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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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des Plex abfließen konnte.
    Oh Gott. Das Rattengift. Es sollte der Strahlenquelle immer nur eine Minute ausgesetzt sein! Casimir hatte es vor einer Stunde reingestellt und dann einfach vergessen, als die Ergebnisse der Analyse vorlagen. Das verdammte Zeug mußte inzwischen im Dunkeln leuchten. Er schlurfte in das Labor zurück.
    Wo er hinsah, quoll Wasser aus den Wänden und der Decke. Er schirmte das Gesicht von der Gischt ab und lief durch eine Wand aus Wasser zu der Neutronenquelle, einem Mülleimer voll Paraffin mit einem Plutoniumkern in der Mitte. Als er stehenblieb und horchte, schien ihm, als wäre das langsame Ticken, das von einer Wand ertönte, lauter und schneller geworden. Er stand wie versteinert da, während es zu einem Grollen, einem Rumpeln, einem Brüllen anschwoll – dann stürzte eine Wand ein und eine Sturzflut ergoß sich in das Labor. Nebenan war ein Lagerraum mit Wasser einer gebrochenen Leitung vollgelaufen; Casimir wurde von einem Schwall von Fiberglaspanelen, Aluminiumstreben und Putzmitteln zu Boden geworfen. Er rollte sich gerade so zeitig ab, daß er sehen konnte, wie die Neutronenquelle auf dem Wasserschwall tanzte und zur Tür hinaus auf den Flur gespült wurde.
    Er achtete sorgfältig darauf, daß er nicht mitgerissen wurde, watete zum Fahrstuhlschacht und sah hinunter. Es war alles dunkel, aber er bildete sich ein, daß er tief unten neben dem Tosen des Wasserfalls ein Summen oder Klingeln hörte: eine Alarmglocke. Aber vielleicht war das Klingeln ja in seinen Ohren oder oben wurde Feueralarm gegeben. Angewidert kehrte er ins Labor zurück, setzte sich auf einen Tisch und wartete auf die B-Männer.
    Fantasy-Island-Nacht entpuppte sich als doch nicht ganz so schlimm. Die Terroristen machten einen Höllenlärm oben in ihrer Unterkunft, aber die hier unten auf der 12 gaben sich große Mühe, sich in der Folge des Abkommens mit den Luftköpfen anständig zu benehmen. Nur wegen dieser Übereinkunft hatten sich Sarah und Hyacinth überhaupt sehen lassen. Es würde möglicherweise interessant werden, es war hin und wieder ganz hübsch, einmal auszugehen, und wenn es ihnen nicht gefiel, konnten sie jederzeit gehen. Sarah trug ein Clownskostüm. Das war ihre Art, sich über das Fantasy-Thema des Abends lustig zu machen – die meisten Luftköpfe kamen als Schönheitsköniginnen oder Vamps –, und hatte darüber hinaus den Vorteil, daß kein Mensch sie erkannte. Hyacinth hatte sich ein atemberaubendes Feenkostüm gemacht, ein Witz, den nur Sarah verstand. Ihr Plan sah vor, so viel zu trinken, daß es gesellschaftlich akzeptabel wurde, wenn sie miteinander tanzten.
    Während Sarah noch am ersten Stadium dieses Plans arbeitete, zog sie die besondere Aufmerksamkeit dreier Terroristen auf sich. Diese drei – ein Cowboy, ein Droog und ein Kommandosoldat – waren ganz eindeutig Trottel und verstimmt, daß sie ihren richtigen Namen nicht preisgeben wollte, aber solange sie tanzten, Getränke holten und nicht versuchten, mit ihr ins Gespräch zu kommen, schienen sie harmlose Spaßvögel zu sein. Nach einer Weile wurde sie des Ganzen ein wenig überdrüssig, zog sich vom Geschehen zurück und ließ den Blick über die Stadt schweifen. Hyacinth hatte sich zu einer anderen Party begeben und wurde bald zurück erwartet.
    Die Zeit krümmte sich, und plötzlich war Sarah nicht mehr auf der Party; sie beobachtete alles von einem Ort in ihrem Geist, wo sie schon viele Jahre nicht mehr gewesen war. Sie glitt rückwärts wie ein Lufthockeypuck, bis sie sich hoch oben in einer Ecke des Raums befand. Die Wände des Plex verschwanden, so daß sie in alle Richtungen gleichzeitig sehen konnte.
    Eines der Panoramafenster war durch ein Tor ersetzt worden, das zum Himmel hin offen stand. Das Tor war fröhlich mit leuchtenden, pulsierenden Farbklecksen geschmückt. Alle anderen Partygäste hatten sich in einer Reihe davor aufgestellt. Auf der einen Seite des Tors stand Mitzi und riß Karten ab; auf der anderen hakte Mrs. Santucci Namen auf einer Liste ab. Alle Luftköpfe-Terroristen, die hindurch gingen, traten zur Seite, setzten sich auf eine lange Rutschbahn aus blauem Licht und quietschten vor Vergnügen, wenn sie Richtung Erde sausten. Sarah konnte nicht ganz bis zum Ende der Rutschbahn sehen, aber sie erkannte, daß aus dem Todeswirbel unten ein Strudel bunten Feuers geworden war. Wälder und Städte und Familien kreisten herum, ehe sie gurgelnd im Zentrum verschwanden. Hunderte Feuerwehrautos standen um den

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