Biker's Barbecue (German Edition)
Strapazen der letzten Tage sind wir jetzt toll in Form: „Nur“ 60 Meilen pro Tag sind schon beinahe zur nebensächlichen Angewohnheit geworden. Trotzdem ertappe ich mich immer öfter dabei, dass ich über meine zurückgelassene Welt daheim, über meine Freundin und meinen Beruf nachgrübele. Außerdem freue mich schon unheimlich auf die erste Party unter Freunden, die ich gleich nach unserer Rückkehr machen möchte. – Meine Abenteuerlust scheint nach knapp zwei Monaten so ziemlich versiegt zu sein.
Überleben im Yellowstone Park
Die Nahrungskette: fressen und gefressen werden … – Ein Großteil der Parkbesucher konzentriert sich vor allem darauf, die Wildnis und damit ihre ungezähmten Bestien zu meiden. Doch dem Yellowstone-Radfahrer droht Gefahr von ganz anderer Seite. Ausgerechnet die Touristen sind es, die, nachdem sie eben noch auf den Parkplätzen wie Schafe hintereinander hergetrottet sind, im nächsten Moment selbst zur blutrünstigen Gefahr mutieren.
Morgenröte im Park: Während der Radfahrer auf menschenleerer Straße noch seinen kleinen Vorsprung genießt, den ihm die Nacht auf der Toilettanlage (oder sonstwo) beschert hat, wird andernorts bereits zum Halali geblasen. An den Einlass-Schranken stauen sich dutzendweise stinkende Blechkisten. Alles wartet, dass die Uhr endlich neun schlägt. Drei, zwo, eins – Startschuss!
Auch wenn Naturliebe die eigentliche Triebfeder dieser Leute sein sollte – der Radfahrer im Park nimmt doch irgendwann die Attacken abgelenkter Autofahrer persönlich und sieht sich als japsendes Beutetier, getrieben von einer übermächtigen, arglos wirkenden Jagdgesellschaft.
In Wirklichkeit sind die meisten Autofahrer aber bloß dumm. Daher besteht die wichtigste Aufgabe des Radfahrers darin, für den Autofahrer mitzudenken:
Regel Nummer eins: Dem Autofahrer helfen, einen als Verkehrsteilnehmer wahrzunehmen. Der Pannenstreifen ist nur in wenigen Fällen so gut, dass er sich tatsächlich als Radweg benutzen lässt. Auf den meisten Straßen muss man daher auch Anspruch auf einen Teil der Straße erheben. Dazu genügt es, wenn man auf dem weißen Strich fährt, der Fahrbahn und Pannenstreifen trennt.
Regel Nummer zwei: Umverteilung des Risikos auf den Autofahrer. Auf einer schlechten oder unübersichtlichen Straße sollte man hemmungslos in der Fahrbahnmitte radeln. Die Botschaft an den heranbrausenden Lenkraddreher: Wenn du mich überholen willst, dann muss du schon die Straßenseite wechseln und dich vorher selbst überzeugen, dass kein Auto entgegenkommt. Wenn du dir nicht sicher bist: Vergiss es! Das Risiko trägst du schließlich selbst.
Regel Nummer drei: Dem Autofahrer wichtige Entscheidungen abnehmen. Hat man sich an alle bisheringen Regeln gehalten, so kann man nun nämlich selbst den Überholzeitpunkt bestimmen. Nach rechts fahren heißt: „JA, jetzt kannst du von mir aus überholen!“, und wird von nahezu jedem Autofahrer verstanden. – Auf den ersten Blick mag es zwar unlogisch erscheinen: Aber wer vor einem von hinten nahenden Auto ängstlich zur Seite weicht, gefährdet sich nur selbst.
16.
Pain is so close to pleasure Freddy Mercury
Heidelbeeren auf Pfannkuchen: Im Restaurant „Die drei Beeren“ – pardon, „Bären“ (der Name basiert auf einem amerikanischen Kindermärchen), mästen wir uns für unsere erste Etappe im neuen Staat Idaho.
Abgesehen vom Frühstück ist es ein lausiger Tag. Dank der Katze unseres Gastgebers und meiner Katzenallergie ringe ich nach Luft. Und das Radfahren macht heute auch keinen Spaß.
Eigentlich hätte der heutige Tag die Goldene Saure Gurke der Reise verdient: Aber bekanntlich soll man den Tag nicht vor dem Abend verfluchen.
Unser Verhältnis zu Idaho ist von Anfang an gespannt. Als wir die Grenze überqueren, präsentiert sich der neue Staat völlig anonym: Dicke, schwarze Gewitterwolken überall. Kälte. Und Wind – stürmischer Wind.
Ganze Wolkenbänke rasen im Zeitraffertempo über den Himmel. Wir bremsen kurzfristig für eine Regenfront, die offenbar vor uns die Fahrbahn überqueren möchte. Während den entgegenkommenden Autos noch immer das Wasser aus den Kotflügeln rinnt, öffnet sich auf einmal ein schmaler Schönwetterkanal entlang der Straße, und für einen Augenblick sieht es so aus, als ob wir ohne nass zu werden (oder einen Blitz einzufangen) zur Sonnenseite Idahos überwechseln könnten.
Als wir nach insgesamt 25 Meilen in einem Wirtshaus unsere Mittagspause machen,
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