BIANCA SPEZIAL Band 06
delikat.
„Die Milch ist für dich bestimmt“, bemerkte Sin.
Bobbi begann zu essen, ergab sich in ihr Schicksal. Zumindest fürs Erste.
„Okay“, sagte Bobbi, als sie nach dem Lunch wieder zum Wagen gingen. „Ich werde alles vergessen, wenn du mich jetzt nach Hause bringst.“
Sin schloss die Augen und seufzte gereizt. Schnell fügte Bobbi hinzu: „Ich verstehe deine Einstellung inzwischen besser und sehe ein, dass du am Leben des Babys Anteil haben willst, und ich bin bereit, dir diesen Wunsch zu erfüllen, so weit es im Rahmen bleibt und du nicht versuchst, dadurch zu einem Teil meines Lebens zu werden. Also, warum fahren wir nicht einfach Richtung Süden?“
„Glaubst du wirklich, du könntest einem Baby mit meinen Augen ins Gesicht schauen und darin nicht mich als Teil deines Lebens sehen?“
Der Gedanke machte Bobbi Angst. „Vielleicht hat es ja meine Augen.“
Sin zuckte die Schultern. „Vielleicht hat es dann meine Haarfarbe. Was es auch sein mag, wir sind auf immer und ewig aneinander gebunden. Und ich bin nun mal von Natur aus so angelegt, dass ich mich nicht von etwas trenne, das mir gehört.“
Obwohl er Bobbi bereits über hundert Meilen von Los Angeles entführt hatte, begann sie erst in diesem Moment einzusehen, dass er es ernst meinte. Er brachte sie tatsächlich nach Oregon und beabsichtigte, dort mit ihr zu leben, bis das Baby auf der Welt war.
Sie schluckte. „Du gehst zu weit, Sinclair“, warnte sie.
„Nein“, widersprach Sin lächelnd, hob sie auf seine Arme und ließ sie behutsam auf ihren Sitz sinken. „Schnall dich bitte an.“
Die Autobahn Nr. 5 schlängelte sich wie ein flaches Band durch die fruchtbaren Täler Südkaliforniens und führte weiter durch die ehemaligen Goldgräberstädte gen Norden. Allmählich hatte Bobbi sich beruhigt. Auf unorthodoxe Weise wurde ihr etwas beschieden, woran es ihr seit Langem mangelte: Endlich hatte sie einmal Zeit, über ihr Leben nachzudenken und Pläne für eine erfolgreichere Zukunft zu machen.
Mit dem Baby, das sie bald haben würde, sah sie zunächst weit weniger Alternativen für sich als früher. Dafür gab es umso mehr zu planen. Vielleicht waren einige Monate der Ruhe gar nicht so schlecht. Sie blickte zu dem Mann, der für diese zweifelhafte Chance verantwortlich war, und erkannte plötzlich, wie wenig sie über ihn wusste.
„Wieso eigentlich eine Hütte in Oregon?“, fragte sie, „wenn du ebenso gut eine Jacht in Monte Carlo besitzen könntest?“
„Während meiner Collegezeit verbrachte ich beinahe alle Ferien mit Patrick in Candle Bay“, erklärte Sin. „Patrick wuchs an der Küste auf. Das Meer ist sein Leben. Als er zum Militär eingezogen wurde, kam ich allein dorthin und erforschte das Hinterland. Damals verliebte ich mich in das Willamette Valley.“
„Das Willamette Valley“, wiederholte Bobbi nachdenklich. „Ich erinnere mich, davon in der Schule gelesen zu haben.“
„Zahllose Güterzüge fuhren gen Westen. Ihr Ziel war das fruchtbare Farmland des Tals, nicht zuletzt die hervorragenden Fischgründe des Landes.“
Bobbi musste lachen. „Glaubst du wirklich, dass es Menschen gab, die ihre Familie irgendwo entwurzelten, um nach dem Westen zu ziehen, nur weil man dort so wunderbar fischen konnte?“
Er lachte. „Sicher. Du sagtest auch einmal, du würdest für die Erlangung eines besonderen Möbelstücks bis ans Ende der Welt gehen.“
Bobbi schob nickend die Unterlippe vor. Tatsächlich sagte sie das oft, aber sie konnte sich nicht erinnern, es in Sins Gegenwart erwähnt zu haben.
Sin deutete ihren fragenden Blick korrekt. „Das sagtest du in jener Nacht zu mir, als wir miteinander schliefen.“
Daran konnte sie sich nicht mehr erinnern. Aber sie hatte nicht vergessen, wie angenehm es gewesen war, sich mit Sin zu unterhalten.
„Mag sein.“ Bobbi versuchte, beiläufig zu klingen. „Aber Möbel sind etwas Greifbares. Du lebst jeden Tag mit ihnen und kannst sie an deine Kinder weitergeben.“
„Richtig, aber die Erinnerung an einen Nachmittag beim Fischen an einem wunderschönen Fluss, wo du deinen Fang über einem offenen Feuer in der Abendsonne zubereitest, bleibt dir auch ewig. Dieses Erlebnis bereichert nicht allein dein Leben, sondern auch das der Menschen, mit denen du es geteilt hast. Das Glücksgefühl bleibt ebenso lange erhalten wie die Möbelstücke.“
Bobbi sah ihn freudig überrascht von der Seite an. „Du meine Güte, Sinclair, du bist ja ein ausgesprochen feinfühliger
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