Bindung und Sucht
auch Bulimie) bei jungen College-Studentinnen, die ebenfalls von erheblichen Belastungen in ihrer Beziehung zu ihren Müttern berichteten. Adam, Sheldon-Keller und West (1996) konnten darüber hinaus bei Jugendlichen deutliche Zusammenhänge zwischen verwickelter und ungelöst-traumatisierter Bindungsrepräsentation einerseits und erhöhter Suizidalität andererseits feststellen.
Die empirischen Befunde all dieser Studien zeigen eine deutliche Häufung von unsicheren Bindungsrepräsentationen in Stichproben mit psychisch belasteten Jugendlichen. Dabei weisen einige Ergebnisse auch auf transgenerationale Einflüsse – wie den der mütterlichen Bindungsrepräsentation – hin oder auf denEinfluss der Qualität der aktuellen Beziehung zwischen Mutter und Jugendlicher bzw. Jugendlichem, ein Einfluss, bei dem der Balance zwischen Autonomie und Bindung eine besondere Bedeutung zukommt.
Eine eindeutige Zuordnung einer bestimmten Bindungsorganisation scheint derzeit allerdings nur für depressive Jugendliche möglich. Hier weisen die o. g. Untersuchungen auf eine Häufung von unsicher-verwickelten Bindungsrepräsentationen sowohl in klinischen als auch in nicht-klinischen Stichproben hin.
Die entwicklungspsychopathologische und die bindungstheoretische Perspektive
Auf der Basis der internalen Arbeitsmodelle der Eltern, die deren Verhalten gegenüber ihren Kindern beeinflussen, entstehen beim Kind aufgrund der konkreten Interaktionserfahrungen, die es mit seinen Eltern macht, eigene internale Arbeitsmodelle. Diese wiederum steuern sein Verhalten gegenüber den Bezugspersonen und in zunehmendem Maße auch seine Emotions- und Verhaltensregulierung in anderen Lebensbereichen.
Auch wenn das Jugendalter nicht mehr normativ als Zeit der Krise betrachtet wird, so muss es doch als eine Phase erhöhter Anpassungsanforderungen und damit als ein Entwicklungsalter mit erhöhter Vulnerabilität verstanden werden. Auf diesem Hintergrund wird deutlich, welche Bedeutung eine sichere Bindungsorganisation für eine gelungene Anpassung an adoleszenztypische Entwicklungsaufgaben und deren erfolgreiche Bewältigung hat. Der Jugendliche muss in vielfältigen Bereichen neue Kompetenzen erwerben, um mit aktuellen und zukünftigen Leistungsanforderungen zurechtzukommen, er muss die bisherige Beziehung zu den Eltern neu gestalten und neue Beziehungen zu Gleichaltrigen aufnehmen und vertiefen, also auf der Grundlage seiner bisherigen und neu zu gestaltenden sozialen Integration an Autonomie gewinnen.
Hier liegt die Bedeutung des Konzepts der internalen Arbeitsmodelle, die einerseits den Umgang mit Emotionen und mit belastenden Situationen steuern und andererseits die aktuellen Verhaltensmuster zwischen Eltern und Jugendlichen beeinflussen. Auf der Interaktionsebene regulieren sie die Balance von Autonomie und Verbundenheit. Aus den berichteten Untersuchungen geht hervor, dass ein Ungleichgewicht dieser Balance ebenfalls zur Entwicklung und Aufrechterhaltung von Störungen im Jugendalter beiträgt. Die berichteten Befunde aus den eigenen und anderen Untersuchungen zeigen, dass eine erfolgreiche Integration der Bedeutung tatsächlicher Erfahrungen in ein inneres Modell von sich und der Realität – eine Intergration, wie sie in einer sicheren Bindungsrepräsentationgelungen ist – den flexiblen und angemessenen Umgang mit Anforderungen und Beziehungen fördert, ebenso wie die Entwicklung von Autonomie auf der Grundlage von Verbundenheit. Eine mangelnde Integration gemachter Erfahrungen, kennzeichnend für ein unsicheres internales Arbeitsmodell, beeinträchtigt dies.
Wichtig ist, dass mit dem Adult Attachment Interview die Integration der Bindungserfahrungen erhoben wird und das Interview damit Ausdruck der Bindungsrepräsentation und nicht der psychischen Störung ist. Mit der Bindungsrepräsentation wird ein möglicher Schutz- oder Risikofaktor erhoben, der Aufschluss über die Organisation der internalen Arbeitsmodelle gibt und damit Erkenntnisse über die besondere Form des Umgangs mit der Krankheit und die sich daraus ergebenden Konsequenzen ermöglicht. Hier zeigt sich jedoch auch die Begrenzung des AAI und damit der Aussagekraft der Bindungsforschung. Nicht immer treten bei psychischen Störungen unsichere Bindungsrepräsentationen auf, lediglich eine Häufung unsicherer Bindungsorganisationen ist festzustellen, und auch diese kann nicht immer spezifischen Störungsbildern zugeordnet werden.
Spangler und Zimmermann (1999) schlagen drei
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