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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Rohrleitungen auch eine wilde Weihnachtsparty feiern. Aber Casimir war müde und mit den Gedanken ganz woanders, daher tat er das Ganze achselzuckend als Folge eines weiteren Beispiels der unendlichen Vielzahl baulicher Mängel und Defekte am Gebäude des Plex ab. Aus dem anderen Hahn floß noch destilliertes Wasser, daher benutzte er das. Obwohl die Aufgabe dröge war und er Probleme mit Sarah hatte, erhellte ein Lächeln Casimirs langes, unrasiertes Gesicht. Projekt Spike hatte funktioniert.
    Drei Wochen lang hatte er Essen aus der Mensa untersucht, aber bis heute nichts gefunden. Truthahnquiche, Schweinefleischpasteten, Lefto-Lasagne, estnisches Gebäck und sogar frittierte Hühnerleber hatten nichts erbracht, und Casimir fragte sich schon, ob er seine Zeit vergeudete. Dann kam die Schmackhafte-Hackfleisch-Nacht, ein Ereignis, das etwa alle drei Wochen stattfand; nicht einmal Superhirne wie Virgil hatten jemals ein Muster ergründen können, mit dem man vorhersagen konnte, wann welches Gericht serviert wurde. Heute, am Semesterende, stand natürlich die SchmackhafteHackfleisch-Nacht auf dem Plan, und Casimir hatte listig etwas in seiner Socke hinausgeschmuggelt (in der Schmackhaften-Hackfleisch-Nacht mußten es die Wachen am Ausgang der Mensa nicht so genau nehmen). Vor nicht einmal fünfzehn Minuten, als er den letzten Rest Rattengift bestrahlt hatte, leuchtete das Ergebnis der
    Analyse auf dem Computerbildschirm auf: ein hoher Gehalt an C-14! Es waren Ratten in dem Hackfleisch!
    Das war ein Triumph für Casimir. Aber wahrscheinlich würde es ein heimlicher Triumph bleiben. Sarah würde nie verstehen, warum er das machte. Casimir war nicht einmal sicher, ob er es selbst verstand. S. S. Krupp hatte seinen Massenbeschleuniger finanziert, warum sollte er der Universität jetzt noch schaden? Er vermutete, daß Projekt Spike einfach eine Herausforderung war, eine Gelegenheit, zu beweisen, daß er in einem Meer von Idioten klug und selbständig war. Das hatte er erreicht, aber als politische Taktik war es dennoch ziemlich dumm. Sarah würde das bestimmt so sehen.
    Sarah fand es auch dumm, daß er beschlossen hatte, die ganze Nacht im Labor zu arbeiten, statt zur FantasyIsland-Nacht zu gehen. Vielleicht hatte sie auch damit recht, aber Casimir verabscheute Partys aller Art und nutzte jede Ausrede, um eine zu vermeiden. Darum saß er hier, im Keller des Plex und extrahierte Giftstoffe aus Rattenlebern, derweil sie oben war und in dem Clownskostüm tanzte, das sie ihm gezeigt hatte – vermutlich amüsierte sie sich prächtig, während hübsche Terroristen sie vollspeichelten.
    Er stellte fest, daß er auf dem Labortisch lehnte und die Wand anstarrte, als wäre sie ein Bildschirm, der ihm eine Liveübertragung von Sarah und der Party zeigte. Vielleicht sollte er ja jetzt aufhören, den Labormantel als Kostüm anbehalten, nach oben gehen und Sarah überraschen.
    Inzwischen quoll Wasser aus den Wänden, bahnte sich einen Weg durch die Risse zwischen den Panelen, floß unter den Sockelleisten hervor und sickerte durch die Löcher in den Seiten von Casimirs Tennisschuhen. Der wurde unvermittelt ins Hier und Jetzt zurückgeholt, sah sich halb benommen um, zog Stecker und stellte alles höher hinauf. Was, zum Teufel, ging hier vor? Er überlegte sich, wenn der Druck im einunddreißigsten Stock groß genug für einen Feuerwehrschlauch war, dann mußte der Druck hier unten phänomenal sein. Das würde ein Riesenschlamassel werden.
    Inzwischen lief Wasser aus alten Nagellöchern hoch oben an der Wand. Casimir deckte den Computer mit Plastikfolie ab und lief hinaus, um nach den B-Männern zu suchen. Natürlich waren keine hier – wahrscheinlich legten sie Rattengift aus oder besuchten ein kroatobaltoslowenisches Rettichfest.
    Gegenüber von Sharons Labor lag ein Lastenaufzug mit einer Tür, die man von Hand bedienen konnte. Als er durch das kleine Fenster schaute, sah Casimir Wasser den Fahrstuhlschacht herunterregnen und Funken sprühen. Er holte sich isolierte Handschuhe aus dem Labor und zog die Tür auf. Mehrere Liter aufgestautes Wasser strömten um seine Knöchel und stürzten in die Schwärze. Von unten drang der unangenehme, feuchte Geruch des Abwassers herauf.
    Die Funken kamen aus dem elektrischen Verteilerkasten an der Wand des Fahrstuhlschachts. Als sich Casimir vergewissert hatte, daß keine Gefahr eines Feuers oder Kurzschlusses bestand, ging er und ließ die Tür offen, damit das Wasser hier aus der untersten Etage

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