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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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hindurch sah, konnte sie erkennen, daß sie noch nicht angefangen hatten.
    Kein Wunder, sie bewegten sich in Zeitlupe. Sarah würde viele Stunden wartend am Ufer des Bachs verbringen müssen. Sie zog sich in den Sonnenschein zurück. Vielleicht konnte sie für immer dort bleiben und ein perfektes Leben führen.
    Wenn sie schlief, träumte sie von diesen trockenen, endlosen Kriegen in dem milchigweißen Land. Sie wußte, es war alles eine Illusion.
    Sie zerriß sie und kehrte in das Zimmer zurück. Sie hatte nicht vor, irgend etwas zu verschlafen. Sie würde sich nicht etwas einbilden, das nicht existierte.
    Das Neonschild war jetzt verwackelt und stand auf dem Kopf, eine Spiegelung in einer Wasserpfütze auf dem Boden.
    Ein Terrorist stand in einer Ecke und drehte an einem Wasserhahn. Sarah stand auf. Tiny drehte sich zu ihr um und schlug ihr ins Gesicht. Sie lag wieder auf dem Boden, und da drüben tastete ein Terrorist im flackernden Ozean aus rotem und blauem Licht nach dem Stromkabel des Schilds.
    Er kreischte jetzt wie eine elektrische Gitarre. Er versuchte, in der flachen Pfütze aus Blut und Erbrochenem zu schwimmen.
    Sarah wurde auf das Bett geworfen. Sie ruderte mit Armen und Beinen und traf mit einer Ferse die Kniescheibe eines Terroristen. Der Droog legte sich auf sie, aber da er sich in Zeitlupe bewegte, konnte sie ihm in die Eier treten. Er krümmte sich auf ihr, und sie schaute durch sein Haar zur Decke, die im Licht des erlöschenden Schilds flackerte. Tiny rollte ein langes Stück Seil auf, dessen dünne Fasern um ihn herumschwebten wie schwarzer Rauch. Sie rollte sich halb unter dem Droog hervor und nahm Embryonalhaltung ein, damit er sie nicht an Armen und Beinen packen konnte. Dabei sah sie nach unten durch den transparenten Boden und erblickte die Luftköpfe mit groteskem Make-up, die LSD aus Kristallkelchen tranken und johlten. Aber wo war Hyacinth?
    Hyacinth stand an der Tür. Eine extrem laute Explosion drang in Sarahs Ohren. Rauch erfüllte das Zimmer, fing das Licht vom Flur ein und formte Hunderte 3-D-Bilder aus Sarahs Leben.
    Hyacinths Feenkostüm wirkte verändert, denn jetzt trug sie schwere Lederhandschuhe unter den weißen Stoffhandschuhen und klobige Ohrenschützer unter dem kegelförmigen Hut und eine Brille unter dem milchweißen Schleier. In den Händen hielt sie einen riesigen Revolver. Sarah wußte, daß Hyacinth unter ihrem Kleid aus starkem, jungem Eichenholz gemacht war.
    Hyacinth machte einen Schritt in das Zimmer und schaltete das Deckenlicht ein. Tiny stand glotzend in der Mitte. Der Mann, der auf dem Fußboden geschwommen hatte, war tot. Ein anderer hielt sein Knie umklammert und heulte zur Decke. Sarah legte erschöpft den Kopf zurück und hielt sich die Ohren zu.
    Kegel aus Feuer schossen vorn und hinten aus Hyacinths Waffe, ihre Hände schnappten rhythmisch auf und ab. Tiny hielt sich die Brust mit den Händen, und während er rückwärts zum Fenster ging, blähte sich die Rückseite seiner Jerseyjacke und flatterte wie ein loses Segel, während Dunkelheit davon wegspritzte. Das Stromkabel war zwischen seinen Beinen. Er kam aus dem Tritt und stürzte rückwärts durch das Panoramafenster. Kabel und Stecker folgten ihm langsam und schnappten aus dem Zimmer und verschwanden. Der Lärm war so durchdringend, daß Sarah erst viel später wieder etwas hörte. Das Knallen ertönte synchron im Beat der Musik:
    WUMM WUMM WUMM WUMM und jedem WUMM folgte ein hohes Winseln, das kreischend bis zum nächsten WUMM ertönte, so daß, als Tiny fort war, ein schrecklicher hoher Ton blieb, der zwischen den Wänden des Zimmers hallte, so laut, daß Sarah ihn nicht ertragen konnte, ihr ganzes Denken beherrschte wie die Posaune des Jüngsten Gerichts und die verletzten Terroristen quälte, die aufschrien und die Arme um die Köpfe legten. Der Droog auf Sarah wurde langsam weggezogen, dann riß Hyacinth Sarah auf die Füße. Sarah bewegte nicht einmal die Beine, als die verrauchte Tür zuckend an ihr vorbei glitt, die Flurwände mit ihren großen Rädern vorbeizogen, die Absätze der Feuerleiter ihr aus der Schwärze unten entgegenstürmten und ihr weiches Bett emporschwebte und ihr Gesicht umfing. Hyacinth war über ihr, betastete, rieb und küßte sie. Sie hörte erst auf, als sich Sarah wieder wohl fühlte.
    Virgil benutzte seinen Hauptschlüssel achtmal, ehe er in ein dunkles, fleckiges Untergeschoß des Plex gelangte, wo die großen städtischen Wasserrohre aus den Tiefen emporführten

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