Biker's Barbecue (German Edition)
bloß vergeblich. Tobi macht mich schließlich darauf aufmerksam, dass man die „Badlands“ mit „d“ schreibt: „Badlands, Stefan, nicht Batlands!“ – Schade, wirklich.
Hier muss zweifelsohne der Schauplatz der klassischsten Raubüberfälle der Wildwestgeschichte gewesen sein. Verwinkelt, unübersichtlich und verworren – ein natürliches Labyrinth, genial für Cowboys und Indianer oder (im verblühenden 20. Jahrhundert) für Cowboy-und-Indianer- Spiele . (Am Fuße der ersten Felsen überfällt uns allerdings nur der Hunger.)
Die Badlands. Vollkommen lächerliche, unwirkliche Hügel, die viel kleiner sind, als sie eigentlich aussehen. Disneyworld der Berge. Bunt und rund. Einfach toll anzusehen, diese Phantasielandschaft. Zwecks Fotodokumentation besteigen wir einen von ihnen – und brechen bis zum Knöchel ein. Diese Hügel sind ja nur aus Lehm! (Oder ist das Vulkanasche?) Wenn es regnet (regnet es hier?), dann müssen die Dinger ja aussehen wie schmelzende Schokoladekegel!
Zwischen den Hügeln stehen bunte Verkehrsschilder herum. Sie gehören zu der Straße, die sich hier unrealistischerweise hindurchschlängelt.
Ein letzter asphaltierter Berg, dann geht’s 25 Schottermeilen aus den Badlands hinunter nach Scenic. Fürchterliche Waschbrettrillen auf der Straße; man hat direkt Angst, dass einem das Rad unterm malträtierten Hintern auseinander bricht. Stellenweise müssten wir deshalb eigentlich im Schritttempo fahren – da wir allerdings geradewegs auf eine bedrohlich schwarze Wetterfront zusteuern, fehlt uns dazu die Zeit.
Bei einer Abfahrt (ich fahre wegen der „Waschbretter“ auf der falschen Straßenseite) kommt mir in der Kurve auf einmal ein Auto entgegen. Ich weiche abrupt aus – dafür bricht mir bei 20–25 Meilen pro Stunde prompt das Hinterrad weg: Nachdem ich auf ein paar Metern eine traumhafte Wedelspur ins Kiesbett gelegt habe, gelingt es mir dann aber, das schleudernde Rad wieder abzufangen. Gott sei Dank haben wir solche Tricks mit Joel in Madison trainiert!
Nach einer scharfen Rechtskehre steht plötzlich so was riesiges, schwarzes Kuhartiges auf der Straße …
Zuerst sehe ich nur Stefan, der auf dem Schotter vor mir plötzlich wie ein Geistesgestörter in die Bremsen latscht, dass es hinter ihm nur so staubt. Ich bleibe mit Sicherheitsabstand stehen (Stefan hat manchmal so gefährliche Ausbrüche). Als sich der Nebelvorhang lichtet, hätte ich beinahe applaudiert, aber dann greife ich doch zuerst instinktiv zur Kamera: Stefan und diese riesige Zottelkuh mitten auf der Straße. Oder ist es ein Bulle? – Hmm, es ist wohl ein Bulle, bei den Liebeskugeln bestimmt. Wie angewurzelt stehen die zwei da. Stefan und der Bison. In drei Sekunden ab Stillstand habe ich die Kamera schussbereit. „Geh doch noch ein bisschen näher ran!“ Eiskalt schlägt in mir der Reporter durch. Ob sich das Vieh durch den Blitz wohl irritiert fühlt? Egal! „Noch ein bisschen nach rechts, Stefan!“
Das Monster bleibt friedlich und trottet nach absolvierter Fotosession ab in die Prärie. Später werden wir erfahren, wie viele US-Bürger jedes Jahr von Büffeln auf die Hörner genommen werden. Und dass diese Viecher, wenn sie richtig sauer sind, 35 Sachen laufen können – amerikanische Sachen, nicht europäische …
Solange man sich diesen Tieren nicht unsittlich nähert, bleiben sie allerdings recht friedlich.
Die pechschwarzen, unheilvollen Gewitterwolken (am Horizont brechen daraus immer wieder einzelne Wassertrichter ab) schüchtern uns schließlich so weit ein, dass wir es nicht wagen, bis Scenic durchzufahren. Beim ersten Bauernhof nach dem Nationalpark Badlands (13 Meilen vor Scenic) machen wir Halt.
4. Juli, abends. Ganz Amerika feiert. – Ganz Amerika? Nein, nicht ganz. Wir sitzen einsam, von allen Feierlichkeiten verlassen und von Stechmücken umlagert, in einem ausrangierten Camper irgendwo am Rande der Badlands.
Zur Feier des Tages öffnen wir die beiden Pepsi, die wir von dem wortkargen Bauern, in dessen Gefährt wir heute nächtigen, zu je 50 Cents erstanden haben. Wir malen uns aus, wie es wohl gerade am Times Square in New York zugeht. Und wie viele Verbrüderungen wir in so einem kleinen, echt amerikanischen Provinznest erlebt hätten.
Immerhin: An den Präsidenten der Vereinigten Staaten haben wir heute eine Glückwunschkarte geschrieben, um ihm dazu zu gratulieren, dass er der Präsident von so einem wunderbaren Land ist. Aber das nützt uns jetzt herzlich wenig.
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