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Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Racculia
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stapelte sie ordentlich in den Tiefen seines riesigen Rucksacks, der noch immer einen schwachen Katzengeruch verströmte und diesen wohl auch nie ganz verlieren würde. Er legte das gestreifte Button-down-Hemd, das Monas Vater gehört hatte, zusammen und auf die Kommode, überlegte es sich dann aber anders, da es einen Streifen seines Blutes über der Brust hatte – etwas persönlicher als ein Lacoste-Logo. Darum sollte Mona sich nicht kümmern müssen. Außerdem konnte ein kleines Souvenir nicht schaden.
    Mit jeder Socke und jedem T-Shirt, das er ordentlich verstaute, fühlte er sich einsamer.
    Er hatte nichts, wo er hingehen konnte. Keine Bleibe.
    Natürlich könnte er zurück nach Los Angeles gehen. Sich bei seinem Chef und bei Max entschuldigen und es wiedergutmachen und seine Arbeit wieder aufnehmen. Sich mit dem Verbleib von Amys Leiche beschäftigen. Aber niemals wäre Arthur in der Lage, in seiner Küche zu kochen, ohne dabei an seine mit baumelnden Beinen auf der Theke sitzende Frau denken zu müssen, ohne ihre Knie zu spüren, die sich an seine Hüften drückten, und die Vanilleeiscreme zu schmecken, die sie ihm in den Mund löffelte. Niemals könnte er seine Zähne putzen, ohne Amys Spiegelbild neben ihm zu sehen, wenn sie mit der Mundspülung gurgelte. Nie würde er in seinem Bett schlafen können, ohne sie im Schlaf seufzen oder kichern zu hören, worüber er sich immer kaputtgelacht hatte. Los Angeles war schon immer eine Stadt der Geister, Zombies und Phantome gewesen, aber jetzt hatten sie sich in seiner Wohnung einquartiert. Und mit so viel Spuk zu leben, konnte Arthur sich nicht vorstellen.
    Er könnte zurück nach Boston gehen, nach Somerville. Seine Eltern – gut, seine Mutter – würde ihn mit offenen Armen und regelmäßigen Mahlzeiten aufnehmen, und sein Vater würde ihm ein Bier in die Hand drücken und sie würden sich gemeinsam die Red Sox im Fernsehen anschauen. Sein Bruder David und seine Schwägerin Denise würden ihn zu Partys einladen und ihm jedes Wochenende neue, nette Mädchen vorstellen. Amy würde mit keinem Wort mehr erwähnt werden. Ihr Name würde nicht mehr fallen. Seine Familie hatte seine Hochzeit zwar in praktischer Hinsicht unterstützt, aber er wusste sehr wohl, dass seine Mutter darunter litt, dass er heimlich geheiratet hatte (bis David ein Jahr später mit viel Trara heiratete, wonach es ihr dann nichts mehr auszumachen schien). Aber Arthur wusste, dass keiner von ihnen es verstand – keiner von ihnen sie verstand. Sie repräsentierte all das an Arthur, was seine Familie an ihm tolerierte, weil sie davon ausging, er würde daraus herauswachsen. Sie würden seine Rückkehr als etwas ganz Natürliches und voller Erleichterung aufnehmen, und sein Leben mit Amy verschwände in den Apokryphen der Familie. Und in zehn Jahren würde Arthur neben einer netten Person aufwachen, die er geheiratet, und mit der er mehrere nette Kinder hatte, und er würde sich fragen, ob er jemals irgendwo anders und anders als jetzt gelebt hatte.
    Eine Zukunft, die gar nicht so schlecht war, überlegte er. Er wünschte sich nur, darin wäre auch Platz für seine Vergangenheit.
    Harryhausen heulte.
    Er könnte bleiben.
    »Nein«, sagte er laut. Er konnte unmöglich hierbleiben. Er hatte dieser Welt schon genug Schaden zugefügt – dieser Welt, die kaum real war, die sich bei der kleinsten Provokation mit einem Zwinkern verabschieden könnte. Arthur folgte Harrys Miauen in das heitere Vorderzimmer, das leicht schäbig war, aber gemütlich und von ihm geliebt wurde, und da wusste er, dass er bleiben wollte, unbedingt hierbleiben wollte. Er war immer schon mehr in seinen Träumen als im wirklichen Leben zu Hause gewesen.
    Es klopfte an seiner Tür.
    Im Flur stand Mona, genauso wie ihre adoptierte Tochter – nein, ihre Schwester  – dort tags zuvor gestanden hatte. Seit er Oneida die Wahrheit gesagt hatte, hatte er noch keine Gelegenheit gehabt, mit Mona zusammen zu sein, sich wirklich mit ihr zu treffen – nur sie beide unter vier Augen. Mona hatte nicht verlangt, dass er Stillschweigen gelobte, aber Arthur wusste, dass sie ihm die Wahrheit über Oneidas Geburt im Vertrauen erzählt hatte, und jetzt musste er Mona als jemand in die Augen schauen, der ihr Vertrauen missbraucht hatte. Sie sah älter aus. Zerbrechlicher und menschlicher. Wirkte nicht mehr wie ein zu groß gewordener Teenager, sondern eher wie die Erwachsene, die dieser zu groß gewordene Teenager in den vergangenen

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