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Billard Um Halb Zehn: Roman

Billard Um Halb Zehn: Roman

Titel: Billard Um Halb Zehn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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nicht in Seligkeit oder Trauer auseinander und machte das Herz nicht bang; das Herz war nicht beteiligt: Dort hatte er im Abenddämmer gestanden, zwischen dem Gästehaus und der Abtei, wo jetzt der Haufen violetter, scharf gebrannter Ziegel lag; neben ihm General Otto Kösters, dem sich Schwachsinn in einer einzigen Formel eingeprägt hatte: Schußfeld; Hauptmann Fähmel, Oberleutnant Schrit und die beiden Fähnriche Kanders und Hochbret; mit todernstem Gesicht hatten sie Schußfeld-Otto die Notwendigkeit eingeredet, selbst vor solch ehrwürdigen Gebäuden nicht inkonsequent zu werden; legten andere Offiziere Protest ein, warfen sich tränenselige Mörder ins Zeug für die Kultur, die hier zu retten sei, sprach einer das böse Wort aus: Hochverrat; aber keiner wußte so scharf, so fließend und logisch zu argumentieren wie Schrit, der in eindringlichen Worten dem zögernden General die Notwendigkeit der Sprengung suggerierte: ›Und wäre es nur, um ein Beispiel zu geben, daß wir noch an den Sieg glauben, Herr General, ein solch schmerzliches Opfer würde der Bevölkerung und den Soldaten klarmachen, daß wir noch an den Sieg glaube‹, und schon kam das geflügelte Wort: ›Meine Entscheidung ist gefallen; sprengen Sie, meine Herren. Wenn es um den Sieg geht, dürfen wir selbst unsere geheiligten Kulturgüter nicht schonen; ans Werk denn, meine Herren‹; Hände an die Mützen, Hacken zusammen.
    War er je neunundzwanzig gewesen, je Hauptmann, hatte je mit Schußfeld-Otto an dieser Stelle gestanden, wo der neue Abt lächelnd den Vater begrüßte:
    »Wir sind sehr glücklich, Herr Geheimrat, daß Sie uns wieder einmal die Freude eines Besuchs machen; sehr erfreut, Ihren Sohn kennenzulernen; Joseph ist ja schon fast wie ein Freund für uns, nicht wahr, Joseph? Eng ist das Schicksal unserer Abtei
    mit dem Schicksal der Familie Fähmel verwachsen - und Joseph ist sogar, wenn ich mir gestatten darf, solche privaten Dinge zu erwähnen, Joseph ist hier sogar von Amors Pfeil getroffen worden; sehen Sie, Herr Doktor Fähmel, die jungen Leute werden heutzutage nicht einmal rot, wenn man von solchen Sachen spricht; Fräulein Ruth und Fräulein Marianne, leider muß ich Sie vom Rundgang ausschließen.«
    Die Mädchen kicherten; hatten nicht Mutter, Josephine, sogar Edith an dieser Stelle gekichert, wenn sie vom Männerbund ausgeschlossen wurden? Man brauchte im Fotoalbum nur die Köpfe und die Moden auszuwechseln.
    »Ja, die Klausur ist schon bezogen«, sagte der Abt, »hier unser Augapfel, die Bibliothek - bitte hier herum, die Krankenzelle, zum Glück im Augenblick unbewohnt...«
    Nie war er hier mit Kreide von Punkt zu Punkt gegangen, hatte seine geheimen Mischungen aus XYZ an die Wände geschrieben, den Code des Nichts, den nur Schrit, Hochbret und Kanders zu entziffern verstanden; Mörtelgeruch, Geruch frischer Farbe, frisch gehobelten Holzes.
    »Ja, das wurde dank der Aufmerksamkeit Ihres Enkels - Ihres Sohnes vor der Zerstörung bewahrt; das Abendma hlsbild hier im Refektorium; wir wissen wohl, daß es keine kunstgeschichtliche Rarität ist - Sie verzeihen mir diese Bemerkung, Herr Geheimrat
    -, aber selbst die Produkte dieser Malerschulen beginnen selten zu werden, und wir haben uns immer der Tradition verpflichtet gefühlt; ich muß gestehen, daß mich die Detailtreue dieser Maler heute noch entzückt - Sehen Sie hier, mit welch einer liebevollen Sorgfalt gemalt, Sankt Johanns und Sankt Peters Füße, die Füße eines älteren und eines jüngeren Mannes; Treue im Detail.«
    Nein, hier hatte niemand Es zittern die morschen Knochen gesungen; keine Sonnwendfeuer; nur Traum. Distinguierter Herr, Anfang Vierzig, Sohn eines distinguierten Vaters, Vater
    eines frischen, sehr intelligenten Sohnes, der lächelnd dem Rundgang beiwohnte, obwohl ihn das Unternehmen sehr zu langweilen schien; jedesmal, wenn er sich Joseph zuwandte, sah er nur ein freundliches, etwas müdes Lächeln auf dessen Gesicht.
    »Wie Sie wissen, waren nicht einmal die Wirtschaftsgebäude verschont geblieben; wir haben sie als erste wieder aufgebaut, weil sie uns die materielle Vorbedingung für einen glücklichen neuen Start zu gewährleisten schienen; hier der Kuhstall; natürlich melken wir elektrisch; Sie lächeln - ich bin sicher, unser heiliger Vater Benedikt hätte nichts gegen elektrisches Melken einzuwenden gehabt. Darf ich Ihnen hier einen bescheidenen Imbiß servieren lassen? - einen Willkommensgruß, unser berühmtes Brot, unsere berühmte Butter

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