Biker's Barbecue (German Edition)
unbedingt erreichen, bevor die große Nachmittagshitze losbricht.
Wir starten konsequenterweise früh. Weil nur die Tankstelle von Vale Kreditkarten nimmt (und wir nicht so viel Bares bei uns haben), frühstücken wir auf Tobis Karte warme überbackene Hackfleisch-Röllchen und Kartoffel-Cheddar-Kroketten aus der Snack-Ecke.
Danach geht es zügig dahin. Die Landschaft ist rau, aber schön, und das morgendliche Wetter warm und angenehm.
Am Straßenrand wächst plötzlich völlig unmotiviert ein kleiner Springbrunnen aus dem Gestein: klares, kaltes Wasser, das ein angenehmes und problemloses Schlussstück nach Juntura zu garantieren scheint. Trotzdem machen wir, nur so zum Spaß, ein paar fingierte Aufnahmen von erschöpften Radfahrern, die halb verdurstet auf allen vieren zum sprudelnden Felsen kriechen.
Gar herzlich feixen wir über diese trefflich komische Darbietung. Dabei ahnen wir nicht den wahren Wert des Quells, die unermessliche Wichtigkeit des klaren Tropfens, der just in dem Moment, als wir ihm leicht und fröhlich scherzend den Rücken kehren, bereits wieder aus unseren Flaschen zu verdunsten beginnt …
So erreichen wir gegen ein Uhr – gut gelaunt und einigermaßen frisch – Juntura, unser heutiges Etappenziel, bestehend aus einem guten Dutzend Häuschen, die etwa noch einmal 100 Kilometer vor Burns, der nächstgrößeren Stadt, liegen.
Wir trinken im Schatten des Lebensmittelladens ein paar Becher Sprite. Und langweilen uns zu Tode. Es gibt hier einfach nichts zu tun. Und dass in Juntura die einzigen Menschen in einem Umkreis von 100 Kilometern leben, hat sich offenbar auch schon unter den Gelsen herumgesprochen: Draußen können wir nicht bleiben, sonst werden wir erstochen. Und drinnen will man uns finanziell aussaugen: Die 32 Dollar für das Motel zu opfern, bringen wir jedenfalls nicht übers Herz. (Warum bitte sollen wir die Melkkuh für all die anderen Touristen spielen, die hier nicht übernachten?) Beides, die Gelsen (mit ihrer Stechwut) sowie die Leute (und ihre Geldgier) – vielleicht aber auch unser eigener Geiz –, treiben uns am Ende weiter.
Nachdem wir ja so cool und unbesiegbar sind, entschließen wir uns, einfach nach Burns weiterzufahren. Immerhin haben wir die Hälfte ja schon hinter uns (jedenfalls von Vale aus betrachtet). Unsere Wasserreserven füllen wir nicht auf. Wozu auch? Erstens muss man hier für Eiswürfel etliche Cents berappen. Und zweitens gibt’s auf Drinking Water Pass (und der liegt keine 20 Kilometer von hier) ja ohnehin eine Quelle. Das hat man uns jedenfalls in Vale erzählt …
Stefan braucht viel Flüssigkeit beim Radfahren. Er hat eine völlig andere Wasserzirkulation als ich. Durch die Mineralien in dem ausgeschwitzten Wasser sieht er am Ende jedes heißen Tages aus wie in Salzteig gebacken.
Als wir Drinking Water Pass erreichen, sind unsere Camelbaks fast leer. Von Wasser jedoch keine Spur, obwohl wir sogar noch einmal ein Stück zurückfahren, um jede Abzweigung auf eventuell übersehene Hinweisschilder zu prüfen.
Später werden wir erfahren, dass die uns beschriebene Quelle nicht unmittelbar auf dem Pass liegt, sondern „ein Stückchen“ davor: dort, wo wir in unserem Übermut die Verdurstenden gespielt hatten …
Es hilft alles nichts – wir müssen weiter. Wenige Meilen später ist unser gewöhnlicher Trinkwasservorrat verbraucht. Wir haben keine andere Wahl, als auf die warme, nach Plastik stinkende Lacke in unseren Fahrradflaschen zurückzugreifen: Bisher hatten wir uns damit nur die Zähne geputzt oder die Hände gewaschen. Aber immerhin ergibt das jetzt noch einmal fast einen Liter für jeden.
In der Wüste heißes Wasser zu trinken ist ungefähr genauso sinnvoll, wie bei einem Zimmerbrand Benzin zum Löschen zu verwenden.
Auf Drinking Water Pass folgt Stinking Water Pass.
Ein ätzender Name: Den tieferen Sinn begreift man erst, wenn man mit dem Fahrrad hier rauffährt. Stinken tut das Wasser schon, allerdings das, was wir in den Radflaschen mit uns führen. Und weil der Pass über keine eigenen Wasserreserven verfügt, müssen wir das Zeug nun saufen.
Wüsten waren in meiner Vorstellung immer eben, flach wie ein Bügelbrett, plan wie das Meer. Diese hier ist voll mit hässlichen Hügeln und Bergen. Man kann die Pein, die die Wüste einem anzutun gedenkt, bereits auf große Entfernung sehen. Wüsten sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.
Stinking Water Pass liegt auf einer mächtigen Bergkette. Ein endlos langer Anstieg
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