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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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Zelebrität findeich dieses Restaurant in den Memoiren von Beust, welcher aus der Zeit seines Aufenthaltes in Berlin im Sommer 1848 vermerkt, daß man, um sich bei Tisch zu orientieren, zu Jagor gegangen sei, wo man immer die Minister habe treffen können. Dann aber muß der Glanz der »Sonne« rasch verloschen sein. Minister verkehrten in diesem Hause nicht mehr, als ich es kennenlernte. Das kann ich versichern.
    Heine hat die Linden sehr geliebt. Er hat sie sogar einmal ausdrücklich besungen:
    Ja, Freund, hier unter den Linden
Kannst Du Dein Herz erbaun,
Hier kannst Du beisammen finden
Die allerschönsten Fraun.
    Das Gedicht ist nicht hervorragend. Es ist ein wenig commonplace, so wie jeder es hätte machen können, ohne gerade Heine zu sein; was dieser wohl auch gefunden haben mag. Denn er hat es in keine seiner Sammlungen aufgenommen. Viel kurzweiliger ist das andere, das mit den Worten: »Ich wollt, ich wär der liebe Gott« anfängt, aber so bös nicht gemeint ist, wie man sich bald überzeugen kann, wenn man weiter liest, welche Wunder er verrichten will. Als er es verfaßte, dieses Gedicht, da wohnte Heine selbst Unter den Linden, in dem Hause Nr. 24, dicht neben Jagor. »Meine Wohnung«, schreibt er, »liegt zwischen lauter Fürsten- und Ministerhotels« – (was übrigens, wie man sieht, mehr dichterische Lizenz als genaue Wahrheit ist). Das Haus steht heute noch, in seinem Äußern unverändert, wie es damals gewesen sein mag, ein Haus aus der friderizianischen Zeit, zweistöckig, behäbig anzusehen, die gelben Wände mit Stuckzierat, Girlanden im Geschmack des vorigen Jahrhunderts; aber in dem tiefen Hof, in welchen man durch eine stets geöffnete Einfahrt blickenkann, von hohen Hintergebäuden umgeben, lagern allerlei Kisten und Fässer, die auf etwas sehr Gutes schließen lassen, und im Erdgeschoß des Vorderhauses sind die Läden von Gerold. – »Gerold Unter den Linden«, jeder Berliner weiß, was das zu bedeuten hat: Zigarren, Wein, Kaffee, Tee, Zucker und sonst noch viel angenehme Dinge. Kein Wunder daher, daß in diesem Hause Heine solche Gedanken kamen:
    Die Pflastersteine auf der Straß,
Die sollen jetzt sich spalten,
Und eine Auster, frisch und klar,
Soll jeder Stein enthalten.
    Ein Regen von Zitronensaft
Soll tauig sie begießen,
Und in den Straßengössen soll
Der beste Rheinwein fließen.
    Wie freuen die Berliner sich,
Sie gehen schon ans Fressen;
Die Herren von dem Landgericht,
Die saufen aus den Gössen.
    Wie freuen die Poeten sich
Bei solchem Götterfraße!
Die Leutnants und die Fähnderichs,
Die lecken ab die Straße.
    Die Poeten hätten sich's schon gefallen lassen, und auch mit den Herren vom Landgericht ging es noch; aber mit den Leutnants und den Fähnrichs war es doch eine andere Sache, die scheinen den Spaß übel vermerkt zu haben, und es ist Tatsache, daß Heine, nachdem das ominöse Gedicht in Berlin bekannt geworden, für gut befand, sich bei seinem Vetter, Hermann Schiff, zu verstecken. Schiff, ein höchst origineller Kauz, der sehr vielTalent und noch mehr Pech auf Erden gehabt, Verfasser des in seiner Art klassischen Büchleins von »Schief-Levinche mit seiner Kalle«, welches – noch nicht einmal unter seinem wahren Namen, sondern pseudonym erschienen – von denen, die es verstanden, nicht gelesen, und von denen, die es gelesen, nicht verstanden worden ist, hielt sich mit Heine zusammen »studierenshalber« in Berlin auf und wohnte, wie dieser, nur ein paar Nummern weiter, gleichfalls Unter den Linden, in dem ehemals Schlesingerschen Haus an der Ecke der Lindengasse, von deren Existenz wohl nur wenige wissen, obwohl Tausende täglich daran vorbeigehen: einem Sackgäßchen zwischen dem Hôtel du Nord und ebendiesem Hause, das längst das alte nicht mehr ist. Doch ich erinnere mich seiner noch sehr wohl, der breiten Steintreppen, die zu demselben hinanführten, der berühmten Musikalienhandlung im hohen Parterre und ihres Chefs, des gemütlichsten und freundlichsten aller alten Herren und Junggesellen, bei dem ich so manchmal in seinen komfortablen Räumen gesessen, wenn er mir seine reiche Sammlung von Autographen zeigte, bei jedem Blatt mir eine amüsante Geschichte oder Anekdote erzählend – die amüsantesten von Heine selbst, »dem Schlingel«, wie er sagte. Denn er hatte ihn noch persönlich, in seinen jüngeren Jahren, gekannt und durfte sich's darum erlauben. Hier nun, in diesem Haus, aber etwas höher; in einem Dachstübchen, wohnte Schiff, der den Vetter bei

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