Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Binärcode

Binärcode

Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
Vom Netzwerk:
Kuipergürtel oder in der Oortschen Wolke positioniert, die ihn alle 100 oder 1000 Jahre ins innere Sonnensystem nahe an der Erde vorbeiführt. Er macht seine Aufnahmen, schaut, ob wir unsere Hausaufgaben erledigen, und verschwindet dann wieder für 500 Jahre an den Rand des Sonnensystems, um entspannt seine Daten an den Heimatplaneten zu übermitteln, unbeeinträchtigt vom störenden Strahlungsgürtel der Sonne.«
    »War Rossi einer von diesen paranoiden UFO-Forschern und Verschwörungstheoretikern, Sie wissen schon, die Leute, die an diese Kornkreise und all den Mist glauben ?«
    »Da tun Sie ihm Unrecht, dafür war er viel zu intelligent. Er hat oft in Archiven gestöbert auf seinen Dienstreisen in ganz Europa, hat sich besonders für die Geburtsstunde der modernen Physik Anfang des 20. Jahrhunderts interessiert. Und vor Jahren ist er irgendwo in Oslo in einem privaten Nachlass auf diesen Brief von Jørgen Hals gestoßen, einem norwegischen Radioingenieur. Hals hatte 1927 in Oslo Signale einer holländischen Kurzwellenstation in Eindhoven aufgefangen, und kurz danach noch mal Echos des gleichen Signals. Keine besondere Sache eigentlich, die elektromagnetischen Wellen werden von der Erdatmosphäre reflektiert, laufen um den Globus, und man hört sie mit einer siebtel Sekunde Verspätung wieder. Aber Hals hatte ein weiteres Echo gehört, mit drei Sekunden Verspätung. Diese Verzögerung konnte sich der Norweger nicht erklären, also beschrieb er seinem Landsmann und Physiker Fredrik Störmer das Problem. Nach Rossis Recherchen hatte Störmer mit anderen Physikern in den Folgejahren mehrere Experimente angesetzt, langwellige Radiostrahlung ausgesendet und skurrile Verzögerungen bei den Echos festgestellt – von einigen Sekunden bis zu mehreren Tagen.«
    »Und die Erklärung waren extraterrestrische Sonden, die auf die Signale antworteten ?«
    »Zumindest eine der Erklärungen. Konservativere Kollegen führten die Erscheinungen auf Reflexionen am Strahlungsgürtel und der Sonnenkorona zurück – der übliche Hickhack unter Wissenschaftlern. Rossi jedenfalls hat das alles nicht mehr losgelassen .«
    »Ziemlich abgehoben für einen Luft- und Raumfahrttechniker, am Anfang des 21. Jahrhunderts, finden Sie nicht ?«
    »Sie haben schon recht , die etablierten Astronomen und Astrophysiker scheuen heute die Beschäftigung mit solchen Theorien wie der Teufel das Weihwasser. Wenn Sie sich mit so einer Idee zu weit aus dem Fenster lehnen, bekommen Sie im universitären Wissenschaftsbetrieb keinen Fuß mehr auf den Boden. Ronald Bracewell von der Stanford University hat 1960 einige interessante Gedanken zu dieser Idee formuliert, ein paar Jahre lang wurde die Theorie heiß diskutiert. Autonome Sonden als Kundschafter auf interstellare Reisen zu schicken, die Idee hatte etwas Bestechendes. Das Konzept wurde von anderen Astrophysikern fortgeschrieben – selbstreplizierende Automaten, die sich mit Rohstoffen aus Kometen und Asteroiden versorgen und sich klonen, um ihre Nachkommen im Schneeballsystem im ganzen Universum zu verbreiten. Parallel zur Entwicklung der SETI-Programme hat sich da ein ganzer Forschungsbereich entwickelt, SETV – Search for Terrestrial Visitation. In den Siebzigern hat eine kleine Gruppe von Radioastronomen auf den Falklands noch ein paar Versuche gemacht, später ist das wissenschaftliche Interesse daran eingeschlafen. Aber Generationen von Science-Fiction-Autoren haben sich seitdem dran abgearbeitet .«
    Stadelbauer kratzte an seinen Koteletten.
    »Im Grunde genommen war Rossis Ansatz logisch stringent. Er hat eigentlich nichts weiter getan, als die technisch-wissenschaftliche Entwicklung unserer Zivilisation zu extrapolieren und auf außerirdische intelligente Lebensformen zu übertragen. Um seinen Ansatz zu verstehen, müssen Sie sich einfach mal die unglaubliche Explosion an technischem Fortschritt vergegenwärtigen. Wenn Sie die letzten fünf Milliarden Jahre Erdgeschichte mal in Gedanken auf 24 Stunden verkürzen, tauchen vor 15 Stunden die ersten Einzeller auf, vor gut zwei Stunden die Wirbeltiere. Vor 20 Minuten tummeln sich hier die ersten Affenhorden, vor zwei Minuten lernen die ersten Vormenschen den aufrechten Gang. Vor drei Sekunden betritt der Homo sapiens in seiner heutigen Form die Bühne, und vor zwei zehntel Sekunden beginnt er mit Ackerbau und Viehzucht. Die ganze Industrialisierung, die Entwicklung von der Dampfmaschine bis zu künstlicher Intelligenz und selbstständig agierenden

Weitere Kostenlose Bücher