Biker's Barbecue (German Edition)
so viel das Herz begehrt, ist eine Selbstverständlichkeit, die man – speziell als Wiener – kaum zu schätzen weiß. Umso deutlicher wird mir die Gier, mit der ich sogar das warme, stinkende Wasser aus der Plastikflasche getrunken habe, in Erinnerung bleiben.
Ein höchst bemerkenswerter Tag auch in statistischer Hinsicht: Immerhin haben wir heute die Rekorddistanz von 190 Kilometern zurückgelegt und dabei 8 Stunden 22 Minuten auf unseren Fahrrädern verbracht.
Thumbs up!
Der gestreckte Daumen ist wohl eine der stärksten Botschaften, die man auf einer solchen Reise empfangen kann. Auf der ganzen Fahrt quer durch Amerika konnten wir gerade mal ein Dutzend dieser raren Landstraßen-Delikatessen ernten. Natürlich haben wir uns oft genug gefragt, was man tun kann, um die Ausbeute zu verbessern. Aber ein himmelwärts weisender, oft vor Begeisterung gekrümmter Daumen, der stolz über einer geballten Faust thront, ist schwer zu provozieren – schon weil zu viele wichtige Faktoren vom Daumenbesitzer abhängen.
Jetzt in Oregon, beinahe am Ende unserer Reise, scheinen wir diesem Ziel jedoch mit einem Schlag näher gekommen zu sein. Der kreative Lösungsansatz: Mitten in der größten Mittagshitze durch die Wüste radeln, möglichst auf einen riesengroßen, wasserlosen Berg zu. Toll, was? In Europa hätte man sich wohl mit dem Zeigefinger an die Stirn getippt. Wir dagegen bekamen gleich zweimal „Thumbs up“!
27.
Hydrate or die. Camelbak-Werbeslogan
Eine Lektion haben wir gestern endgültig gelernt: Wer dehydriert, verliert …
Um die körperlichen und seelischen Spätfolgen des gestrigen Abenteuers in Grenzen zu halten und nicht doch noch irgendwo verdörrt auf der Landstraße zu enden, beschließen wir, heute in Burns zu bleiben. Diese Pause haben wir uns wirklich verdient.
Pater Tony, der von unserem Entschluss noch nichts weiß, hat allerdings am Morgen im Keller irgendein Kirchenväter-Kaffeeklatsch-Versammlungsmeeting. Also ziehen wir pünktlich um neun Uhr aus unserer Kirche aus, um die Stadt zu besichtigen.
Ferien in Burns, Oregon: Wild entschlossen uns zu amüsieren, reizen wir die örtliche Vergnügungsindustrie voll aus. Erst gehen wir Billard spielen. Dann benutzen wir ein öffentliches Telefon.
Unser Zwerchfell hat sich vom letzten Verbindungsversuch (diesmal nach Pine Plains, New York) noch nicht ganz erholt, als wir auf der Hauptstraße zufällig der alten Dame vom Vorabend begegnen. Nachdem wir ihr erzählt haben, dass wir gedenken, den heutigen Tag in Burns zu verbringen, rät sie uns, doch einmal bei ihrem Mann daheim vorbeizuschauen, weil dem vermutlich fad ist (in Burns nahezu unvorstellbar!). Und mit etwas Glück könnten wir dort am frühen Nachmittag sogar eine Freundin der Familie kennen lernen. – Erwartungsvoll nehmen wir die Einladung an, schauen vorher noch schnell beim örtlichen Mexikaner auf ein üppiges Mittagsmahl vorbei und machen uns dann auf den Weg.
Inzwischen ist es früher Nachmittag, und so ist auch die Bekannte schon da: Rosi präsentiert sich nicht nur als eine Freundin des Hauses, sondern ist bald auch uns beiden sehr ans Herz gewachsen. Nachdem sie von unserer gestrigen Etappe gehört hat, lädt sie uns nämlich für ein paar entspannende Stunden in den örtlichen Fitnessclub ein. Da der Club jedoch in groben Zügen unserer Vorstellung vom Schlaraffenland entspricht, verbringen wir den gesamten Nachmittag dort.
Zunächst spielen wir Racketball: Dazu setzt man sich Schweißer-Schutzbrillen auf und drischt mit abgesägten Tennisschlägern einen kleinen Ball von der Konsistenz eines Radiergummis gegen die Wand. Verständliche Regeln (wie bei Squash) konnten wir nicht ausfindig machen; lustig war’s trotzdem. (Die Amerikaner haben’s eben wieder raus …)
Fitnessclub in Burns heißt außerdem: genüsslich im heißen Whirlpool planschen und in aller Ruhe via Großbildschirm das olympische 100-Meter-Lauf-Finale anschauen. Der große Linford Christie wird dabei wegen Fehlstarts disqualifiziert – eine Tragödie, die die Amerikaner allerdings nicht allzu sehr gestört haben dürfte. – Wir können uns dafür gar nicht mehr erinnern, wer das Rennen eigentlich gewonnen hat …
Da auch Entspannen hungrig macht, suchen wir gleich anschließend eine Pizzeria auf. Am Abend ziehen wir dann – „Surprise, Tony!“ – wieder in dieselbe Kirche ein, die wir heute Morgen verlassen haben, und schauen uns im Kino die Abendvorstellung von „Eraser“ mit Arnold
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