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Bin ich hier der Depp

Bin ich hier der Depp

Titel: Bin ich hier der Depp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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dass privates Telefonieren bei uns in der Firme strikt untersagt ist?«
    »Ja, das ist mir bekannt.«
    »Dann erklären Sie mir bitte, warum Sie allein im letzten Monat zwölfmal Ihre private Festnetznummer angerufen haben!«
    »Wie kommen Sie auf diese Zahl?«
    »Mir liegen die Telefondaten vor.«
    »Sie haben geschnüffelt?«
    »Ich habe auswerten lassen. Das ist mein gutes Recht. Ich bezahle diese Telefonate. Zwölf Privatgespräche – stimmt das?«
    Der Mitarbeiter grübelte: »Zwölfmal. Hm.«
    »Ich kann Ihrem Gedächtnis gerne auf die Sprünge helfen: Am 2. Juni um 17.20 Uhr. Am 4. Juni um 17.25 Uhr. Am 5. Juni um 18.15 Uhr. Am …«
    Als der Mitarbeiter die Zeiten hören, ging ihm ein Licht auf: »Das waren Tage, an denen ich spontan Überstunden machen musste. Das habe ich meiner Frau am Telefon gesagt.«
    »Das hätten Sie ja auch von Ihrem privaten Handy tun können!«, mahnte der Chef.
    Die Telefondaten eines Mitarbeiters durchschnüffeln? Kein Problem! Ihm so viel Arbeit aufladen, dass er sie nur mit Überstunden schafft? Aber immer! Doch wenn der Mitarbeiter seiner Familie per Firmentelefon mitteilen will, dass er mal wieder eine Stunde später nach Hause kommt? Ein Verbrechen!
    Vielleicht ist das der Grund, warum vor allem unseriöse Chefs ihre Mitarbeiter als Betrüger sehen: weil sie von sich auf andere schließen. Weil sie skrupellos gegenüber ihren Mitarbeitern sind, rechnen sie mit deren Skrupellosigkeit. Weil sie das Letzte aus den Mitarbeitern rauspressen, befürchten sie, selbst ausgepresst zu werden.
    Wer die Kunst der Ausbeutung beherrscht, unterliegt der Gefahr, sie auf andere zu projizieren. Wie sagte der amerikanische Staatsmann Benjamin Franklin so schön: »Wer der Meinung ist, dass man für Geld alles haben kann, gerät leicht in den Verdacht, dass er für Geld alles zu tun bereit sei.«
    Hamsterrad-Regel: Ein Mitarbeiter gilt als unschuldig, bis ein Detektiv das Gegenteil bewiesen hat. Ein Detektiv wird so lange beschäftigt, bis dieser Beweis erbracht ist.
    Deppen-Erlebnisse
    Wie mich Franz-Josef Strauß den Job kostete
    Vielleicht hätte ich schwindeln sollen. Doch ich war ehrlich, als ich im Vorstellungsgespräch gefragt wurde: »Wenn Sie ein Politiker der deutschen Geschichte sein dürften – welcher wären Sie gerne?« Ich sagte: »Willy Brandt, denn ohne seine Ostpolitik hätten wir noch die Mauer in Deutschland und womöglich den Kalten Krieg.«
    Meine Gesprächspartner, die beiden Geschäftsführer eines Metallbetriebes in Bayern, warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Und legten gleich eine Frage nach: »Angenommen, Sie würden viele Millionen erben – an wen würden Sie spenden?« Ich überlegte und sagte dann: »Ich würde damit eine Umweltschutzorganisation unterstützen.«
    »Aber Umweltschutz schafft keine Arbeitsplätze!«, rutschte es einem der Geschäftsführer heraus.
    »Doch«, sagte ich, »Arbeit ist genug da. Es fehlt nur an Geld, sie vernünftig zu bezahlen.«
    Das Gespräch ging schnell und kühl zu Ende. Die Sekretärin bestellte ein Taxi für mich. Ich musste noch zehn Minuten in der Empfangshalle warten. Um mir die Zeit zu vertreiben, ging ich auf und ab. Da fiel mir eine Bronzebüste neben dem Eingang auf. Breite Schultern, fülliges Gesicht. Na nu, den Kerl kannte ich doch! Es war Franz-Josef Strauß, der ehemalige CSU-Vorsitzende und Ministerpräsident von Bayern. Offenbar wurde der strammkonservative Politiker hier als Hausheiliger gehandelt.
    Hätten mich meine Gesprächspartner gefragt: »Welche politische Meinung vertreten Sie?« – ich hätte sie vor Gericht zerren können. Doch sie fragten mich, welcher Politiker ich gerne gewesen wäre und an wen ich als Millionär spenden würde. Damit deckten sie meine politische Gesinnung auf, ohne mich explizit danach gefragt zu haben.
    Der Job ging natürlich an einen anderen Kandidaten – sicher einen, der beim Betreten der Firma die Büste registriert und dann gesagt hatte: »Am liebsten wäre ich Franz-Josef Strauß gewesen!«
    Matthias Issel, Ingenieur
    Wie mich meine Firma als Schuldnerin versklavte
    Unsere Firma, ein erfolgreicher Mittelständler, überraschte uns mit einem großzügigen Angebot: Wer sich ein Haus zulegen wollte, konnte bei der Firma einen Kredit beantragen. Die Konditionen waren etwas günstiger als bei den Banken. Etliche Kollegen, auch ich, nahmen das Angebot in Anspruch.
    Die Personalabteilung führte die Kreditgespräche. Dabei musste ich offenlegen, wie viel Eigenkapital ich

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