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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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3. Mai, die seine Ankunft meldet, finden wir unter der Rubrik des Königlichen Nationaltheaters: »Heute: Die Räuber. Morgen: Die Braut von Messina«. Weiter, in der Nummer vom 8. Mai, lesen wir folgendes: »Königliches Nationaltheater. Den 4. Mai: Die Braut von Messina, Trauerspiel in vier Aufzügen von Schiller. – Der Dichter, der Berlin zum ersten Mal besucht, war bei der Vorstellung gegenwärtig. Bei seinem Eintritt in die Loge ward er mit allgemeinem Beifall empfangen; freudiger Zuruf hieß ihn herzlich willkommen und wiederholte sich so lange und so laut, bis die Musik begann, welche der Vorstellung vorangeht. So ehrenvoll hat das Publikum seine rege Empfindung für das große Genie ausgesprochen, dem es der höheren Freuden so manche verdankt. Schillers Ankunft hat überhaupt ein lebhaftesallgemeines Interesse erregt, welches auf Achtung und Dankbarkeit begründet ist.« Auch die »Spenersche Zeitung« ihrerseits (in der Nummer vom 8. Mai, denn damals, wo die Zeitungen nur dreimal wöchentlich erschienen, ging die Berichterstattung langsam und beschränkte sich auf wenige Zeilen) bestätigt die dem Dichter dargebrachte Huldigung, fügt aber hinzu: »Vermutlich war es unwillkürliche Folge seiner Gegenwart, daß in der Darstellung einiger Rollen anfangs ein gewisser Zwang, eine Spannung bemerklich war.«
    Am Sonnabend, 5. Mai, war die »Jungfrau von Orleans« gegeben worden, und sie ward am 12. Mai wiederholt. Es war die Zeit, wo der politische Teil der Blätter voll war von den Verhandlungen des französischen Senats über Napoleons Erhebung zum Kaiser der Franzosen. Mit Bezug darauf heißt es in einer Besprechung jener Aufführung (»Vossische Zeitung« vom 15. Mai): »Schon mancher mag eine kostbare Reise zu einer Kaiserkrönung gemacht haben, ohne so viel Befriedigung für Aug und Ohr zu finden, als ihm heute der Krönungszug für weit billigeren Preis gewährte.« Die Darstellerin der Titelrolle, Madame Meyer, wurde bei dieser Gelegenheit also gefeiert (»Vossische Zeitung«, 10. Mai):
    O helft, ihr himmlischen Kamönen,
Dem schwächsten von Apollos Söhnen,
Der einer Meyern Loblied singt.
    O Meyern! stets wirst du bewundert,
Und von Jahrhundert zu Jahrhundert
Der Brennen Hauptstadt unvergeßlich sein!
    »Der Brennen Hauptstadt« – das ist Berlin. Man bemerkt, daß das noch im Stile Ramlers ist. Zu jener Zeit brachte die »Vossische Zeitung« in jeder Nummer einRätsel; das vom 15. Mai, welchem ein ziemlich schwaches Gedicht: »An Herrn von Schiller« vorangeht, lautet:
    Rätsel.
    A. Deutschlands Dichter, so wie ich vernommen,
Ist seit gestern Abend in Berlin.
    B. Sie verzeihen – A. Gern verziehn!
    B. Deutschlands Psycholog ist gestern angekommen,
    C. Mit Erlaubnis, Deutschlands Tragiker
Kam von Leipzig gestern Abend an.
    D. 's ist doch seltsam! Und mir sagte wer,
Gestern sei Deutschlands Historiker
In der Sonne Hieraus erhellt, daß das »Hotel de Russie«, Nr. 23 Unter den Linden, damals im Volksmunde noch die »Sonne« hieß. abgetreten.
    E. Meine Herren, anstatt zu streiten, täten
Sie, dünkt mich, weit besser dran,
Wenn ein jeder seinen Mann
Nennen wollte.                  A. B. C. D. ...
    Diese Verse, man wird es einräumen müssen, sind nicht sehr schön, noch sind sie besonders geistreich; aber sie zeigen doch, zusammen mit allem anderen, welche Bewegung Schillers Anwesenheit hervorrief. Es waren Festtage nicht nur für ihn, sie waren es auch für Berlin und die Berliner, abschließend am 14. Mai mit der Aufführung von »Wallensteins Tod«, in welchem Iffland den Wallenstein spielte.
    Wie nun aber erschien Schiller den Berlinern, die jetzt ihn unter sich und ganz in der Nähe sahen? Entsprach sein Äußeres, sein Wesen dem Bilde, welches man sich von ihm, dem Dichter der Jugend, gemacht? Man verglich ihn mit Goethe, der oft in einem Kreis tüchtiger Männer und strebender Jünglinge an einem Abend, den sie vielleicht ihr ganzes Leben lang ersehnt hatten, nichts anderes von sich hören ließ als ein gedehntes»Ei – ja!« oder »So?« oder »Hm!« oder im besten Falle ein »Das läßt sich hören!« Schiller war eingehender, und seine Persönlichkeit, wenn nicht imposant wie die des Zeus von Weimar, wirkte durch Sympathie. Über seinem Antlitz, seinem Blick, wenn er schwieg, lag es wie ein leichter Flor der Wehmut, und sein Kopf war ein wenig geneigt. »Er war«, sagte Henriette Herz, die ihn hier, im Mai 1804, zum ersten und zum letzten Male sah, »von hohem Wuchse;

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