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Biker's Barbecue (German Edition)

Biker's Barbecue (German Edition)

Titel: Biker's Barbecue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Micke , Tobias Micke
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windet sich in Schlangenlinien hinauf auf den kahlen, ungeschützten Rücken, direkt im Brennpunkt der ungnädigen Nachmittagssonne. Alternativen gibt es keine: Über diesen Pass führt der einzige Weg zu Trinkwasser.
    Mitten auf dem längsten Anstieg geht mir die warme Plastiklacke aus. Tobi sieht, dass ich kein Wasser mehr habe, und teilt seinen letzten Rest mit mir.
    Als der allerletzte Tropfen Flüssigkeit auf der Zunge verdampft ist, ist noch immer kein Ende des Berges in Sicht. Ein Anflug von Verzweiflung. – Minuten später ein Schild am Ende einer Kurve: „Trucks use low gear!“ Der Pass ist erreicht. Ein Hoffnungsschimmer. Wenigstens sind wir jetzt oben. Angekommen an diesem stinkenden Pass. Doch Wasser sprudelt deshalb noch lange keines aus dem heißen Asphalt.
    In meiner Agonie klopfe ich an die Fahrertür eines Sattelschleppers, der mit laufendem Motor am Straßenrand steht. Ein Mann öffnet verschlafen und starrt mich misstrauisch an: Ob er vielleicht ein bisschen Wasser hätte oder etwas anderes zu trinken. Wir würden auch dafür zahlen. – Nein, er hat nichts. Gar nichts. Schon deshalb nicht, weil wir ihn mitten in dieser Einöde beim Mittagsschläfchen gestört haben. (Letzteres sagt er nicht, dafür steht es umso deutlicher in seinen Augen, kurz bevor die Fahrertür wieder krachend ins Schloss fällt.) – Ein bierbäuchiger Trucker, der durch die Wüste fährt und nichts zu trinken hat?!
    Körperlich und geistig entkräftet lassen wir uns auf der Westseite des Stinking Water Pass hinunterrollen. Vor ewigen Zeiten war eine Tankstelle angekündigt. Aber bis dorthin sind es noch immer ein paar Meilen. Und wenn wieder ein Berg dazwischen liegt …? – Nach einer scharfen Rechtskurve plötzlich ein Rastplatz.
    Sicher wieder das Übliche: Eine staubtrockene, mit Müll dekorierte Abstellfläche, ausgestattet mit einer Holzbank oder einem Baum. Vermutlich auch mit einem fliegenverseuchten Plumpsklo.
    Stefan, der vor mir fährt, verreißt trotzdem beinahe sein Fahrrad, um die Einfahrt noch zu erwischen. Hat er sich zum Sterben entschlossen? Warum hier? – Plötzlich sehe ich, was er offenbar schon entdeckt hat: einen Granitsockel, an dessen flacher Oberseite ein fetter, Sandalen tragender Tourist zu saugen scheint. Die Logik hat mich noch nicht verlassen. Die Stimme schon. – Aus „Wasser!!! Ein Rastplatz mit Wasser!“ wird nicht mehr als ein erwartungsvolles Röcheln.
    Eine Oase: Wasser war noch nie so klar, so kalt, so wohlschmeckend, so flüssig. Wir sind gerettet – und sehen offenbar auch so aus, als wären wir gerade noch einmal dem Tod entronnen: Ein Trucker, der gestern Abend aus San Francisco losgefahren ist und sich hier, auf unserem Parkplatz, Kupplungs- und Gasfuß ein wenig vertreten will, schenkt uns eine Wassermelone und ein paar Kartoffelchips.
    Stefan liegt seit fünfzehn Minuten auf der Picknickbank und rührt sich nicht. Ich mache mir Sorgen.
    Warum ist mir trotz 40 Grad im Schatten auf einmal so kalt?
    Mit aufgefüllten Wassertanks und einer Erfahrung für den Rest unseres Lebens fahren wir weiter. Direkt vor Burns liegt einer der längsten schnurgeraden Straßenabschnitte Amerikas, ein 15-Meilen-Asphaltlineal, so flach und kurvenlos wie das EKG eines verdursteten Radfahrers. Nach einer Ewigkeit tauchen Häuser am Horizont auf: Burns. Endlich, nach 116,5 Meilen.
    Stefan ist völlig erledigt. Wir brauchen möglichst schnell und unkompliziert ein Quartier. In alter Tradition fragen wir bei einem Wohnhaus an, das unmittelbar neben einer Kirche liegt: Das Pensionistenpärchen, das hier wohnt, verständigt daraufhin den dazugehörigen Pfarrer und versorgt uns bis zu dessen Eintreffen mit Säften.
    Als Pater Tony uns erblickt, vermacht er uns sofort die Kellerräume seines Gotteshauses. Mit letzten Kräften kaufen wir dicke Steaks und Obst im Supermarkt, braten das Fleisch in der Kirchenküche und schlagen uns so gierig damit die Bäuche voll, als könnte es uns noch vom Teller springen. Sogar an einen Videofilm haben wir gedacht: drei Dollar Leihgebühr für „12 Monkeys“ mit Bruce Willis. Für das Geld darf man in Europa im Moment gerade mal einen Blick auf die Kassettenhülle werfen.
    Ich falle nach der ersten Actionszene über meinen Schlafsack und komme erst wieder zu mir, als die Sonne schon wieder provokant durchs Kellerfenster hereinstarrt.
    Die Sache mit dem Wasser sitzt tief – ein Erlebnis, das ich nicht mehr vergessen werde, solange ich lebe. Klares Trinkwasser,

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