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Big Bad City

Big Bad City

Titel: Big Bad City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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nicht, wie oft er sich an ungezählten Sommertagen an sie erinnert hatte. Aber als er das trällernde Gelächter des Mädchens hörte, dachte er wieder an Irwin Shaws Mädchen in ihren hauchdünnen Sommerkleidchen und lächelte. Gelb. Das lachende Mädchen irgendwo auf der Straße unter ihm trug ein gelbes Kleid.
    Noch immer lächelnd ging er zu dem Holzbrett an der Wand - zugegebenermaßen eine altmodische Art in diesem Zeitalter der E-mails und Computer, um sich einen Überblick über den Dienstplan zu verschaffen, aber noch immer praktisch und jederzeit verfügbar - und wollte gerade sein Namensschild von der Dienst-Hälfte in die Dienstfrei-Hälfte heften, weil er endlich, um zehn vor neun am Abend eines langen, heißen Sommertags, dreizehn Stunden, nachdem er das Schild in die andere Richtung geschoben hatte, nach Hause gehen wollte.
    Die Tür von Lieutenant Byrnes’ Büro wurde geöffnet.
    »Steve? Artie?« rief Byrnes. »Bin ich froh, daß ich euch noch erwischt habe.«
     
    Das Mädchen lag ausgestreckt auf dem Kiesweg. Vor einer Parkbank im Grover Park, nur wenige Meter von der Grover Avenue und keine sieben Blocks vom Revier entfernt. Es trug eine weiße Bluse und hellblaue Hosen, weiße Socken und gestreifte Reeboks. Die Fliegen waren schon da. Nirgendwo eine Spur von Blut, aber die Fliegen naschten an den weit aufgerissenen Augen. Man brauchte keinen Gerichtsmediziner, um zu sehen, daß das Mädchen erwürgt worden war. Die blauen Flecken am Hals bestätigten ihre erste Vermutung.
    »Irgendwas angefaßt?« fragte Carella.
    »Nein, Sir!« antwortete einer der uniformierten Streifenbeamten. Er klang beleidigt.
    »Genauso haben Sie sie gefunden?« fragte Brown.
    Er dachte, daß er nirgendwo eine Handtasche gesehen hatte. Carella dachte dasselbe. Die beiden Männer standen nebeneinander im fahlen Licht einer Straßenlaterne, die sich etwa anderthalb Meter entfernt auf dem gewundenen Kiesweg befand. Browns Hautfarbe entsprach seinem Namen; er war knapp einsneunzig groß und wie ein Frachtschiff gebaut. Carella war weiß, ziemlich genau einsachtzig groß und in einer guten Woche dreiundachtzig Kilo schwer. Im Sommer, bei dem ganzen Junkfood, legte er schon mal auf fünfundachtzig oder sogar neunzig Kilo zu. Die beiden waren schon lange beim 87. Polizeirevier und hatten oft als Partner zusammengearbeitet. Es schien ihnen, als könnten sie gegenseitig ihre Gedanken lesen.
    Der Gerichtsmediziner traf etwa fünf Minuten später ein, beschwerte sich über den im Sommer immer fürchterlich dichten Straßenverkehr, begrüßte die Detectives, die er von anderen Tatorten kannte, und machte sich dann an die Arbeit, während die uniformierten Streifenbeamten ihre gelben Absperrungsbänder ausrollten und die sich bildende Menge zurückhielten. Die Einwohner dieser Stadt wußten eine gute Show auf offener Straße durchaus zu schätzen, besonders im Sommer. Brown fragte die Jungs in Blau, wie sie auf die Leiche aufmerksam geworden wären. Der jüngere der beiden Cops in Uniform sagte, eine Fußgängerin habe gewunken, ihren Wagen angehalten und ihnen gesagt, eine Frau läge hier auf der Parkbank, und sie sei entweder krank oder tot oder so.
    »Haben Sie sie festgehalten?« fragte Brown.
    »Natürlich, Sir. Sie steht da drüben.«
    »Haben Sie mit ihr gesprochen?« fragte Carella.
    »Nur ein paar Fragen gestellt.«
    »Hat sie jemanden gesehen?«
    »Nein, Sir. Sie ging im Park spazieren und hat das Opfer entdeckt, Sir.«
    Carella und Brown schauten zu der Frau hinüber, die im Licht einer Straßenlaterne stand.
    »Wie heißt sie?« fragte Carella.
    »Susan … äh, Augenblick mal, das ist ein italienischer Name«, sagte er und holte sein Notizbuch hervor. Namen, die mit einem Vokal endeten, machten ihm immer Schwierigkeiten. »Androtti«, sagte der Beamte. »Mit Doppel-T.«
    »Danke«, sagte Carella und sah wieder zu ihr hinüber. Sie schien Ende Vierzig, Anfang Fünfzig zu sein, eine große, schlanke Frau, die Arme vor der Brust verschränkt, als wolle sie ihre Körperwärme bewahren, obwohl es noch immer über fünfundzwanzig Grad warm war. Die Detectives setzten sich in Bewegung.
    »Miss Androtti?« sagte Carella.
    »Ja?«
    Ihr Gesicht schien in Verblüffung erstarrt zu sein. Es war kein besonders hübsches Gesicht, doch der Schock, über eine Leiche gestolpert zu sein, hatte es zusätzlich jeden Ausdrucks beraubt. Sie hatten diesen Blick schon öfter gesehen. Sie nahmen nicht an, daß Susan Androtti in dieser Nacht gut

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