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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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herausfielen.
    »Hört zu«, sagte Sarah und versuchte es auf die vernünftige Tour, »Wann werdet ihr endlich einsehen, daß ich nicht rauskomme? Ich will nicht spielen, ich will nur Ruhe und Frieden.« Sie wußte, daß ihre Stimme nun zitterte, und warf mir einen verzweifelten Blick zu.
    »Sarah«, sagte der rechtschaffen entrüstete Terrorist, »du benimmst dich ausgesprochen kindisch in dieser Sache. Du weißt, wir verlangen gar nicht soviel. Es tut nicht weh. Du hast nur noch eine Chance, vernünftig zu sein, dann heißt es zu-sätz-liche Be-straf-ung.«
    »Spülung! Spülung! Spülung!« sangen die Terroristen.
    »Leckt mich!« rief sie. Ihr wurde klar, was passieren würde, daher riß sie meine Rohrzange aus der Werkzeugkiste und umklammerte mit deren gezackten Kiefern den Türgriff, als draußen gerade Mitzis Hauptschlüssel ins Schlüsselloch gesteckt wurde.
    Sie hielt fest. Die Terroristen stellten fest, daß das Schloß festsaß. Der Schlüsseldreher rief um Hilfe, aber es kann eben nur jeweils eine Hand einen Schlüssel halten. In dem Tohuwabohu drehte sich der Griff doch einige Millimeter, worauf die Terroristen feststellten, daß sie den Schlüssel nicht mehr aus dem Schloß ziehen konnten. Sarah hielt ihn weiterhin leicht schräg fest, während die Terroristen draußen murmelten.
    »Hör zu, Sarah, du hast eigentlich recht. Von jetzt an lassen wir dich einfach in Ruhe.«
    »Ja«, sagten die anderen. »Entschuldige, Sarah.«
    Sarah sah mich voller Verachtung an und schnaubte. Sie ließ die Zange nicht los. Etwa eine Minute, nachdem die Terroristen lautstark davongestapft waren, wurde erfolglos an dem Schlüssel gezogen.
    »Scheiße! Hol dich der Teufel!« Der wütende Terrorist trat und schlug heftig auf die Tür ein.
    Nach ein paar Minuten legte ich mich auf den Bauch, zog den Klebebandstreifen weg und vergewisserte mich, daß die Terroristen nicht mehr draußen warteten. Sarah machte die Tür auf, zog den Hauptschlüssel heraus und steckte ihn in die Tasche.
    Sie lächelte viel, zitterte aber auch und wollte sich nicht von mir trösten lassen. Ich wollte sagen, daß sie ein paar Tage auf meinem Sofa schlafen konnte. Aber manchmal kann ich sogar ein wenig sensibel sein. Sarah hatte es offenbar satt, daß sie ständig meine Hilfe brauchte. Ich dachte, daß ich sie beschützen mußte, aber das war mein Problem. Da ich plötzlich den Eindruck hatte, daß der Umgang mit mir ebenso schwierig für sie war wie der Umgang mit den Terroristen, machte ich ihr die obligatorischen Hilfsangebote und ging nach Hause. Zum Glück für meine, wie Sarah sich wohl ausgedrückt haben würde, Macho-Seite, war ich in einer Footballmannschaft der Universität. Genau wie alle Terroristen. Wir trafen uns dreimal. Ich bin groß, sie sind durchschnittlich; sie mußten leiden; ich hatte einen Heidenspaß, war aber hinterher nicht besonders stolz auf mich. Die Terroristen begriffen nicht einmal, daß ich sie nicht leiden konnte. Ihnen waren Schwarze, wie den meisten Weißen, ziemlich gleichgültig, es sei denn, es handelte sich um sportliche Schwarze; in dem Fall konnten wir tun und lassen, was wir wollten. Es war frustrierend, den Terroristen zwei Stunden lang auf die Köpfe zu hauen, nur damit sie mir anschließend anerkennend auf den Rücken klopften. Sarah hatte kein derartiges Ventil für ihre Gefühle.
    Sie lag den Rest des Nachmittags auf dem Bett, konnte an nichts anderes denken und sehnte sich verzweifelt nach der Gesellschaft von Hyacinth, die das Wochenende außerhalb verbrachte. Aus dem Zimmer über ihr dröhnte ultra-brutaler Rock’n’Roll herunter. Die Terroristen hatten ihre Nummer herausbekommen, daher mußte sie den Telefonhörer aushängen. Sie beachtete die Luftköpfe nicht, die an die Tür klopften. Schließlich schlich sie sich am späten Abend, als alles ein paar Stunden ruhig gewesen war, nach draußen und ging duschen – nicht verkehrt herum.
    Besonders entspannend war das nicht. Sie mußte Augen und Ohren offenhalten, so gut es ging. Aber als sie sich das Haar spülte, ertönte ein Klonk aus dem Duschkopf, der Wasserstrahl wurde erst dünner und dann eiskalt. Sie quietschte und drehte den Heißwasserhahn herum, aber ohne Erfolg; dann konnte sie es nicht mehr aushalten und mußte die Tür aufreißen und hinaus.
    Sie warteten alle auf sie – nicht die Terroristen, sondern die Luftköpfe in ihren Bademänteln. An jedem Waschbecken stand eine lächelnd und hatte den Warmwasserhahn volle Kanne aufgedreht,

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