Bille und Zottel 10 - Im Hauptfach Reiten
festen Händen wäre, würde ich Sie bitten, die Meine zu werden. Darf man nach dem werten Namen fragen? Sie sind nicht zufällig mit Sibylle Abromeit verwandt? Es ist da so eine gewisse Ähnlichkeit zu bemerken, die...“
„Du Spinner! Küß mich lieber“, sagte Bille lachend. „Wenn du jedesmal so einen Zirkus machst, traue ich mich gar nicht mehr, ein Kleid anzuziehen. Du, ich muß dir was Irres erzählen, du glaubst nicht, was mir heute passiert ist!“
Als sie vor der Veranda hielten, war Bille gerade mit ihrer Erzählung fertig. Tom wartete bereits auf der Treppe.
„Da seid ihr ja endlich! Kommt, der erste Gast ist schon da! Und Frau Engelke wartet dringend auf eure Hilfe.“
„Gut, dann verziehen wir uns erst mal in die Küche.“ Frau Engelke kam ihnen in der Diele entgegen. Sie drückte Bille eine große Platte mit aufgeschnittenem Braten und Schinken in die Arme und wies auf einen Tisch auf der Veranda.
„Wir müssen das kalte Büfett noch aufbauen. Daß der aber auch so früh kommen muß“, murmelte sie. „Mein Gott, ist mir das unangenehm. Nicht fertig, das ist mir noch nie passiert!“
„Nur die Nerven behalten, Engelchen“, beruhigte sie Tom. „In fünf Minuten ist alles erledigt. Die haben doch erst noch eine Besprechung in Daddys Arbeitszimmer. Ich kümmere mich um die Getränke, und Bille und Simon bauen das Büfett auf, okay? Bleiben sie ruhig in Ihrer Küche. Sie sind unsere Kommandozentrale und brauchen nur Befehle zu geben.“
„Ja, ja, schon gut, nein, so was Unangenehmes aber auch... “
Bille und Tom schoben die sanft Protestierende in die Küche zurück, wo eine ganze Galerie fertig angerichteter Schüsseln und Platten auf dem Tisch stand. In wenigen Minuten hatten sie alles auf die Veranda geschafft und zwischen Blumensträußen und den schweren silbernen Leuchtern, die noch von Herrn Tiedjens Großmutter stammten, dekorativ aufgebaut. Auf einem kleineren Tisch standen Teller, Gläser und ein Korb mit Bestecken bereit, daneben lagen, liebevoll gefaltet, seidig schimmernde altmodische Servietten.
„Na, wenn das kein Bild wie aus dem Märchen ist!“ sagte Bille zufrieden und betrachtete noch einmal kritisch ihr Werk. „Eine leuchtend rote Blüte neben den Servietten wäre hübsch, sie würde das Weiß noch mehr hervorheben.“
„Ja, wirklich eine Pracht“, sagte Herr Tiedjen hinter ihr. „Ich sollte dich öfter Partys arrangieren lassen! — Darf ich Sie mit einer Ihrer künftigen Schülerinnen bekannt machen, Herr Hütter? Sie ist sozusagen meine Adoptivtochter, unsere Bille, ich habe Ihnen schon von ihr erzählt... “
Bille drehte sich um.
„Daddy, ich habe dich gar nicht geh... “ Das Wort blieb ihr buchstäblich im Hals stecken. Bille schnappte nach Luft. Der Pferdedieb!
„Bille, das ist dein zukünftiger Direktor, Herr Hütter“, sagte Hans Tiedjen lächelnd. „Du mußt ihn heute abend gut versorgen, er hat einen anstrengenden Fußmarsch hinter sich.“
Bille war blutübergossen. Ihr Gesicht brannte, als schlügen Flammen heraus.
Herr Hütter grinste. Er ergriff ihre Hand, schüttelte sie herzlich und zog Bille zum Büfett.
„Köstlich!“ lobte er. „Ich habe einen Bärenhunger. Ich hatte nämlich ein kleines Mißgeschick, weißt du. Eines eurer Pferde hat mich abgeworfen, und ich mußte zu Fuß nach Hause gehen.“
Zirkus ist nichts dagegen
Von diesem Tage an war die Freundschaft zwischen Bille und dem neuen Direktor besiegelt. Daß er sie nicht verraten hatte, rechnete Bille ihm hoch an; und sie selbst war es, die am späteren Abend das Erlebnis zum besten gab und sich feierlich für ihr Benehmen entschuldigte.
„Was willst du? Es war meine Schuld. Mit einem Satz hätte ich dich darüber aufklären können, daß Herr Tiedjen mir angeboten hatte, eines der Schulpferde zu reiten. Ich habe mich ja nicht einmal zu erkennen gegeben, sogar geschwindelt habe ich!“ beruhigte der Direktor sie.
„Das stimmt allerdings, Herr Meier“, sagte Bille kichernd. „Warum eigentlich?“
„Ich weiß nicht genau. Vielleicht hat’s mir imponiert, wie du dein Pferd verteidigt hast und dem vermeintlichen Pferdedieb zu Leibe gerückt bist. Nun, meine Strafe für die Schwindelei habe ich ja bekommen. Und ich habe sie auf mich genommen.“
In den folgenden Tagen stellten sich Bille, Bettina und Florian Direktor Hütter als Helfer zur Verfügung. So viele Kleinigkeiten waren noch zu erledigen, bevor die künftigen Internatsschüler im Schloß einziehen
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