BIANCA SPEZIAL Band 04
plötzlich ergab alles einen Sinn. Nun wusste sie, warum er so perfekt erschien. Er hatte beschlossen, sein Leben damit zu verbringen, sein vermeintliches Versagen als Dreizehnjähriger wiedergutzumachen. Er hatte seine Mutter nicht heilen können, aber er war entschlossen, alles andere auf der Welt zu heilen. Er sühnte für die Vergangenheit. Doch solange er nicht begriff, dass er nichts falsch gemacht hatte, war er verurteilt, nach Vergebung zu suchen, die nur von ihm selbst kommen konnte.
Es gab keine dunklen Geheimnisse außer demjenigen, das er soeben gelüftet hatte. Er war genau der, der er zu sein schien – ein echter Held. Und nun konnte nichts mehr verhindern, dass sie sich hoffnungslos in ihn verliebte.
9. KAPITEL
„Du hast ja fast gar nichts gegessen“, bemerkte Jim, als er die Teller einsammelte und in die Küche trug.
„Es lag nicht an der Zubereitung. Die Steaks waren köstlich.“
„Es tut mir leid“, sagte er, als er an den Tisch zurückkehrte und sich ihr gegenübersetzte. „Ich hätte es dir nicht erzählen sollen.“
„Ich bin froh, dass du es getan hast. Wir sind Freunde, und du bist mir sehr wichtig. Es fällt mir nur schwer, alles zu verkraften, was du gesagt hast.“
Die Schrecken seiner Vergangenheit erweckten in ihr den Drang, ihn in die Arme zu schließen und zu trösten. Als Mutter, die ihr Kind sehr liebte, konnte sie nicht verstehen, wie seine Eltern ihn so hatten behandeln können. Zuerst sein Vater, der seinen Sohn und seine kranke Frau im Stich gelassen hatte, und dann seine Mutter mit ihrer unmöglichen Forderung. Niemand sollte eine derartige Situation verkraften müssen, ganz zu schweigen von einem Kind.
„Lass uns das Thema wechseln“, schlug sie vor, als ihr Tränen in die Augen stiegen. „Die Sommersaison hat angefangen, oder? Wie schlagen sich die Dodgers?“
Jim grinste sie an. „Interessierst du dich wirklich für Baseball?“
„Sicher.“
„Dann beweise es. Nenne mir einen der Spieler.“
Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder. „Ich weiß, dass ihre Trikots blau und weiß sind. Das sollte als Beweis reichen.“
„Tut es aber nicht. Ich schlage ein anderes Gesprächsthema vor.“
„Okay.“
„Hast du Lust, mit mir zu Rick und Lupes Hochzeit zu kommen?“ Abwehrend hielt er eine Hand hoch. „Nicht als Date, sondern als Freunde. Ich glaube, wir hätten viel Spaß.“
„Sehr gern“, sagte sie ohne Zögern.
Sie wusste, dass sie es genießen würde, außerhalb des Büros mit Jim zusammen zu sein. Und da es sich nicht um ein Date handelte, konnte sie sich entspannen und musste sich nicht über die Spannung zwischen ihnen sorgen. „Kannst du tanzen?“
„Ich glaube, ich kann gut genug über das Parkett schlurfen, um dich zufriedenzustellen.“
„Aber wird es mir peinlich sein?“
Er lachte. „Wahrscheinlich.“
Tränen stiegen ihr in die Augen und rollten über ihre Wangen. Jim fluchte leise, griff über den kleinen Tisch und wischte sie fort.
„Es tut mir leid“, murmelte sie. „Es geht mir gut.“
„Ja, das merke ich.“
„Im Ernst. Zum Teil liegt es daran, dass ich immer noch etwas sentimental bin, und zum Teil an dem, was du mir erzählt hast. Trotzdem bereue ich nicht, die Wahrheit über deine Vergangenheit zu wissen. Du hattest dein Leben lang Zeit, dich daran zu gewöhnen, aber ich hatte nur eine Stunde. Lass mir etwas Zeit.“ Sie berührte seine Hand, die neben ihrer auf dem Tisch lag. „Ich bin sehr stolz darauf, dich zu kennen.“
Er richtete sich auf und wich zurück. „Fang nicht so an.
Sei nicht stolz, weil ich eine schwierige Kindheit überlebt habe. Ich kann dir ein Dutzend Leute nennen, die Schlimmeres überstanden haben.“
„Du hast nicht nur überlebt, sondern etwas aus deinem Leben gemacht, und du hilfst jeden Tag anderen.“
Seine Miene wurde verlegen. „Ich bin kein Held, verdammt. Ich bin nur …“ Er schüttelte den Kopf und stand auf. „Es ist spät geworden. Ich sollte jetzt verschwinden.“
Heather stand ebenfalls auf. „Du bist nur ein guter Mensch“, beendete sie seinen Satz. „Davon gibt es nicht genügend, was bedeutet, dass du doch ein Held bist, ob es dir nun gefällt oder nicht. Entschuldige, Jim, aber du bist wie Superman.“
„Hauptsache, ich muss keine roten Plastikstiefel tragen.“
„Das musst du nicht.“ Sie begleitete ihn zur Wohnungstür. „Ich bin wirklich sehr stolz, dich zu kennen. Ich weiß es zu schätzen, dass du mich in deine Vergangenheit eingeweiht
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