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Bin Ich Schon Erleuchtet

Bin Ich Schon Erleuchtet

Titel: Bin Ich Schon Erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Morrison
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immer nur Strumpfhosen. Hätte ich unter dem Badeanzug Strumpfhosen tragen können, hätte ich auch das gemacht. Da es nicht ging, bin ich nicht schwimmen gegangen.
    Jessica hatte ein balinesisches Mädchen namens Su zu meinem Empfang mitgebracht. Su ist schätzungsweise sechzehn, vielleicht sogar jünger, und trägt ihre rabenschwarzen Haare zu einem langen Zopf geflochten. Ihrer Familie gehört das Gelände, auf dem wir wohnen. Es war schon seltsam, dass Jessica, die biegsame Blonde, einen Sarong trug, während Su Caprihosen anhatte, die aussahen wie direkt aus diesem schicken Tommy Hilfiger-Katalog. Aber gerade als ich dachte, dass Bali vielleicht doch westlicher war als erwartet, beugte sich Su vor, hob mein riesiges Kofferungetüm hoch und wuchtete es sich auf den Kopf.
    Abartig. Ich fing an zu protestieren (Heiliges Kolonialistenrohr! Bist du Batwoman?), aber sie wehrte ab. Sie packte mit ihren glatten braunen Armen den Koffer an beiden Seiten und hievte ihn sich einfach auf den Kopf. Schande über mich. Vor meinem Abflug aus Seattle gab mir mein Freund Dan einen Autoaufkleber für mein Gepäck (nebst dem guten Rat, mich als Kanadierin auszugeben), und da klebte er nun und schrie mir ein paar Zentimeter über Sus Stirn zu: MARXISTEN POPPEN WIE DIE IRREN.
    Sie kicherte belustigt, als sie mein Gesicht sah. »Er ist nicht schwer.« Na dann.
    Als Nächstes folgte ich Jessica und Su zum Pavillon und weiter an ihm vorbei in das heiße grüne Labyrinth aus terrassierten Reisfeldern, die sich in alle Richtungen erstreckten. Aus manchen schossen lange, dünne Stängel in die Höhe, wie auf unseren Weizenfeldern. Ich ließ die Finger durch sie hindurchgleiten, als wären sie Haare. Andere Felder waren offensichtlich jüngeren Datums, nur blanke Erde mit einer dünnen Wasserschicht darüber, wie gigantische, horizontale Spiegel. Ich sah unsere Spiegelbilder, wenn wir von einer Terrasse zur nächsten sprangen und auf engen Pfaden über Lehm und Gras wanderten. Su konnte sogar mit meinem Gepäck auf dem Kopf Sprünge machen. Nicht zu fassen.
    Alles roch nach Hitze und Entenkacke. Meine Augen waren wie geblendet von dem vielen Grün.
    Nach ungefähr zwanzig Minuten kamen wir bei den Bali-Hai-Bungalows an, meinem Zuhause für die nächsten beiden Monate.
    Was habe ich vorhin geschrieben? Es ist Schwachsinn, sich im Voraus unnötig aufzuregen, weil man sowieso nicht weiß, was einen erwartet? Genau. Eine Strohhütte? Von wegen! Das hier ist eine Villa !
    MARXISTEN POPPEN WIE DIE IRREN.
    Als ich nach oben schaute und unser Haus uns entgegenglänzte, fiel mir der Song aus The Sound of Music ein, in dem Maria sinngemäß trällert: Irgendwann im Leben muss ich mal was richtig gemacht haben .
    Und dann dachte ich: Wenn das Volk revoltiert, dann knüpfen sie zuerst die Bewohner solcher Häuser auf.
    Aber dann wurde ich vom Pool abgelenkt.
    Eigentlich sind es drei Pools. Drei Pools! Ein normal großer Pool, ein Kinderbecken und ein noch kleinerer … das Säuglingsbecken? Vor meinem geistigen Auge entstand das Bild eines Hunde-Pools, in dem sich das mordlustige Rudel suhlt und Cocktails mit Deko-Schirmchen schlürft.
    Die Anlage besteht aus fünf großen Häusern, drei dicht an der Lehmpiste gelegen, zwei ungefähr dreißig Stufen höher. Wir haben den Wald im Rücken und blicken auf die Reisfelder hinunter.
    Unser Haus liegt am weitesten von der Straße entfernt. Geflieste Veranda, glänzender Marmorfußboden, Teakmöbel in allen Zimmern. Eine Gewölbedecke im Erdgeschoss, darunter ein Futon mit einer gebatikten Tagesdecke, eine gemütliche Sitzecke am Fenster mit Tisch und Stühlen. Rechts eine steile Treppe, links eine voll eingerichtete Küche mit einem Kühlschrank voller Ananas und Papayas. Und unter der Treppe? Ein Badezimmer, das jeder Beschreibung spottet: blank polierte graue und blaue Fliesen, eine Vase mit Jasminzweigen auf der Ablage neben dem Waschbecken.
    Im oberen Stockwerk, wo ich gerade sitze, befindet sich ein Schlafzimmer von der Größe meiner Wohnung in Seattle. In der Mitte steht ein großes Doppelbett mit einem Moskitonetz, das von einem Haken an der Decke herunterwallt wie ein langer, durchscheinender Kronleuchter.

    Ich wollte gerade über die Treppe ins Badezimmer runter und starrte diese unglaublichen glotzäugigen Monster an, die um die glaslosen Fensteröffnungen – die einzige Lichtquelle auf der dunklen Treppe – herum geschnitzt sind, als ich fast mit Su zusammenstieß, die von unten kam. Sie

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