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Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Racculia
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aufzunehmen? Und dir nie von ihr erzählt hat und in all den Jahren nicht ein Mal mit mir gesprochen hat?« Mona schnippte mit ihrem Daumen gegen den Rand der Karte, und das alte Papier bog sich durch. »Sie wollte gar nicht, dass sie es erfuhr. Wollte sie nicht kennenlernen . Und ich wollte nicht, dass Oneida erfährt, dass ihre Mutter … ihre Mutter« – Mona schluckte –, »ihre Mutter sie einfach weg …«
    Sie sprach nicht weiter. Und ehe Arthur überhaupt realisierte, was geschah, machte Mona mit dem linken Fuß einen Ausfallschritt und trat mit dem rechten voller Wucht gegen den Schuhkarton. Sie traf die überstehende Ecke und katapultierte den sich drehenden und explodierenden Karton in die Luft. Postkarten, Ausschnitte und Fotos flogen hoch und trudelten träge nach unten; Stimmungsringe und Schlüsselanhänger und Knöpfe prallten vom Tisch und der Couch ab und jagten dahin wie Granatsplitter. Das meiste davon landete auf Arthur. Er saß ganz still mit noch immer blutender Nase da, bedeckt vom Konfettiregen fremder Erinnerungen. Hinweise, die ihn neugierig gemacht, ihn inspiriert und ihm Gesellschaft geleistet hatten, an sich jedoch bedeutungslose Objekte waren: die zwar zu Orten oder Menschen führen konnten, ihm aber niemals deren Geheimnisse verraten würden.
    »Sie hat all diesen Mist aufbewahrt, aber ihre Tochter hat sie weggeworfen.« Und dabei zerriss Mona die Postkarte in drei Teile und warf die Stücke in die Luft.
    Arthur wagte nicht, sich zu bewegen.
    »Ich bin nicht glücklich darüber, dich geschlagen zu haben.« Sie verschwand im Badezimmer und kam mit einem Taschentuch zurück. »Aber leid tut es mir auch nicht.«
    Er nahm das Taschentuch und tupfte sich damit die Nase ab, achtete dabei aber auf nichts anderes als das merkwürdige neue Gefühl in seinem Körper, der sich roh und schutzlos anfühlte. Offen. Als wären seine Rippen aufgebrochen und Herz und Innereien den kalten Winden der Welt ausgesetzt; und wenn er nicht bald die Teile von Amy von seinem Körper wischte, kröchen sie in ihn hinein, um dort zu erstarren und ihn zu verschließen wie eine Flasche, für immer.
    »Max hat gerade von unterwegs angerufen. In etwa zwei Stunden wird er hier sein«, sagte Mona. »Pack zu Ende.«
    Sie schloss die Tür hinter sich, als sie ging.
    Max brachte Amy mit. In einem braunen Paket, das er Arthur aushändigte – nachdem er ihn so herzlich umarmt hatte, dass Arthurs Augen brannten – in einer kleinen versilberten Dose befand sich die Asche von Amy Henderson Rook.
    »Asche?«, wunderte sich Arthur. Es gefiel ihm nicht, dass die Dose so schwer war. Oder besser, wie wenig schwer sie war.
    Max legte den Kopf schief. Er saß auf Arthurs grünem Zweisitzersofa, Harryhausen ruhte komatös in seinem Schoß. »Erinnerst du dich noch, wie wir beim Beerdigungsinstitut waren?«
    Arthur hörte das leise Vibrieren von Kristall, aber diesmal spulte sein Gehirn den ganzen Film ab, anstatt die Szene wegzuschneiden, und er sah, was nach dem Leichenschauhaus passiert war – als Max mit ihm zum Bestatter ging. Stantz hatte es nicht ausgehalten, hatte sie verlassen, um zu seiner eigenen, noch lebenden Frau zurückzukehren, aber nicht ohne Arthur noch eine Anekdote mit auf den Weg zu geben: dass Amy immer scherzte, sie wolle für ihre Geschöpfe Begräbnisse auf Wikingerschiffen, die in Brand gesteckt dann das Rinnsal des L. A. -Flusses hinabtrieben, nachdem ihre Filme abgedreht waren. »Ich bin mir nicht sicher, ob sie es je getan hat, doch manchmal sind ihre Kreaturen einfach verschwunden. Ich weiß auch nicht, warum mir das ausgerechnet jetzt einfällt«, sagte Stantz und schüttelte den Kopf, weil er natürlich genau wusste, warum er daran gerade jetzt gedacht hatte, aber die entsprechenden Worte nicht über die Lippen brachte.
    Es gab dort eine plumpe Kristallvase – eigentlich keine Vase, sondern eine Schale – mit ein paar weißen Votivkerzen, die in Wasser schwammen. Sie stand auf einem Beistelltisch im Flur vor dem leeren Schauraum, wo Max sich leise mit einem sehr großen Mann in einem langweiligen Anzug unterhielt. Arthur hatte eine Fingerspitze in das Wasser getaucht und damit am Rand der Vase entlanggestrichen, die einen so tiefen Ton von sich gab, dass er glaubte, er habe ihn sich nur eingebildet. Der Ton stieg an, obwohl Arthur sich gar nicht mehr in der Nähe der Vase befand, als der Mann in dem drögen Anzug fragte, ob er es vorzöge, die sterblichen Überreste einbalsamieren oder

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