Biker's Barbecue (German Edition)
zuhalten). Hier fällt es uns wie Schuppen von den Augen: Charlie ist ein kleiner Waffennarr! Rund 40 Pistolen, Revolver und Gewehre lagert er daheim unter seinem Bett. (Oma Chloe hat immer Angst, dass er eines Nachts mit Schlafstatt und Schießeisen ins Erdgeschoss durchbricht.) Und die Munition dazu bastelt er selber unten im Keller.
Charlie lässt uns also eine kleine Auswahl aus seinem Sortiment degustieren: Erst ein 22-mm-Longrifle (ziemlich treffsichere Angelegenheit), dann einen 38er Colt (der hat schon ein bisschen mehr Bumms!) und zur Belohnung, dass wir jetzt beide taub sind (Ohrenstöpsel hat Charlie leider vergessen), lässt er uns ein paar Mal mit einem 44er Magnum Revolver feuern (etwas für echte Männer ohne Trommelfell): Ab heute heißen wir Dirty Stefan und Tobi the Kid.
Hätte ich nicht selbst zwischendurch mit meiner Kamera um mich geschossen, würde ich jetzt schon sagen: „Das glaubt uns daheim keiner.“ – Seit heute Nachmittag müssen mich jedenfalls alle meine Gesprächspartner von rechts anreden. Auf dem tauben linken Ohr kann ich dafür schon den Pazifik rauschen hören.
Beim Abendessen lädt uns Cook zu seiner Familie nach Hawaii ein. Wird sich wohl nicht vermeiden lassen, da mal irgendwann vorbeizuschauen (allerdings sollten wir vorher noch die Fahrräder gegen ein Tretboot eintauschen). Danach gehen Chuck und Gabe mit uns in „Henrys Fork River“ fischen: Abgesehen davon, dass der Fluss gerade so gut wie kein Wasser führt, wir also mit dem Kanu ständig auf Grund laufen, die Angelhaken mehrmals abreißen, bis wir keine mehr haben, und wir statt Karpfen und Forellen nur jede Menge Gelsen anlocken, ein richtig schöner Angelausflug.
Ein besonderer Moment, als wir paddelnd und watend im knietiefen Wasser um eine Flussbiegung kommen und vor uns plötzlich im Halbdunkel die Brücke auftaucht, von der Stefan gestern aus zehn Meter Höhe in den Fluss („In diesen Fluss???“) gesprungen ist. „Äh, Chuck? Wie tief war das Wasser an der Brücke doch gleich?“
19.
Die Jahrhundertspiele sind eröffnet! Bill Clinton
Dank Stefans Nächstenliebe kommen wir nicht sonderlich weit: heiße 27 Kilometer bis nach Rexburg (hier waren wir doch schon mal). Wir schaffen es auch tatsächlich, im College das Mädel vom Brückenspringen in St. Anthony zu finden, mit dem wir unseren Besuch vereinbart hatten, landen dann aber wegen der strikten Geschlechtertrennung bei James und seinen Jungs, Freunden im benachbarten „Applegrave“-Apartment.
Den strahlend schönen Nachmittag verbringen wir Frisbee spielend an einem nahe gelegenen Badeteich. Eigentlich hätte es ein heißes Volleyball-Match werden sollen (Rexburg Rüpel gegen Vienna Wappler), aber der Ball macht beim ersten Aufschlag lautstark Bekanntschaft mit einen Stechkaktus. – Auf der Rückfahrt erfahren wir aus dem Autoradio, dass zwischen New York und Paris, genau auf jener Route also, auf der wir eingereist sind, ein voll besetzter Jumbo explodiert ist …
Am Abend geht’s ins Kino: Das UFO-Epos „Independence Day“ ist in den USA gerade angelaufen. Ein herrlicher Film voller freiwilliger und unfreiwilliger Komik, den man allerdings ohne einen Kübel Popcorn und einen Eimer Cola nur schwer verstehen kann.
Als die Außerirdischen eine Karawane mit Motorhomes und Campingwagen unter Beschuß nehmen, erhebe ich mich ostentativ von meinem Sitz und klatsche Standingovations: Das ist die Rache für Yellowstone! Yeah!
Die Ereignisse überschlagen sich: Nach der Rettung des Planeten Erde steht heute schließlich auch noch die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Atlanta auf dem Programm! Aus diesem Anlass schmeißt das College eine Olympia-Dance-Party. Auf der Einladung steht: „Zieht euch olympisch an.“ Und gleich darunter: „Aber bitte keine nackten Beine, ja?“ – Quizfrage des Abends: Bei welcher Sommersportart trägt man lange Hosen?
Unsere Verkleidung liegt jedenfalls auf der Hand: Schließlich haben wir rein zufällig die Original-Jerseys des amerikanischen Olympia-Radteams dabei (und darüber hinaus eigentlich eh nix Vernünftiges zum Anziehen). Und mit ein paar Jeans entsprechen wir sogar der offiziellen Kleiderordnung.
Das mit der olympischen Verkleidung haben offenbar nur wir gelesen: Fast bis zur Unkenntlichkeit als Olympia-Zuschauer getarnt, stürmt die Masse der Studenten die Partyhalle. Nur einer wird aufgehalten.
Jetzt reißt mir aber bald die Hutschnur! Das mit den langen Hosen ist zwar irgendwie seltsam,
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