Biker's Barbecue (German Edition)
empfiehlt uns Officer Randy McLay sein Stammlokal fürs Mittagessen.
Mitten in der größten Völlerei („Alle-Aufläufe-you-can-eat“ für 4,50 Dollar!) ruht auf einmal das Auge des Gesetzes auf uns: Officer Randy betritt das Lokal und begrüßt uns wie zwei Spezialagenten auf der Durchreise. Er habe noch was Wichtiges vergessen und drückt jedem von uns – unter den staunenden Blicken der restlichen Restaurantbesucher – eine Fahrrad-Trinkflasche mit dem Werbetext der örtlichen Drogenbekämpfungsabteilung in die Hand. („Die werdet ihr noch brauchen, Jungs!“)
Gleich neben dem Lokal befindet sich ein altmodischer Frisiersalon. Praktisch: Man kann sogar direkt vom Lokal in den Laden gehen! Ein Haarschnitt kostet sechs Dollar. – Hmm, wenn wir morgen schon in die Wüste müssen, dann doch wenigstens ohne wüste Haare. Während Stefan seine vierte Nachspeise in sich hineinstopft, liefere ich mich also nebenan ans Messer. – Noch bevor ich sagen kann: „Machen Sie’s nett und kurz!“, ist der alte Herr schon wieder fertig: „Six Dollars!“ – „Äh, eigentlich wollte ich meine Haare kurz, nicht den Haarschnitt! Sie können sich ruhig ein bisschen Zeit lassen. Geht’s nicht noch ein bisschen kürzer?!“ – „Was?! Noch kürzer? Gut, Sie können sich gerne noch mal hinsetzen. Aber das kostet dann noch mal sechs Dollar.“ – „Aha. Na ja, so gesehen ist dieser Haarschnitt doch ganz nett … “
Wozu soll man eigentlich 1-800-BIGTITS anrufen, wenn man stattdessen auch gratis mit seiner Kreditkartenfirma plaudern kann? Während Tobi mit dem Friseur diskutiert, greife ich also noch mal zum Telefonhörer.
Als plötzlich ein Mann den Standard-Begrüßungstext herunterbetet, komme ich mir beinahe vor wie falsch verbunden. „Könnte ich bitte mit Cynthia sprechen?“ flöte ich mit samtener Stimme in den Hörer. „Cynthia“ – das ist die zuvorkommende Dame, die sich vorhin mit unglaublicher Engelsgeduld von mir beschimpfen ließ: Damit ich nicht erst einen weiteren Telefonisten in mein Problem einschulen muss, hatte ich sie am Ende unseres letzten Gesprächs nach ihrem Namen gefragt. – Nun fühle ich mich langsam wie ihr geheimer Verehrer.
Cynthia kennt mein Problem inzwischen ganz gut und erweist sich auf einmal als erstaunlich hilfsbereit. Nachdem ich ihr meinen genauen Standort klargemacht habe (nicht Vail, Colorado, sondern Vale, Oregon), zieht sie völlig unbürokratisch ihren Rand McNally Atlas unterm Schreibtisch hervor und geht mit mir unsere Strecke durch. Und die steht für die nächsten Tage fest: Schließlich gibt es in dieser Gegend überhaupt nur noch eine Straße (Highway 20), die wir nehmen können.
Am Ende der Route liegt ein Ort, der uns beiden zusagt (er liegt sogar noch in Oregon) und der unserem Vorhaben auch angemessen erscheint: Lakeview. Hier müssen wir in zwei oder drei Tagen einfach durch. – Ich bin begeistert! Was für eine Frau …
Bei einem kleinen Verdauungsspaziergang entdecken wir die Redaktion der örtlichen Zeitung und versuchen, unsere Geschichte gegen einen Schlafplatz einzutauschen. – Das Ergebnis ist selbst für unsere Verhältnisse unfassbar: Das örtliche „Ministry Board“ (irgendein Kirchenverband, den die Zeitungstante für uns anruft) lädt uns zu einer Nacht im Motel ein! Noch bevor wir überhaupt einchecken können, kommt eine junge Frau angefahren, bezahlt an der Rezeption unsere Zimmer, wünscht uns einen schönen Tag und verschwindet wieder. Jeder von uns bekommt ein eigenes Zimmer mit Klimaanlage, Minibar und Satelliten-TV. Wir rechnen die ganze Nacht damit, dass plötzlich ein Pfarrer an die Zimmertür klopft und uns zu irgendeiner Nischenkirche bekehren will, aber nichts dergleichen passiert. Wir gehen in aller Ruhe im geheizten City-Pool schwimmen, kaufen Chips und Bier ein und sehen uns im Zimmer mit dem besseren Empfang die heutigen olympischen Bewerbe an. – Ein denkwürdiger Tag voller Dramatik: In der Frauengymnastik fallen die amerikanischen Favoritinnen (sowie die Russinnen und die Chinesinnen) der Reihe nach aus (schluchz!).
26.
It’s a long way. But some day they’re gonna find you out there … Einheimischer Philosoph
Derart aufgemuntert geht es nun also mitten durch die Sagebrush-Wüste: In Oregons High Desert leben auf einer Strecke von 200 Kilometern – exakt gezählt – 60 Menschen. Und die wiederum fast alle in einem einzigen Dörfchen: Juntura. – Diesen Punkt auf unserer Landkarte wollen wir heute
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