Biker's Barbecue (German Edition)
Mann Kent und zwei befreundeten Paaren in dem für gewöhnliche Kunden geschlossenen Restaurant sitzen, fängt es draußen in der Wüste zu unserer großen Verwunderung auf einmal zu regnen an. Mit einem befriedigten Lächeln machen wir uns bewusst, dass wir unsere sieben Dollar vorhin goldrichtig angelegt haben. ( Ich hätte ein Vielfaches darauf verwettet, dass heute kein Tröpfchen Wasser von oben kommt. ) Wir sitzen im Trockenen, werden auf das Abendessen eingeladen (selbst gemachtes Sauerteigbrot mit eingelegtem Gemüse) und lauschen den amerikanischen Alltagslegenden, die man uns wie lang vermissten Freunden erzählt.
Die spektakulärste Geschichte ist wohl die von Toni, einem heißblütigen Italo-Amerikaner mit nervösem Zeigefinger, wie ihn jedes Klischee nicht treffender beschreiben könnte: 1956 hat er, als er bei den Marines war, vor der Westküste ganz aus Versehen ein japanisches Fischerboot versenkt. „Wir sollten alles, was sich draußen auf See bewegte, genau unter die Lupe nehmen. Und dabei hab ich versehentlich abgedrückt. Das war vielleicht peinlich! Die Zeitungen waren voll davon …“
29.
Wer Eier sät,
wird Hühner ernten. Ovologie für Anfänger
Ein Tag wie eine Fata Morgana. Der Morgen beginnt mit der Einladung zu einem tollen Frühstück, bei dem wir endlich erfahren, was wir über die USA schon immer wissen wollten: Liz erklärt uns den Unterschied zwischen all den verschiedenen Zubereitungsarten für Spiegelei, die es in Amerika gibt (als Wirtin kennt sie sich da schließlich aus). Man sollte nicht glauben, was man mit Eiweiß, Eigelb und einer einfachen Pfanne alles anstellen kann! Wie durch oder nicht durch es ist, ob es gebraten wird oder nur geschmort – und wenn ja, auf welcher Seite – all das scheint nach ihren Ausführungen erst das Vorspiel zu sein.
Während uns Liz in diese uramerikanische Wissenschaft einführt (die Frage nach der Henne und dem Ei ist ein vergleichsweise europäisches Problem), serviert sie uns Kaffee, Bisquits mit Jelly, Gravy und zwei Spiegeleier „sunny side up“ (eine poetische Umschreibung für die simple Tatsache, dass dem Frühstückenden vor dem ersten Bissen der Dotter entgegenlacht).
Bevor sie uns aus ihrer mütterlichen Obhut wieder in die Alkaliwüste entlässt, schenkt uns Liz noch zwei Pfeilspitzen aus Obsidian, die sie selbst in mühevoller Kleinarbeit hergestellt hat und die nur ein Pfeilspitzen-Experte von jenen echten unterscheiden kann, die man auch heute noch mit etwas Glück am Rande der Salzseen findet.
Als wir Liz von der 395, die uns von Burns nach Alkali Lake gebracht hat, zum Abschied zuwinken, springt uns ihre Gastfreundschaft noch einmal so richtig ins Auge: Das Ganze ist ja eigentlich ein Restaurant, und die Einladung zum Frühstück ist daher noch einmal in einem ganz besonderen Licht zu sehen. Aber schließlich ist Liz auch nicht irgendwer, sondern – wie sie uns selbst erzählt hat – die Cousine von Garth Brooks (dessen Musik wir hinkünftig immer mit wunderlichen Spiegeleiern und Indianer-Pfeilspitzen in Verbindung bringen werden).
Wenig später passieren wir den einzigen Rastplatz seit Riley. Hier hätten wir ohne Alkali Lake wahrscheinlich die Nacht verbracht – und wären ziemlich nass geworden.
Die Strecke durch die Wüste ist eine der schönsten überhaupt. Nur alle Viertelstunde ein Auto (wer muss hier überhaupt durch und auf dem Weg wohin?), eine Unzahl von Raubvögeln am Himmel, glitzernd weiße Salzseen und endlose Hügelketten. Schließlich ein zerklüftetes Gebirge, durch das sich die Straße schlängelt, und eine erfrischende Abfahrt zu einem gänzlich unberührten See, der sich am Fuß des Albert Rims, einer riesigen geologischen Platte, ausbreitet. An dessen gegenüberliegendem Ufer schimmert golden und vegetationslos eine andere Wüste in der Sonne. Tausende Wasservögel leben hier, außerdem angeblich Klapperschlangen und Big-Horn-Schafe.
Im Schatten eines dünnen Felsvorsprungs vernudeln wir den am Vortag gekauften Nudelsalat (hihi). Am Kreuzungspunkt von 395 und 31 am Rande der ersten „Benzin-Oase“ seit Wagontire Station legen wir eine weitere Pause ein, um ein paar Cherry-Cokes zu tanken. Auf der 395 geht’s dann weiter bis Lakeview – die erste richtige Stadt, seit wir Idaho verlassen haben.
Das Rendezvous mit Cynthia klappt leider nicht: In der vereinbarten Bank liegt zwar eine kleine blaue Karte für mich – aber keine persönliche Nachricht oder ein Gruß von ihr, auch kein
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