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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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»wenn ein Provinziale die Hauptstadt besucht, ihn hierherführen, um ihn in Bewunderung über einen solchen Luxus zu versetzen. Die Wände des einen Zimmers sind durchgängig Spiegelglas. Ein anderes Zimmer ist ganz im Geschmacke eines Schweizerhauses eingerichtet worden« und so weiter. Sowar Fuchs in den vierziger Jahren, und so hab ich diese Konditorei noch in den fünfzigern gesehen, während meines ersten Aufenthaltes in Berlin. Als ich nach mehrjähriger Abwesenheit wiederkehrte, war sie verschwunden. Aber noch heute kann ich an dem unterdessen durchaus anders gewordenen Hause Nr. 8 Unter den Linden nicht vorübergehen, ohne daß eine ganze Skala von Erinnerungen in mir anklingt. Ich entsinne mich des Tages zur Winterzeit, als ich zuerst in diese Konditorei kam, geblendet von den Spiegelscheiben, dem Schweizerhaus und nicht am wenigsten der – Weihnachtsausstellung. Dies war auch ein Vergnügen, das man heute nicht mehr kennt, aber eines, das man damals nicht hätte missen mögen, ebensowenig wie die Weihnachtstransparente mit dem begleitenden Gesang des unsichtbar aufgestellten Domchors. Unschuldige Freuden des altvaterischen Berlins, über welche der Strom eines neuen Lebens unbarmherzig hinweggerauscht ist. Man ist heute nicht mehr so naiv und empfindsam. Damals aber, wie feierlich gestimmt verließ man die Akademie, wie heiter angeregt die Konditorei! Was sich darin ausgestellt fand, waren freilich nur Zuckerpüppchen; aber sie bedeuteten etwas, sie hatten eine Meinung.
     . .  .  .  .
    Illustrierte Zeitungen und Witzblätter im heutigen Sinne gab es noch nicht in jenen glücklicheren Tagen; und da der Mensch im allgemeinen und der Berliner im besonderen derart gemacht ist, daß er ein wenig von allem wissen und ein wenig über alles herziehen, lachen und spotten will – in allen Ehren, versteht sich! –, so mußte man sich zu helfen wissen und half sich, indem man das Amt des Zensors dem Konditor übertrug. Dieser, ein schlauer Mann und der die Dinge zu nehmen verstand, war es, der in seiner weißen Schürze und Zipfelmützedie Ereignisse des Jahres beleuchtete und »den Abdruck seiner Gestalt« gleichsam, um mit Hamlet zu reden, auf den Weihnachtsausstellungen den Berlinern zeigte. Hier zum Beispiel bei Fuchs sah man einmal im Jahre 1822 den schönen Feramors und die holdselige Lalla Rookh, den dicken Faddladin und das ganze Gefolge, hundertundfünfzig kleine Personen, alle von Zucker, glitzernd und schimmernd in orientalischer Pracht – Nachbildungen der »tableaux vivans« aus Thomas Moores Modegedicht, welche von wirklichen Prinzen und Prinzessinnen zu Ehren des russischen Großfürsten und nachmals großmächtigen Kaisers Nicolaus im Königlichen Schlosse gestellt worden waren, begleitet von der pompösen Musik des Ritters Spontini, der, als guter Wirt, nachher die Oper »Nurmahal« daraus gemacht hat. Unbeschreiblich war der Zudrang der Berliner, die mit zärtlicher Teilnahme für zwei Groschen Kurant an diesem Abglanz des Hofes sich weideten; und unter ihnen H. Heine, der damals noch, ein loyaler junger Mann, nicht nur die hübschen Berlinerinnen, wenn sie himmelhoch aufjauchzten: »Ne, des is schene«, sondern auch die allerhöchsten und höchsten Herrschaften, ihre Pferde und sogar den Ritter Spontini bewunderte. Gab es indessen keine dergleichen Haupt- und Staatsaktionen zu verzeichnen, so begnügte sich der Zuckerbäcker mit den Vorkommnissen des Alltags. »Es wird ein Bild aus dem Leben gegriffen, ein öffentlicher Ort, ein bekanntes Lokalereignis durch kleine Figuren von fünf bis sechs Zoll Größe dargestellt ... Einige haben auch mechanische Vorstellungen mit beweglichen Figuren. Ein Konditor hatte den Ausgang aus dem Theater nach Beendigung des Stückes, ein zweiter die Eisbahn in dem Tiergarten« etc. Zuweilen auch erlaubte man sich den Witz (denn, bemerkt der Verfasser, »in Berlin heißt alles Witz«), stadtbekannte Persönlichkeiten zu karikieren,und einer dieser Unglücklichen, so berichtet unser Autor weiter, als er auf eine solche Weise sich ausgestellt sah, kaufte sein Bildnis, um es den Blicken der Menge zu entziehen. Am anderen Tage war es wieder da, und er kaufte dasselbe noch einmal. Als es aber auch am dritten und vierten Tag erschien, da gab er es auf; er merkte nun wohl, daß seine Mittel nicht ausreichen würden, den ganzen Vorrat anzukaufen. Aber die Sache war ruchbar geworden, und jeder wollte nun solch ein Püppchen besitzen, so daß der Konditor das beste, sein

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