BIANCA SPEZIAL Band 04
Angst. Er denkt nicht, er reagiert. Glaubst du wirklich, dieser Mann will, dass du gehst?“ Flo schürzte die vollen roten Lippen. „Du kannst das Ruder immer noch herumdrehen, aber es wird viel Arbeit kosten. Jim wird es dir nicht leicht machen. Du musst entscheiden, was es dir wert ist. Wie weit bist du bereit zu gehen, um mit ihm zusammen zu sein?“
„Ich weiß es nicht“, gestand Heather ein. „Ich fürchte, ich habe mich zum Narren gemacht – wieder mal. Ich hätte meine Lektion inzwischen gelernt haben müssen, aber ich habe alle Warnungen ignoriert. Ich dachte, er wäre perfekt für mich. Jetzt fühle ich mich verraten. Ich wusste, dass er vor einer Bindung zurückschreckt, aber ich dachte, er würde sich weiterentwickeln und sich ändern. Aber er ist nicht bereit dazu. Jedenfalls nicht mit mir.“
„Du liebst ihn also wirklich und würdest ihn heiraten wollen?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht. Ja, wahrscheinlich.“
Flo grinste. „Ich freue mich so sehr für dich.“ Sie wurde ernst. „Das Problem ist, dass er nicht an deine Liebe glaubt, weil bisher noch nie jemand für ihn gekämpft hat. In schlechten Zeiten ist er bisher immer im Stich gelassen worden. Du musst ihm beweisen, dass du zu ihm stehst.“
„Aber wie denn? Er will mich nicht in seinem Leben haben.“
„Wirklich nicht? Oder hat er nur Angst, an deine Liebe zu glauben?“
Heather hatte keine Antwort darauf.
„Liegt dir wirklich an ihm?“
Heather nickte. „Er ist gütig und ehrenwert. Er ist eine gute Vaterfigur für Diane. Er ist klug und dickköpfig und kann mich auf die Palme bringen, aber ich bin genauso. Es geht nicht darum, dass ich keinen besseren Mann finde, sondern dass mich kein anderer interessiert. Wir passen zueinander. Wir sind verwandte Seelen.“
„Dann musst du um ihn kämpfen. Du kannst anfangen, indem du ihm sagst, dass du nicht weggehst.“
„Daran habe ich gar nicht gedacht! Das ist eine prima Idee.“ Heather nahm Jims Brief zur Hand, schrieb in großen Lettern Nein, danke darauf und legte ihn mitten auf seinen Schreibtisch. „Und was jetzt?“, fragte sie.
„Jetzt wartest du ab.“
„Jim?“
Er blickte von dem Bericht auf, auf den er sich vergeblich zu konzentrieren bemüht hatte, und starrte Heather an. Es schien, als hätten seine Gedanken sie hervorgezaubert. Sie stand vor seinem Schreibtisch. Die Morgensonne ließ ihr blondes Haar wie Gold schimmern. Diane zappelte in ihren Armen, erblickte ihn und krähte vor Freude. Er hatte nicht genug Zeit mit ihr verbracht. Er hatte sie ebenso vermisst wie ihre Mutter.
„Ich habe einen Termin“, sagte er abweisend.
Ihr Lächeln verriet, dass sie ihm nicht glaubte. „Ich werde deine Zeit nicht lange in Anspruch nehmen“, versicherte sie dennoch. „Ich hatte mir vorgenommen zu warten, bis du den ersten Schritt unternimmst, aber du meidest mich jetzt schon seit zwei Wochen, und ich bin am Ende mit meiner Geduld. Außerdem habe ich im Geiste tagtäglich dieses Gespräch mit dir geführt und will es endlich verwirklichen.“
Sie blickte über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass sie allein waren. Sie brauchte sich nicht zu sorgen. Flo war zur Post gefahren und würde frühestens in einer halben Stunde zurückkehren.
„Ich kenne dein tiefes, dunkles Geheimnis“, fuhr sie fort. „Du hast dein ganzes Leben damit verbracht, dich um andere zu kümmern, weil du dadurch gutzumachen versuchst, dass du deine Mutter nicht retten und deine Freundin nicht halten konntest. Du gibst dir die Schuld daran, dass deine Mutter und dein Baby starben. Deshalb hilfst du und hilfst du und hilfst du, in der Hoffnung, dass du eines Tages genug gesühnt hast.“
Eine innere Stimme drängte ihn davonzulaufen, aber er konnte sich nicht rühren. Ein helles Licht schien in seine düstere, verkümmerte Seele zu leuchten. Heather hatte ihn durchschaut. Sie hatte in jedem Punkt recht, und er schämte sich.
In sanftem Ton fuhr sie fort: „Ich habe eine Neuigkeit für dich, Jim. Du kannst die Vergangenheit niemals wiedergutmachen. Was geschehen ist, ist geschehen, und du warst nicht derjenige, der geirrt hat. Deine Mutter war krank. Du warst ein Kind, kein Gott oder Arzt. Du konntest sie nicht gesund machen. Was sie von dir verlangte, war falsch.“
Er brachte keinen Ton heraus. Er konnte sie nur anstarren. Er hatte nicht gewollt, dass sie hinter die Fassade blickte, die er der Welt präsentierte.
„Was mich angeht, bist du der großartigste Mensch auf der
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