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Bilder aus der Anderwelt

Bilder aus der Anderwelt

Titel: Bilder aus der Anderwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Stunden, habe ich keine Wahl als meine Kampfhunde von der Leine zu lassen, und das wird mich in vielen Gegenden nicht eben beliebt machen. Enttäuschen Sie mich nicht, oder ich werde sicherstellen, dass man einzig Ihnen die Verantwortung für den Schlamassel zuschiebt."
    Suzie taxierte Walker ruhig, und das musste man dem Mann lassen, Walker zuckte nicht zusammen.
    „Wenn Sie Jagd auf John machen”, sagte Suzie kalt, „machen Sie auch Jagd auf mich."
    „Früher oder später eröffne ich die Jagdsaison auf jeden", entgegnete Walker.
    „Unter Druck?", fragte ich gedankenverloren, und er sah mich an. Ich lächelte in sein ruhiges, gefasstes Gesicht.
    „Druck von wem? Wem dienen Sie, jetzt da die Autoritäten tot im Topf sind?"
    Doch er lächelte nur kurz, nickte mir zu und zog seine Melone vor Suzie. Dann drehte er sich um, ging weg, und die Nacht verschlang ihn ohne große Eile.
    Suzie und ich gingen ins Spinnennetz. Eine Art gehobene Cocktailbar, die Max gehörte, seit er den Vorbesitzer getötet, ausgestopft und als Trophäe ausgestellt hatte; die Bar war weithin als sein Stammsitz bekannt, wo er Geschäfte mit den armen Seelen tätigte, die vor ihn traten. Als wir ankamen, war die Bar schon äußerst gründlich auseinander genommen worden. Ein paar Trümmer rauchten noch. Suzie zog mit einer gewohnten Bewegung ihre Flinte aus dem Rückenhalfter und übernahm die Spitze, als wir durch die eingetretene Vordertür traten.
    Die Lobby war komplett zerstört, überall lagen Leichen. Keiner von ihnen war ein einfacher Tod gegönnt gewesen. Blut hatte sich tief in den Teppich gesogen, war die Wände hochgespritzt und hatte sogar an der Decke Spuren hinterlassen. Abgetrennte Hände lagen in Haufen in den Ecken, und allen Köpfen waren die Gesichter abgetrennt worden. Suzie und ich bewegten uns behutsam z wischen den Körpern, doch nichts regte sich. Das Mobiliar sah aus, als wäre es in die Luft gesprengt worden.
    Max' Büro hinten im Club sah nicht viel besser aus. Kein Blut und keine Leichen, was wiederum ein Zeichen dafür war, dass Max rechtzeitig rausgekommen war. Ein Stapel Tarotkarten war über die Oberfläche eines riesigen, alten Mahagonischreibtischs verstreut, der völlig zwanglos in zwei Teile gespalten worden war.
    Dicke Schichten Efeu rankten sich an allen vier Wänden empor, wie man hörte ein Teil von Max' Frühwarnsystem; doch auch er war komplett abgestorben, verwelkt, als hätte ihn ein schrecklicher Frost getroffen. Hier und da hatte etwas tiefe Klauenspuren im Efeu und dem Holz darunter hinterlassen. Der nackte Boden war übersät mit kabbalistischen Symbolen, eine ganze Reihe überlappender Verteidigungsmechanismen.
    Augenscheinlich waren die ja auch wahnsinnig effektiv gewesen.
    „Dieser Mann muss völlig paranoid gewesen sein, bei all diesen Verteidigungsmaßnahmen an einem einzigen Ort", sagte Suzie.
    „Er hatte gute Gründe", meinte ich. „Götter mögen es echt nicht, wenn ihre Anhänger den eigenen Status vergessen und selbst die Muskeln spielen lassen."
    Ich rief meine Gabe, und die Welt um mich veränderte sich. Ich konnte meine Gabe nicht verwenden, um Max' derzeitige Position zu bestimmen; ich brauchte eine spezifische Frage, um eine spezifische Antwort zu erhalten. Aber es gibt mehr als einen Weg, jemanden zu entdecken, der nicht gefunden werden will. Ich öffnete mein inneres, drittes Auge und sah die Welt, wie sie wirklich war. Es passiert viel um uns herum, das uns nicht bewusst ist, und wahrscheinlich ist das auch besser so. Hätten die Menschen gewusst, mit wem oder mit was wir diese Welt teilen, hätten sie sich wahrscheinlich eher den eigenen Kopf abgerissen, als es zu sehen.
    Im Büro befanden sich Dinge um uns herum, die auf den Menschen unbekannten Strömungen dahinglitten, die den Äther füllten wie die winzigen Kreaturen, die in einem Tropfen Wasser umherwimmelten und sich vermehrten - und genau so hässlich waren. Ich fokussierte meine Gabe und konzentrierte mich auf Max, und sein Geisterabbild erschien vor mir - seine Vergangenheit, eingeprägt in die Zeit. Max war genauso gewaltig, wie alle gesagt hatten. Ein Riese von einem Mann, groß und bedrohlich selbst in diesem halb durchsichtigen Zustand. Gute zwei Meter vierzig, mit beeindruckend breiten Schultern und einer ebensolchen Brust. Er trug einen perfekt geschnittenen, sahnefarbenen Anzug, wahrscheinlich als Kontrast zu dem tiefen Schwarz seines grobschlächtigen, schroffen Gesichts. Er sah aus wie aus Stein

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