Big U
Problem mit dem Zeug?«
Virgil schnaubte. Jeder wußte, daß das Rattengift allgegenwärtig war; die Mülleimer wurden manchmal einen Monat nicht geleert, aber wenn es um Rattengift ging, waren die B-Männer beängstigend pflichtbewußt und schienen durch Wände und verschlossene Türen zu gehen wie Shaolin-Priester, um die giftgetränkten Körner zu verteilen. »Das ist was Kulturelles«, erklärte er. »Sie hassen Ratten. Du solltest dich in skythische Mythologie einlesen. In Kroatobaltoslowenien ist es ein Schwerverbrechen, sie zu dulden. Darum hatten sie eine Revolution! Das alte Regime verteilte kein kostenloses Rattengift mehr.«
»Es ist mein Ernst«, sagte Casimir. »Ich habe ein illegales Kätzchen in meinem Zimmer, und wenn sie weiter einbrechen, um Gift zu legen, dann finden sie es oder lassen es raus oder vergiften es.«
»Oder essen es. Ernsthaft, das hättest du gleich sagen sollen, Casimir. Ich werde dir helfen.«
Casimir stützte das Gesicht in die Hände. »Ich nehme an, du hast auch mit den B-Männern eine Vereinbarung.«
»Nein, nein. Viel zu kompliziert. Ich erledige fast meine gesamt Arbeit am Computer, Casimir. Da kann man alles erreichen. Paß auf, vor ein paar Jahren hatte ein Student eine Boa constrictor in seinem Zimmer, die von den B-Männern vergiftet wurde, und obwohl sie illegal war, hat er die Universität auf Schadenersatz verklagt und gewonnen. Es gibt immer noch eine ganze Menge Bewohner mit Haustieren, die die Verwaltung nicht vor den Kopf stoßen möchte, weil sie Beziehungen haben oder so was. Manche Studenten reagieren sogar allergisch auf das Gift. Daher führen sie eine Liste von Zimmern, in denen kein Gift gelegt werden darf. Ich muß nur dein Zimmer daraufsetzen.«
Casimir sah Virgil durchdringend an. »Moment mal. Wie konntest du diese Art von Zugriff bekommen? Gibt es denn keine Schlösser? Zugriffssperren?«
»Es gibt einige Ärgernisse zu überwinden.«
»Ich schätze, mit einem fotografischen Gedächtnis könnte man eine Menge am Computer erreichen.«
»Und es schadet nicht, wenn man das Betriebssystem auswendig kennt.«
»Ach du Scheiße! Nein!«
Casimir, da bin ich ganz sicher, war so überrascht wie ich selbst. Das Betriebssystem war ein riesiges Computerprogramm, das ausschließlich aus Zahlen bestand – Programmiersprache. Ohne war die Maschine ein nutzloser Schrotthaufen. Wenn das Betriebssystem installiert war, wurde sie zu einem Hilfsmittel mit fast grenzenloser Macht und Flexibilität. Es war für den Computer das, was Gedächtnis, Instinkt und Intelligenz für das menschliche Gehirn sind.
Virgil gab Casimir einen Karton mit Computerlochstreifen aus Papier. Auf dem Etikett stand: »VOLKSZÄHLUNG SURINAM 1843, BAND 5. VERBRAUCH VON BRENNHOLZ: SCHÄTZUNG UND HOCHRECHNUNG.«
»Vergiß das«, sagte Virgil. »Es ist ein Programm in Programmiersprache. Damit kommt dein Zimmer auf die Liste der giftfreien Räume, und deine Katze ist sicher, wenn die B-Männer die Vorschrift nicht vergessen oder ignorieren, was nicht auszuschließen ist.«
Casimir würdigte den Lochstreifen kaum eines Blickes und sah Virgil abwesend an. »Was hast du mit diesem Wissen angefangen?« flüsterte er. »Du könntest es E13S heimzahlen.«
Virgil lächelte. »Verlockend. Aber wenn man kann, was ich kann, dann steht man nicht auf kleinkarierte Rache. Eigentlich kämpfe ich nur gegen den Wurm, das ist neuerdings meine einzige Leidenschaft. Darum bleibe ich hier, statt mir einen anständigen Job zu suchen.
Es ist ein Sabotageprogramm. Wahrscheinlich die größte intellektuelle Errungenschaft der Achtziger Jahre und das einzige, das mir je unterkam das so unbeschreiblich schwierig und komplex und wunderschön ist, daß es mich noch nicht langweilt.«
»Warum sollte jemand so etwas tun? Es muß die Megaversität Millionen kosten.«
»Ich weiß nicht«, sagte Virgil, »aber es ist toll, eine Herausforderung zu haben.«
Sarah und ich saßen mit meiner Werkzeugkiste in ihrem Zimmer. Draußen versuchten die Terroristen, sich Zugang zu verschaffen. Ich saß, wie sie befohlen hatte, stumm und neutral auf ihrem Bett.
»Seit wann nennen sie sich eigentlich Terroristen?« fragte sie während einer Atempause.
»Keine Ahnung. Vielleicht war ihnen ›die Wilden und Irren‹ zu altmodisch.«
»Vielleicht hat die Entführung des Nato-Panzers gestern sie auf die Idee gebracht. Darüber wurde ausführlich in den Medien berichtet. Scheiße, da sind sie wieder.«
Fröhlich johlend wurde ein
Weitere Kostenlose Bücher