Bille und Zottel 05 - Die schoensten Ferien hoch zu Ross
Kartoffelacker kam eine Wiese, die von einem kleinen Bach durchzogen war. Hier waren sie hinübergesetzt, das sah man ganz deutlich. Ein Glück, daß der Regen den Boden so stark aufgeweicht hatte! Bille hetzte weiter.
Plötzlich machte die Spur eine Wendung nach links. Bille schaute auf und stand vor einem Koppelzaun. Also waren sie nicht in den Wald gekommen. Sie mußten zur Straße hinüber — zur Schnellstraße! Das war noch viel schlimmer!
Bille und Daniel winkten den anderen heftig zu, sich zu beeilen. Keuchend stolperten sie weiter.
Da vorn! Im dichten Regen kaum zu sehen, bewegten sich ein paar Gestalten auf der Auto-Schnellstraße hin und her. Bille fühlte ein würgendes Schluchzen in der Kehle. Jeden Augenblick konnte ein Autofahrer, der mit überhöhter Geschwindigkeit die Straße heraufkam, mit einem der Pferde zusammenprallen! Auch die anderen hatten das Gefährliche der Situation sofort erkannt. Bille sah, wie Florian und Bettina das untere Ende der Straße ansteuerten und sich im Laufen ihre gelben Regenmäntel auszogen, um sie als Warnflagge zu benutzen. Gut so!
„Lauf du in die andere Richtung und versuch die Autos aufzuhalten!“ schrie Bille Daniel zu. Aber er war bereits auf dem Weg.
Am Horizont näherten sich Scheinwerfer. Ein Lastwagen brummte heran, hinter ihm setzte ein Personenkraftwagen zum Überholen an.
„Fahr langsam, du Idiot! Lieber Gott, mach doch, daß er langsamer fährt!“ stöhnte Bille.
Jetzt hatten sie die Straße erreicht. Sie stolperte fast über ihre eigenen Beine, so erschöpft war sie vom Laufen. Hinter ihr kamen Simon und Joy. Da waren die Pferde! Hilflos irrten sie hin und her, denn an der anderen Straßenseite lief ein Koppelzaun entlang, der ihnen den Weg versperrte.
„Zottel, Bongo, Sternchen!“ schrie Bille und stürzte vor, ungeachtet der nahenden Scheinwerfer.
Zottel erwischte sie als ersten, er ließ sich ohne Schwierigkeiten am Halfter packen. Aber Sternchen lief erschrocken davon, genau auf das Auto zu. Bille ließ Zottel los und raste hinter der Stute her. Ohrenbetäubendes Reifenquietschen erfüllte die Luft, in gleichmäßigen Kreisen trudelte das Auto auf Sternchen zu. Bille hechtete durch die Luft und griff im Fallen nach ihrem Halfter, mit letzter Kraft riß sie die Stute herum. Sternchen bäumte sich auf und warf sich zur Seite. Millimeter von ihren Hinterbeinen entfernt kam das Auto zum Stehen.
Bille war vornübergestürzt und lag einen Augenblick reglos auf der Straße. Der Fahrer des Wagens kam bleich zu ihr herüber.
Bille blinzelte, dann richtete sie sich mühsam auf. Sie blutete aus einer Wunde an der Stirn und die Knie schmerzten ekelhaft. Bille befühlte ihre Arme und Beine.
„Scheint alles noch dran zu sein“, sagte sie und versuchte ein Lächeln. „Kommen Sie, wir müssen die Pferde einfangen.“
Daniel war es gelungen, den Lastwagen rechtzeitig zum Anhalten zu bewegen, und aus der anderen Richtung war ebenfalls nichts mehr zu befürchten. Durch die dichten Regenschleier erkannte man eine Schlange haltender Autos, die von Florian darüber aufgeklärt wurden, was hier passiert war.
Von allen Seiten umzingelt ließen sich die Pferde bald einfangen, durch die vertrauten Stimmen ihrer Reiter allmählich wieder beruhigt. Und Bille wurde aus dem Erste-Hilfe-Kasten des Lastwagenfahrers verarztet. Dann zogen die Reiter mit ihren Pferden über die Wiese davon. Zerschunden und erschöpft, aber sehr erleichtert darüber, daß alles noch einmal glimpflich abgelaufen war.
Dort drüben in dem Haus hinter dem Kartoffelacker wartete Frau Albrechts mütterliche Fürsorge, ein Bett, eine heiße Dusche und genug zu essen und zu trinken. Was brauchten sie mehr?
Daniel hat Probleme
Es war kein Geheimnis, daß Daniel bis über beide Ohren in Joy verliebt war, auch wenn er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Wie es dagegen um Joys Gefühle stand, wußten sie nicht. Immerhin glaubte Bille aus einigen Bemerkungen entnommen zu haben, daß auch Daniel Joy keineswegs gleichgültig war. Gesprochen wurde darüber nicht.
Auch über etwas anderes wurde nicht gesprochen: nämlich darüber, daß man jeden Tag damit rechnen mußte, daß Joy von ihren Eltern gesucht wurde. Irgendwann in diesen Tagen würde die Direktorin des Internats bei Herrn Hoffmann anrufen und sich erkundigen, wie es der kranken Joy ginge und wann mit ihrem Kommen zu rechnen sei. Und dann würde es nur noch eine Frage von Stunden sein, bis man Joy gefunden hatte.
Sie
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