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Bin Ich Schon Erleuchtet

Bin Ich Schon Erleuchtet

Titel: Bin Ich Schon Erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Morrison
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sind. Wer weiß? Kann doch sein, dass ich zu ihr durchgedrungen bin. Sie macht noch mehr Sit-ups, das höre ich von hier draußen. Vielleicht braucht sie die ja, damit sie genug Disziplin erlangt, um ihre Begierden zu überwinden.
    Ich gehe jetzt zum Pool. Mein Magen ist von all den Aufregungen heute ein bisschen durcheinander. Oder der Zucker, den wir gestern Abend getrunken haben, macht sich im Körper bemerkbar – ich hatte seit über einem Monat keinen Zucker mehr. Irgendwie rebelliert mein Magen gegen ihn. Ich ruhe mich lieber bis zur Nachmittagsklasse aus. Kein Stress. Eine kleine Meditation am Pool, dann geht’s mir sicher wieder blendend.

6. April
    Ach. Du. Scheiße. Ach du Scheiße!
    Ich bin total fertig. Indra, oh nein. Das versteh ich nicht!
    Ich habe jede Position für sie gemacht. Für Indra und Lou. Beim Sonnengruß strecke ich mich, ich hebe die Arme, ich achte darauf, wo sich mein Knie im Verhältnis zu meinem Knöchel befindet. Ich konzentriere mich auf den Atem. Ich warte, bis sie mir sagen, dass es gut aussieht, und mache es dann noch besser. Und jetzt das! Heute beim Paschimottanasana, WAS EINFACHE VORWÄRTSBEUGE IM SITZEN BEDEUTET – SEHT IHR, ICH KENNE SOGAR DEN SANSKRITNAMEN VON DIESER VERFICKTEN STELLUNG –, hat Indra etwas so Unerwartetes, so Untypisches, so Grausames gemacht, dass mein Stift beim Schreiben vor Wut zittert.
    Wir übten die Vorwärtsbeuge. Meine Vorwärtsbeuge, wenn ich das mal so sagen darf, ist ganz schön gekonnt. Ich gleite nach vorne, bis meine Rippen auf den Oberschenkeln liegen, und falte mich dann zusammen wie ein Blatt Papier. Mein Oberkörper hat vielleicht nicht viel Kraft, aber an einem guten Tag sind meine hinteren Oberschenkelmuskeln so geschmeidig, dass ich mit ihnen Seilspringen könnte. Das sagt nicht mein Ego, das ist die reine Wahrheit. Ich bin die Erste, die zugibt, dass ich keine Liegestütze kann. Wenn ich die versuche, sehe ich aus wie ein Hund mit einem gebrochenen Hinterlauf, der winselnd auf die Nadel wartet, die ihn von seinem Elend erlöst.
    Aber in die Vorwärtsbeuge sinke ich hinein. Ich bitte um Lockerheit in meinen Beinen, ich strebe nach Sattva. Und ich muss sagen: Nach meiner Kundalini-Erfahrung weiß ich, was dieses beschissene Sattva bedeutet.
    Es bedeutet Ausgeglichenheit.
    Egal. Ich saß also in der Vorwärtsbeuge. Meiner untadeligen Vorwärtsbeuge. Die Sonne schien mir auf den Rücken und erwärmte mich, so dass ich mich noch geschmeidiger fühlte.
    Indra schlängelte sich langsam durch die Matten und gab mit ihrer sanftesten Stimme ihre Kommentare ab, so wie immer, wenn wir in einer Ruhehaltung verharren. »Die Vorwärtsbeuge ist eine extrem wichtige Haltung«, sagte sie. »Sie ist eine der introspektivsten Haltungen, und ich hätte gerne, dass all jene, die nicht in unserem Studio in Seattle gelernt haben, dies berücksichtigen.«
    Natürlich spitzte ich bei ihren letzten Worten die Ohren, denn ich bin die Einzige im Wantilan, die bei ihnen in Seattle gelernt hat. Ich beugte mich noch tiefer und dachte, dass Indra jetzt auf mich als gutes Beispiel hinweisen würde. Dass ich mit ihrer Bemerkung nicht gemeint war, weil meine Vorwärtsbeuge schlicht einer anderen Liga angehört.
    »Diese Position fördert die Selbstbeobachtung«, fuhr sie fort, »das solltet ihr respektieren. Aber es irritiert mich oft, dass die Vorwärtsbeuge zu einem Wettbewerb wird, wer in der Klasse am gelenkigsten ist.«
    »Konkurrenzverhalten«, sagte sie, »ist keine introspektive Haltung. Seid so gut und überwindet diesen Impuls, euch miteinander zu messen.«
    Sie legte ihre Hände auf mein Kreuzbein und führte mich noch tiefer in die Streckung. »In diesem Zusammenhang – Suzanne, würdest du bitte die Rundung deiner Brustwirbelsäule beachten? Lass dich hineinsinken und denk daran: Das hier ist kein Wettbewerb.«
    !!!
    Hä? Wie bitte?
    Entschuldigung, mit wem bitte sollte ich mich hier messen? Soviel ich weiß, war ich doch diejenige, die so abgrundtief meditiert hat, dass sie einen verdammten Anfall gekriegt hat!
    Ich muss in einer halben Stunde in die Klasse zurück, aber ich würde sie viel lieber ausfallen lassen und allein zu Hause meditieren, wo mir nicht die ganze negative Energie meine Übung vermasselt.
    Ich fühle mich so gedemütigt. Nachdem sie mich abgekanzelt hatte, schloss ich die Augen und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen, aber meine Wangen brannten wie von Säure verätzt. Ich konnte das Grinsen meiner Mit-Yogis geradezu auf

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