Bilder von dir: Roman (German Edition)
seinem Stuhl zurück. »Ich habe eingewilligt mitzuhelfen, aber es muss schon noch eures sein. Also solltet ihr euch auch die Stücke aussuchen, die ihr verwenden wollt, und mit der Arbeit anfangen, ich werde einspringen, falls und wenn mein Rat gefragt ist.«
»Aber es ist ein Gruppenprojekt, und unsere Gruppe hat uns sitzen lassen.« Oneida ließ mit einem Knall die Schere fallen. »Außerdem laufen Gruppenprojekte ohnehin nie so ab, dass alle mit anpacken. Am Ende bleibt die meiste Arbeit immer an einer Person hängen, und das bin für gewöhnlich ich, weshalb es nett wäre, wenn ich mal verschont bliebe.«
»Kann ich verstehen«, sagte Arthur.
Oneida machte ein entsetztes Gesicht, aber Eugene hätte nicht sagen können, ob die Solidarität eines Erwachsenen sie erstaunte, oder speziell die von Arthur. Mal abgesehen von allen Vermutungen, kannte er nur die dürftigsten Einzelheiten, die Arthurs Anwesenheit im Darby-Jones erklärten (den Gesprächen des gestrigen Tages entlehnt, die darauf hinausliefen, dass er ein Mieter, den meine Mutter vögeln möchte und ein hochgradiger Freak war), was ihn faszinierte. Dass man sich Wohnraum mit Leuten teilte, die nicht mit einem verwandt waren und einem dafür Geld gaben, war Eugene völlig fremd. Die sich daraus ergebenden praktischen Möglichkeiten fesselten und erschreckten ihn gleichermaßen. Was würde man selbst über die Fremden erfahren, und was erfuhren sie über einen? Wie konnte man etwas vor anderen geheim halten, wenn man sich das Badezimmer teilte, dieselben Müslischalen und Sofas benutzte? Er wusste, dass die Familie Wendell aus purer Notwendigkeit verschlossener war als die meisten, dass die Glaskugel, in der seine Familie saß, undurchdringlich sein sollte, aber dennoch fand er es aufregend, wenn auch ein wenig erschreckend, sich vorzustellen, wie das Alltagsleben für Oneida aussah. Kein Wunder, dass sie so nervös war.
»Lass mal sehen, was du mitgebracht hast«, sagte Arthur.
Eugene grinste. Arthurs Lebensumstände mochten geheimnisvoll sein, aber der Mann selbst war – wie Eugene sofort wusste, als er Arthurs Zimmer betrat – vollkommen durchschaubar: Er verfügte über die zwanghafte Gabe, zufällige Gegenstände in Szene setzen zu können, und dies genau in dem Augenblick von Eugenes Leben, da ebendiese zwanghafte Gabe gefragt war. Außerdem war Arthur Rook absolut gaga – wenn auch auf sanfte, gewaltfreie Art –, und Eugene, der die schwachen Punkte eines Menschen immer sehr schnell erkannte, hatte vor, ihn wie eine Fender Stratocaster zu spielen.
Eugene öffnete eine Papiertragetasche und schüttete eine Auswahl aus dem cornellschen Koffer auf Oneidas Esszimmertisch. Und genauso wie Eugene das vorhergesehen hatte, war es um Arthur Rook geschehen.
» Wow !« Arthur erhob sich. »Woher hast du das alles – das ist alt, antik, vielleicht nicht wertvoll an sich, aber es ist unglaublich. Woher hast du das?«
»Haushaltsauflösung«, sagte Eugene. »Mein Dad geht auf Haushaltsauflösungen. Ist eine Art Hobby von ihm.«
Oneida streckte ihre Arme über den Tisch und schnappte sich ein Blatt Papier, das vor Jahrzehnten aus einer Zeitschrift herausgerissen worden war: eine vergilbte Werbung für einen Eisschrank für drinnen.
»Weiß er denn, dass du das für ein Schulprojekt verwendest?«
Eugene nickte. Von allen Lügen, die er an diesem Tag erzählte, war dies die einzige, die ihm Kopfzerbrechen bereitete. Er würde gern glauben, dass Arthur so viel Vertrauen in ihn hatte, diesen seinen Plan zweihundertprozentig zu unterstützen, aber Eugene konnte es sich nicht leisten, dieses Risiko einzugehen; er würde das durchziehen, Punkt. Oder sollte Eugene Wendell etwa eine riesige Leuchtschriftbotschaft auf dem Großbildschirm des Universums ignorieren? Die Sache war viel zu wichtig, und er war sich seiner selbst viel zu sicher, um ins Wanken zu geraten. Und wenn alles gut ging (wovon er ausging), wäre das Erstaunen außerdem nur umso größer, wenn er Astor damit überraschte.
»Ich habe eine Schachtel mitgebracht …« Er stellte seinen Rucksack auf den Kopf, um die Müslischachtel herauszuholen, deren Vorderseite er sorgsam ausgeschnitten hatte. »Ich habe mir gedacht, wir könnten das alles hier reinsetzen und es dann mit Plastikfolie abdecken oder so. Ta-tam! Instant Cornell.«
»Und wie läuft es hier?« Monas Stimme ließ Eugene aufmerken. Sie hatte ihm die Tür geöffnet, als er kam, und trotz einer absolut normalen Begrüßung
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