszugehen. Vielleicht haben sie uns entdeckt.“ Hannah nahm ihre Handtasche und stieg aus. Sie ging zur Fahrerseite und warf ihm durch das geöffnete Fenster eines von zwei Funksprechgeräten zu. „Ich habe sie von Bettys Kindern ausgeliehen. Sie haben wahrscheinlich keine große Reichweite, aber es ist besser als nichts.“
Er fing das Gerät auf. Sie versuchte zu verdrängen, wie diese langen, gebräunten Finger sie vor Kurzem berührt, einen lang schlummernden Teil von ihr und nie zuvor verspürte Gefühle geweckt hatten.
Sie beobachtete, wie der Buick davonfuhr. „Bleib in Kontakt. Ich lasse das Gerät in meiner Tasche auf Empfang geschaltet.“
Er startete den Motor und blickte sie durch das geöffnete Fenster an. „Mir gefällt das nicht. Steig wieder ein. Wir bleiben zusammen.“
Ihr Herz pochte. Die Zeit schien stillzustehen. In diesem Moment verdrängte sie die vergangenen Stunden und den Kummer, den er ihr zugefügt hatte, und gab einem plötzlich Anfall von Angst nach.
Angst hatte in ihrer professionellen Partnerschaft nie zuvor eine Rolle gespielt. Sie waren immer gleichberechtigt gewesen. Sie hatte nie um Hilfe gebeten, und er hatte nie versucht zu dominieren, wie es die meisten Männer getan hätten.
Und nun? Nun war sie nicht mehr die furchtlose Expolizistin McGee. Sie war eine Mutter, die ein winziges, wehrloses Wesen über ihre eigenen Bedürfnisse stellen musste. Und sie ahnte, dass er nicht länger der unbekümmerte Mann war, für den sie ihn einmal gehalten hatte – weil er nun Vater war.
Zum zweiten Mal versuchte er nun, sie zu beschützen, und trotz eines Anfluges von Entrüstung war sie gefährlich nahe daran, sich seine Sorge um ihre Sicherheit gefallen zu lassen.
Sie musterte seinen verlockenden Mund und sehnte sich mit klopfendem
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