Bille und Zottel 04 - Applaus fuer Bille und Zottel
geh nur. Du siehst ja, er folgt mir wie ein Hündchen.“
„Wenn ich die ganze Zeit so gekrault würde, würde ich dir auch folgen wie ein Hündchen. Also macht’s gut, ihr beiden. Gute Nacht!“
„Du, Karlchen! Kannst du nicht schon mal bei uns anrufen und Mutsch und Onkel Paul auf meine Ankunft vorbereiten? Damit sie nicht gleich vom Stuhl fallen.“
„Okay, mach ich.“
„Danke. Gute Nacht!“
Bille sah Karlchen nach, wie er auf dem Hof seiner Eltern verschwand, sie wartete, bis sie die Tür quietschen hörte und das Licht im Hausflur aufflammte. Das Telefon befand sich im Flur gleich neben der Küchentür. Wenn er sofort anrief, wußten Mutsch und Onkel Paul in zwei Minuten, was an diesem Nachmittag alles geschehen war.
Als Bille zu Hause ankam, stand Mutsch bereits in der Tür. „Mein Gott!“ murmelte sie nur, als sie das elende Pony sah.
„Mein Gott! Wie kann ein Mensch so etwas tun?“
„Meinst du, ich kann Dr. Dörfler noch anrufen?“
„Das mußt du sogar. Es hat Fieber. Morgen ist es vielleicht schon zu spät!“
Mutsch half Bille, das Pony in Zottels Stall zu bringen. Bille schüttete etwas Kraftfutter in den Trog und stellte einen Eimer Wasser vor das Tier. Das Pony trank ein paar Schlucke, das Futter rührte es nicht an.
„Ich geh telefonieren“, sagte Mutsch. „Und dann mache ich einen Kamillensud, damit kannst du ihm die Augen und die Nüstern auswaschen. Bleib du solange bei ihm.“
„Ist gut.“
Bille nahm einen Strohwisch und begann, den mageren Körper des Ponys damit zu massieren. Sie wußte nicht, ob es einen Sinn hatte, sie hatte nur das Bedürfnis, Leben in diesen kleinen, heruntergekommenen Körper zu bringen.
„Was ist es denn? Eine Stute?“ kam Onkel Pauls Stimme aus dem Hintergrund.
„Ein Wallach. Isländer vermutlich. Wenn wir ihn jemals wieder sauberkriegen, kommt wahrscheinlich ein Schimmel zum Vorschein.“
Onkel Pauls mächtige Gestalt schob sich durch die kleine Stalltüre. Kopfschüttelnd starrte er auf das kranke Pony.
„Du, Onkel Paul? Was machen wir denn nun — ich meine, müssen wir den Vorfall der Polizei melden? Und was wird, wenn sie die Leute finden, die ihn ausgesetzt haben? Müssen die das Pony dann wieder zu sich nehmen?“
Onkel Paul lächelte.
„Ich weiß schon, worauf du hinauswillst. Ja, melden müssen wir das auf jeden Fall. Aber ich glaube nicht, daß du ihn wieder hergeben mußt —wenn er überlebt.“
Bille strahlte ihren Stiefvater an.
„Danke, Onkel Paul. Du bist einfach ganz große Klasse — immer wieder von neuem! Ich bin froh, daß wir dich geheiratet haben.“
„Na, was meinst du, wie froh ich bin, daß ihr mich endlich genommen habt“, sagte Onkel Paul lächelnd. „Wurde ja auch höchste Zeit.“
„Dr. Dörfler wird in einer Viertelstunde hier sein“, rief Mutsch schon von weitem. „Bis dahin sollen wir nichts unternehmen. Er will das Tier erst untersuchen.“
„Gut. Ich bleibe solange bei ihm. Ich glaube, es gefällt ihm, wenn ich ihn abreibe.“
„So viel Liebe hat er vermutlich sonst im ganzen Jahr nicht erfahren“, murmelte Onkel Paul.
Die Diagnose des Tierarztes stand schnell fest.
„Eine verschleppte Bronchitis“, sagte er, nachdem er das Pony gründlich untersucht hatte. „Außerdem hat es Würmer — in gefährlichem Ausmaß, fürchte ich. Ich werde sofort eine Kotuntersuchung veranlassen, damit ich weiß, welche Mittel ich ihm geben kann. Es war keine besonders gute Idee, ihn in Zottels Stall zu bringen“, sagte er zu Bille gewandt. „Obgleich ich dich natürlich verstehen kann. Aber du wirst den Stall gründlich desinfizieren müssen, bevor du Zottel hier hereinbringst. Ein solcher Wurmbefall ist sehr ansteckend, und es gibt noch kein hundertprozentig sicheres Mittel dagegen.“
„Das heißt, wir müssen das Pony zunächst mal von allen anderen Pferden isolieren?“
„Auf jeden Fall.“
„Glauben Sie, daß es gesund wird?“
„Ich denke schon. Bei deiner Pflege - aber du mußt Geduld haben. Wahrscheinlich hielten seine Besitzer es ständig in einem total veschmutzten, schlecht gelüfteten Stall — ohne Bewegung — und bei falscher und völlig unzureichender Fütterung. Möglicherweise haben die Kinder die Auflage bekommen, allein für das Tier zu sorgen, haben ihm einmal viel und tagelang nichts gegeben.“
„Ich könnte heulen, wenn ich denke, daß es noch mehr solche Menschen gibt“, sagte Bille. „Gibt es denn kein Gesetz, das so etwas verbietet?“
„Doch. Aber wie
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