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Bindung und Sucht

Bindung und Sucht

Titel: Bindung und Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Brisch
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bidirektional, an den oberen Pons, das retrorubale Feld und das zentrale Höhlengrau (PAG) anzuschließen.Der Ort der Verzweigung der beiden Hauptstämme ist die ventrale tegmentale Area im Mittelhirn. Von hier erstreckt sich ein inferomedialer Ast (imMFB) entlang der Wand des dritten Ventrikels, bis er den lateralen Hypothalamus (LH) erreicht, lateral zum Fornix. Der imMFB repräsentiert die traditionelle Beschreibung des MFB beim Nagetier. Ein zweiter, superolateraler Ast (slMFB) verlässt den Hauptstamm: Dieser Ast hat seinen Ursprung seitlich, unterkreuzt den Thalamus und steigt in den unteren Teil des vorderen Schenkels der inneren Kapsel auf.
    Abb. 2: Das Mediale Vorderhirnbündel (MFB) und seine weitreichenden Verbindungen in einer topographischen Skizze (Abbildung abgewandelt nach Coenen et al. 2012; slMFB = superolateraler Ast des MFB, imMFB = inferomedialer Ast des MFB, PFC = präfrontaler Cortex, ALIC = vorderer Kapselschenkel, NAcc = Nucleus accumbens, SCG = subgenualer cingulärer Kortex, fx = Fornix, VIII = 3. Ventrikel, mtt = mamillothalamisches Bündel, LH = lateraler Hypothalamus, VTA = ventrale tegmentale Area, SNr = Substantia nigra, RN = Nucleus ruber, STN = Nucleus subthalamicus, PT = Pyramidenbahn, PAG = zentrales Höhlengrau)
    Abb. 3: Statistische Variabilitätskarte (Atlas im MNI152 Gehirn) zweier Affektregulationssysteme anhand der Diffusions-Tensor-Traktographie am Menschen – Mediales
Vorderhirnbündel (MFB, SEEKING) und Vordere Thalamusstrahlung (ATR, PANIC; Abbildung
abgewandelt nach Coenen et al. 2012)
    Dieser letztgenannte Teil verbindet die ventrale tegmentale Area (VTA) mit dem Nucleus accumbens, dem vorderen Schenkel der inneren Kapsel, möglicherweise mit der als cg25 bezeichneten Region und mit dem präfrontalen Cortex. In gewisser Hinsicht integriert das mediale Vorderhirnbündel einige (wenn nicht alle) Belohnungszentren des menschlichen Gehirns zu einer anatomischen und funktionalen Einheit.
Die direkte Stimulation des medialen Vorderhirnbündels (MFB) als therapeutische Modalität bei therapieresistenten Depressionen
    Weiter oben wurde die Überlegung geäußert, dass ein Ungleichgewicht zwischen den beiden dichotomischen Systemen, dem SEEKING- und dem PANIC-System, das Gefühl des Trennungsschmerzes fördert, welches eine erhebliche Rolle im klinischen Syndrom der Depression spielt (Coenen et al. 2011, 2012). Ein Ungleichgewicht und eine Entkoppelung der beiden Systeme implizieren eine pathologisch geringe Aktivität des SEEKING-Systems. Da dieses System seinen quasi-anatomischen Ausdruck im MFB findet, scheint die Annahme plausibel, dass seine Anregung mittels der Tiefen Hirnstimulation zu einer klinischen Linderung des Depressionssyndroms führen könnte. In einer früheren Arbeit (Schoene-Bake et al. 2010) konnten wir zeigen, dass schon manche der einstigen Läsionsoperationen implizit mit dem MFB und dem ATR als fernen Zielstrukturen für die Linderung depressiver Syndrome gearbeitet hatten. In einer weiteren Studie (Coenen et al. 2011) konnten wir überdies demonstrieren, dass das mediale Vorderhirnbündel ganz entscheidend an der Wirksamkeit von zwei (oder sogar von allen) gegenwärtig in gleicher Absicht experimentell stimulierten Zielstrukturen (nämlich des Nucleus accumbens = Nacc, des subgenualen cingulären Cortex = SCG und des vorderen Schenkels der inneren Kapsel = ALIC) beteiligt ist. Dementsprechend wurde das mediale Vorderhirnbündel von unserer Gruppe in einem experimentellen Setting zur Behandlung sehr therapieresistenter Depressionen bei n = 7 Patienten direkt stimuliert, und zwar im Rahmen einer Studie unter den Bedingungen der lokalen Ethikkommission. Mit Hilfe der DTI-FT-Technik wurden die Zone der am dichtesten gepackten MFB-Fasern angesteuert, die Elektrode implantiert und das Areal wirksam stimuliert. Die akuten Wirkungen, die intraoperativ unter dem Einfluss der unilateralen Hochfrequenzstimulation beobachtet wurden, erinnern stark an das, was das humane Korrelat einer akuten Aktivierung des SEEKING-Systems wäre: Alle sieben Patienten zeigten eine erkennbar höhere appetitive Motivation, also die Antizipation von Belohnung, aber nicht Belohnung selbst. Alle zeigten exploratives Verhalten – sie wandten den Kopf dem Interviewer zu, was sie in der vorangegangenen unstimulierten Phase der Operation nicht getan hatten. Sofort nach Beginn der Teststimulation suchten sie den Raum visuell ab und gaben motivationales Verhalten zu Protokoll wie etwa ein

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