Biohacking - Gentechnik aus der Garage
Verschlüsselungstechnologien beschäftigt, gegen die das FBI auch massiv vorgeht.
Dass das amerikanische Verteidigungsministerium über seine Forschungsabteilung Hackerspaces finanziert, hältst du wahrscheinlich auch nicht für eine so tolle Idee?
Das ist ein Paradebeispiel für die korrumpierende Wirkung des Geldes. Wenn die Summe auf dem Scheck nur groß genug ist, wird jeder irgendwann ins Grübeln kommen, wie viel schneller er damit sein Ziel erreichen könnte. Und wenn man das Geld einmal angenommen hat, dann fällt es auch viel schwerer, die Förderer zu kritisieren. Wie werden sich Hacker fühlen, die vielleicht Millionen von der Militärforschungsbehörde bekommen haben, wenn sie gebeten werden, Details zu verändern? Geben sie das Geld zurück, wenn der Sponsor etwas Kontrolle fordert, zum Beispiel unter dem Vorwand, dass man verhindern wolle, dass Terroristen die Infrastruktur nutzen? Ich glaube, das wird den meisten schwerfallen, und deshalb hasse ich dieses Vorgehen. Ich bin enttäuscht und hoffe auf die verbliebenen freiheitsliebenden Hacker, die weiter ihren Träumen nachgehen, ohne den Köder zu schlucken. Und ich hoffe, dass es noch lange dauern wird, bis Ähnliches auch in Europa passiert.
„Ganz genau“, stimmt Rüdiger Trojok zu, als wir ihn beim Bier im „Silberfisch“ auf Garveys Meinung zum FBI ansprechen. Das Misstrauen gegenüber den Biohackern ist eine von Trojoks größten Sorgen, spätestens seit er von der Outreach-Konferenz in Walnut Creek zurück ist. „Das FBI platziert sich inzwischen sogar mit Agenten an den amerikanischen Universitäten“, erzählt Trojok und verweist auf ein Papier des FBI, das auf der Tagung herumgereicht wurde, „sodass Forscher anonym Bericht erstatten können, falls die Arbeit eines Kollegen ,verdächtig‘ erscheint.“ Sowohl die FBI-Agenten, laut Trojok„alles junge, nette, gutaussehende Leute“, die sich als „Buddies, mit denen man reden kann“, präsentieren, als auch viele US-amerikanische Biohacker hätten zunächst gar nicht verstanden, warum die Europäer auf den Aufruf zum Bespitzeln so verhalten reagiert hätten. Erst später habe er erkannt, dass die amerikanischen Hackerkollegen kaum eine andere Wahl haben als zu kooperieren. Wer nicht mitmacht, macht sich verdächtig. „Mir ist da erst klar geworden, wie wichtig unsere Gesetze in Europa sind, dass ich frei forschen kann, solange ich die Sicherheitsregeln erfülle.“
Der reisende Amerikaner Romie Littrell hingegen fühlt sich trotz seiner Sightseeing-Tour durch den Osten Berlins auch nach dieser Erklärung nicht durch die nicht einmal besonders subtile Überwachung durch das FBI gestört. Allerdings hätten sich einige Mitglieder seines Gemeinschaftslabors in Los Angeles vom Auftreten der Bundespolizei bedroht gefühlt. „Aber das kann auch an dem Verhalten des einzelnen Beamten gelegen haben und ist nicht unbedingt gegen die Linie des FBI gerichtet.“ Romie ist eher pragmatisch eingestellt, will Vorurteile auf beiden Seiten abbauen.
Wir stehen kurz davor, in eine hitzige Grundsatzdiskussion über Terrorprävention versus Freiheitsrechte abzugleiten. Doch wir kriegen gerade noch die Kurve und lassen den Rest des Abends die Politik und ihre hilflosen Versuche, mit der Biohackerbewegung umzugehen, beiseite. Der Nächste ist dran mit der nächsten Runde Bier, dem wohl ältesten, bekanntesten und ertragreichsten deutschen Biotech-Produkt. Jeder nimmt einen großen Schluck, dann fachsimpeln wir über neue Biotechniken und deren mögliche zukünftige Einflüsse auf das Biohacking. Es mag teilweise am Gerstensaft liegen, doch Garveys Vision eines Bio-Druckers erscheint plötzlich keinem von uns mehr in allzu weiter Ferne.
Und auch eine neue Methode zur gentechnologischen Veränderung von Organismen, die gerade in den Profi-Labors dieser Welt Furore macht, ist vielleicht schon greifbar nahe für DIY-Biologen: „Talen“, abgeleitet von Transcription Activator-Like Effector Nuclease, heißt das neue Wunderwerkzeug, mit dem Gen-Ingenieure mit bislang unerreichter Genauigkeit in das Erbgut eingreifen und genetische Bausteine entfernen oder austauschen können. Vor allem erleichtern die Talen-Werkzeuge das Verändern pflanzlicher odertierischer Zellen, die für Genmanipulationen bislang viel schwieriger zu greifen waren als Bakterien.
Eine ertragsschwache Weizensorte ist aufgrund zufälliger Mutationen resistent gegen eine Pilzkrankheit? Mit der Talen-Methode ließen sich diese
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