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Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justinus Kerner
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schrieb der damalige dänische Geschäftsträger
Rist
in
Hamburg
an Reinhold nach Paris folgendes:
    »Hamburg, den 12. April 1812.
    Sie werden Mühe gehabt haben zu glauben, daß die Hand des Todes so schnell, dieses vor allen andern regsame Leben bezwungen, diesen Feuerbehälter erstarrend gemacht. Wenn Sie unsern Freund in den letzten Monaten gesehen hätten, wäre es Ihnen leichter begreiflich. Mehr als seine Klagen und Prophezeiungen eines nahen Endes, erschreckten mich oft die abwechselnde gänzliche Mattigkeit und Erschlaffung, die mit dem tiefsten Unmut über alles was ihn umgab, abwechselte. Hoffnungslos auf eine bessere irdische Zukunft, schien er dazustehen nur für andere, denen er mit eigener Zerstörung zu helfen fortfuhr. Am Tage, wo er mit einem schleichenden Fieber, das ihn eigentlich schon lange gepackt hatte, nach seinen letzten rasenden Ritt nach der hohen Luft (?) machte, am 30. März, und sich dann mit heftigem Fieber nachmittags zu Bett legte, soll schon sein Tod für die Ärzte gewiß gewesen sein. Ich ahnte nichts Ähnliches, denn oft erschien er mir an einem Tage sehr krank und am andern Tage sah ich ihn wieder zu Pferd. Wir Freunde hielten ihn für unüberwindlich, aber am 7. nachmittags schlief er sanft ein.
Pfaff
(Professor in Kiel, sein akademischer Freund und Landsmann) war noch gekommen, und er soll sich dessen noch sehr gefreut haben. Er hatte seine Krankheit für ansteckend gehalten und wahrscheinlich ist es allerdings, daß er im Zuchthause, wo er eine große Anzahl Nervenfieberkranke zu behandeln hatte, den Samen der Krankheit in einem nur zu wohl vorbereiteten Körper aufgenommen hat.
    Gestern morgen traten wir die letzte Wallfahrt mit unserm Freunde an, der Schwager
Dunker
und die andern Verwandten, Wächter und ich, in tiefer Trauer im Herzen und Tränen in den Augen. Etwa zwanzig seiner Freunde folgten ihm zum Petrikirchhofe außer dem Dammtore, Christen und Juden. Für mich war diese Stunde doppelt feierlich, es war gestern der Todestag meines Vaters. Wir wandelten hinter dem Sarge her, an
Runges
Grab vorbei, an dem
Perthes
und ich stille standen. Nahe bei einander ruhen die ungleichen Menschen, beide mir teuer und wert wie wenige. Der eine auf die Erde angewiesen, die er durch seine Tätigkeit zu erfüllen strebte, die immer nach außen dringend zu oft keinen andern Mittelpunkt kannte, als den eines
beispiellos hülfreichen
Herzens. Der andere bald den Blick nach innen, bald nach oben gewandt und deshalb befriedigt in seinen Beziehungen mit dem Irdischen, die, ein leichter Dunstkreis, den stillen festen Kreis zu umgeben schienen. Dichte, große leicht herabfallende Schneeflocken, zogen einen Schleier über unser ernstes Werk. Viele aufrichtige Tränen wurden geweint und ich brachte reichlich das Opfer der meinen der dreifachen Totenfeier.
    Zu dieser historischen Skizze will ich noch hinzufügen, zur Ehre der Hamburger, daß unserem Freunde allgemeines Bedauern mit ins Grab folgte; selbst die unheilbarsten Philister sind versöhnt mit ihm durch den Tod und wer seiner Sonderbarkeiten, seiner Wildheit erwähnt, gedenkt auch seiner Milde, Liebe und Treue, seiner unüberwindlichen Tätigkeit, seiner uneigennützigen Wohltätigkeit gegen die Armen.
    Unter diesen besonders ist ein allgemeiner Jammer um ihn, wie mir Senatoren und Ärzte sagen. Ich selbst aber bitte Gott seit er tot ist, er möge mich nicht krank werden lassen, ich würde mich ohne seine Sorgfalt sehr verlassen glauben von der Hülfe der Menschen.« – So weit der dänische Freund.
    Gleich nach dem Tode meines Bruders erschien nachstehender, von den Senatoren und Bürgern der Stadt Hamburg veranlaßter Artikel im Hamburger Korrespondenten:
    Hamburg vom 10. April 1812.
    »In der Blüte seiner Jahre, in der schönsten Periode des Lebens, wo der Mann seine Kraft im rühmlichen Wirkungskreise herrlich entfaltet, ward uns vorgestern Herr Doktor Georg
Kerner,
ausübender Arzt und Geburtshelfer, entrissen. Von jenem warmen Eifer für seine Kunst erfüllt, ohne welche sie nur eine tote Wissenschaft ist, starb er, ein Opfer seines schönen Berufs. Mit Recht war daher sein Name unter den ausgezeichnetsten dieser Stadt genannt. Freund alles Schönen, Beförderer alles Guten, ward er von allen denen geschätzt, die übereinstimmend mit ihm dachten, vereint mit ihm wirkten, und sein Verlust wird um so lebhafter empfunden, je seltener die Menschen sind, die bei so vielseitiger Ausbildung und gleicher Reife des Geistes von einem so

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