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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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daher wußte er, sie würden vor Gericht nicht damit durchkommen. Und selbst wenn, Scheiße, in sechs Monaten würde er vierzig Riesen reinschaufeln! Ein kleiner Preis für einen Triumph.
    Mit einem geringschätzigen Schnauben kippte sich Fenrick eine weitere Dosis Honig-Bier-Aloe-MadenRinden-Shampoo auf das Haar und stellte fest, daß die klebrige Malzmasse immer noch nicht abgegangen war. Was ist in diesem Mist bloß drin? dachte Fenrick. Egal was, es wird einem ganz bestimmt den Magen versauen.
    Im gesamten E-Turm saßen zahlreiche Freunde von Ephraim Klein in den großen, funkelnden Mikrowellenbadezimmern und sahen sich die Late-NightAugenzeugen-Action-Dokutainment-News auf Kanal 25 an. Selbst bei den abscheulichsten Berichten hörte sich dieses Programm an wie eine Talkshow mit den Hauptdarstellern von fünf jüngst abgesetzten Comedy-Serien und ausgemusterten Frisurvorführmodels zweitklassiger Friseure. Der Wetterbericht war nicht weniger schrecklich, wurde aber allein schon durch seinen bizarren Charakter gemildert. Der Wetterfrosch, ein eitler Geck, der keine Ahnung vom Wetter hatte und sich auch nicht darum scherte, hieß Marvin DuZan der Wettermann und hätte in einem Neglige gesendet, wenn es die Quote in die Höhe getrieben hätte; seine zweite Eigenheit war, daß er am Ende jeder Wettervorhersage einen garstigen Witz erzählte. Nach der gräßlichen Pointe wurde das Bild des brüllenden Meteorologen und seiner johlenden Kollegen ausgeblendet, es folgte ein kurzer Cartoon, in dem ein irrer Vogel versuchte, einer Schildkröte mit einem Vorschlaghammer auf den Kopf zu hauen. Im letzten Moment kroch die Schildkröte vorwärts, so daß der Hammer von ihrem Panzer auf den Kopf des Vogels zurückprallte. Daraufhin bekam der Vogel einen glasigen Blick und torkelte in Kreisen herum, ungefähr so wie ein Stuhl in Kleins Zimmer während der »Passacaglia und Fuge in C-Moll«, bis er endlich zu Füßen der grinsenden Schildkröte zusammenbrach, die daraufhin listig ins Publikum schaute und die Brauen auf und ab bewegte.
    Während Marvin DuZans Wetterbericht stand Ephraim Klein vor der Duschkabine seines ehemaligen Zimmergenossen, behielt einen tragbaren Fernseher im Auge und drückte einen Industriekleber der Marke Hyper Stick in den Verschluß der Duschkabinentür. Natürlich hatte er den Ton abgestellt, denn an den Reaktionen des fliegenden Dokutainment-Einsatzteams (und der Kameramänner, die stets am High-Tech-Set des News Nexus zu sehen waren) konnte man erkennen, daß der Witz heute abend so richtig Scheiße gewesen sein mußte. Als der Kameramann auf das grenzdebil grinsende Gesicht von Marvin DuZan zoomte, umklammerte Ephraim Klein mit heftig klopfendem Herzen die Griffe von zwei Pissoirs, genau wie eine kleine Armee seiner Freunde und hastig rekrutierter Hilfskräfte in vielen anderen Waschräumen des E-Turms. Vogel und Schildkröte erschienen auf dem Bildschirm, der Hammer wurde geschwungen, und peng!
    Als der Hammer auf den Kopf des Vogels zurückprallte, wurden Hunderte Toiletten im gesamten E-Turm gespült, was ein so heftiges Vakuum erzeugte, daß Rohre verbogen wurden und brachen und kein kaltes Wasser mehr floß. Nach einer kurzen Pause ertönte ein Schrei, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ, aus Fenricks Duschkabine, während Dampfwolken aus der oberen Öffnung herausquollen. Nachdem er einige Male vergeblich an der Tür gerüttelt und gegen das Plexiglas gehämmert hatte, folgte Fen-rick selbst dem Dampf, fiel linkisch auf den Boden und schüttelte unter Schmerzen den Kopf, derweil Ephraim Klein sich mit seinem tragbaren Fernseher aus dem Staub machte. In seiner Hast hatte sich Fenrick an dem Duschkopf aus Edelstahl eine Platzwunde an der Kopfhaut zugezogen; als er sich mit den Händen durch das Gesicht fuhr, um Seifenschaum und Blut wegzuwischen, bemerkte er am Rande einen kalten Luftzug, der seine gekochte Haut reizte, sowie ein altbekanntes Tschunka-tschunka-tschunka, das über den Lärm von ächzenden Rohrleitungen und das Plätschern von Wasser hinweg zu hören war. Als er schließlich ein Auge öffnen konnte, spähte er in den Wind und sah ihn: den »Go Big Red«-Ventilator, der auf höchste Stufe eingestellt war, sich gleichmütig vor der Duschkabine drehte und immer noch einen dünnen grauen Aschefilm aufwies. Zu John Wesley Fenricks Pech sah er nicht genug, um die Wasserpfütze zu erkennen, die ihn umgab und die sich rapide in Richtung des praktisch nicht isolierten

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