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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Ecke des Lagerraums. Er schaltete zum ersten Mal das Licht ein, kletterte über die Kistenstapel und sah nach.
    In der Ecke verliefen drei Röhren mit einem Durchmesser von rund dreißig Zentimetern vom Boden bis zur Decke. Eine war isoliert, wie es bei Warmwasserleitungen üblich war. An einer der unverkleideten Leitungen lief Wasser herunter; oben, über der Decke, mußte es bestimmt ziemlich leck sein. Fred Fine legte eine Hand auf das dritte Rohr und stellte fest, daß es weder warm noch kalt war und kein Wasser zu befördern schien. Eine Zufuhrleitung für die Feuerwehrschläuche? Nein, die sollten doch hellrot sein. Er grübelte einen Moment und strich mit den Händen über die langen Schnurrbarthaare, die er stets bekam, wenn er eine Woche oder länger am Computer gesessen hatte.
    Vor seinen Augen wurde das Zischen des fließenden Wassers leiser, Sekunden später wurde der Zustrom von oben gestillt. Das KLONG eines Ventils ertönte in einer der Röhren. Fred Fine legte eine Hand auf die mysteriöse Rohrleitung und spürte die sanfte Vibration von fließendem Wasser darunter, sowie Kälte, die sich vom Inneren her ausbreitete.
    Die Hacker sahen ihn langsam zu dem Janus schlendern, der wie eine antike Skulptur aus den unordentlichen, durchnäßten Papierblocks aufragte. Er hatte einen geistesabwesenden Gesichtsausdruck und wirkte nachdenklich.
    »Das ist die Endzeit«, hörte man ihn sagen. »Die Ära geht zu Ende.«
    Er war nicht verschrobener als sie, daher ignorierten sie ihn.
    Tiny landete nicht weit von meinem Fenster entfernt auf einem brennenden Sofa. Der Aufprall drückte einen großen Teil der Feuerzeugflüssigkeit aus den Schaumstoffkissen und erzeugte einen Feuerball, über dessen wahre Ursache wir erst später Klarheit bekamen. Als das Wasser wieder floß und wir den Fahrstuhl und den Weihnachtsbaum geflutet hatten, hielten wir den Schlauch zu meinem Fenster hinaus und löschten den Haufen glimmenden Mobiliars, der zum Scheiterhaufen Tinys des Terroristen geworden war. Es war ein paar Minuten nach Mitternacht, der zweitmerkwürdigsten Mitternacht, die ich je erlebt hatte, und mein erstes Semester an der Big U war zu Ende.
    285
     
     
     
    ZWEITES SEMESTER
     
    JANUAR
     
    Der Nebel des Krieges war hier unten durchaus real. Das kniehohe Halbdunkel in dem Tunnel atmete ihn wie Laken und Säulen aus, und er wurde nie durch einen frischen Wind oder einen trockenen Atem aufgewirbelt. Durch seine Dunkelheit bewegte sich eine flackernde Lichtwolke, und in ihrer Mitte schritt eine hochgewachsene, schlanke Gestalt mit Kopfhörern, denen lange Antennen entsprossen. In einer Hand hielt der Mann einen zweieinhalb Meter langen Zauberstab, in der anderen das zeremonielle Schwert des Loyalen Ordens kaledonischer Kameraden, dazu trug er Anglerhosen aus Gummi bis über die Hüften, einen Regenmantel und eine Gasmaske. Der Lichtstrahl seiner Helmlampe traf auf den Nebel vor seinen Augen und erstarb, so daß sein Gesichtsfeld auf vereinzelte Löcher in der Atmosphäre beschränkt blieb. Aus den beiden Filtern seiner Gasmaske ertönte ein gequältes, zischendes Seufzen, so sehr strengte es ihn an, durch die Brühe zu waten.
    »Ich bin zur Kreuzung vom Tunnel der Gobline mit dem Tunnel des Drachenbluts gekommen«, verkündete er. »Das ist mein Umkehrpunkt und ich gehe nun zu meinem Treffen mit Zippy der Zwergin, Lord Flegel und dem Weißen Priester in der Halle der Götzen von Zarzang-Zed.« Klystron der Pfähler stand zu seinem Wort und drehte sich verbissen in die Gegenrichtung um, indem er seinen Stab fest umklammerte und eine Fünf-Punkt-Wende vollzog, worauf er sich kurz ausruhte.
    Eine Stimme ertönte prasselnd in seinem Kopfhörer, eine volle, gepreßte und introvertierte Stimme, die wegen der schlechten Übertragungsqualität blechern klang.
    »Roger, Klystron der Pfähler, hier Liaison. Bitte war-ten.« Es folgte ein kurzes Schweigen, aber das Klappern der Computertastatur unter ihren Fingern da oben, sowie das Rascheln von Papier hielten den Kanal des stimmgesteuerten Mikrofons offen. Sie kicherte ohne zu wissen, daß Klystron, Zippy die Zwergin, Flegel und der Weiße Priester sie hören konnten. »Oh-oh«, sagte sie gönnerhaft, »euch steht aber Ärger ins Haus. Ihr hört noch nichts.« Wieder Finger auf der Tastatur. Klystron schlußfolgerte, daß Shekondar ein Monster mit hohen statistischen Werten und mindestens drei Angriffsmodi generiert hatte, ein Monster, mit dem Consuela nicht ganz vertraut war.

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