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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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Päckchens vorhätten, erwidern wir: „Gene untersuchen.“ Das scheint ihm auf unheimliche Weise einzuleuchten, er lässt sich die Auslieferung quittieren, kehrt auf dem Absatz um und verschwindet die Treppe hinunter.
    So einfach kommt man heute an künstliches Erbgut: Man buchstabiert schlicht die gewünschte Abfolge der DNA-Bausteine in die Online-Bestellmaske eines Unternehmens, das darauf spezialisiert ist, Erbgut zu synthetisieren. Man setzt seine Adresse und Bankverbindung dahinter. Man wartet zwei Tage. Und dann bringt ein Bote einen gepolsterten Umschlag mit einem winzigen Plastikgefäß darin. In dem ist das maßgeschneiderte Genfragment als weißer Pulverhauch durch den transparenten Kunststoff zu sehen. TGTAAAACGA … so beginnt eines der Fragmente, die wir bestellt haben. Jeder Buchstabe steht dabei für einen der vier Molekülbausteine, aus denen sich die Erbsubstanz DNA zusammensetzt. Die Abfolge von Molekülbausteinen bildet das Gegenstück zu den ersten Bausteinen des Gens, das uns interessiert. Wir tragen die bestellte Sequenz selber in unserem Erbgut, genauso wie Pflanzen, Bakterien oder Tiere. In unserem ersten Experiment wollen wir eine Art genetischen Fingerabdruck von dem Sushi nehmen, das wir in unserer Mittagspause in der Bar um die Ecke bekommen. Dazu müssen wir das Gen zunächst kopieren. Deshalb haben wir den gebrauchten Genkopierer gekauft, ein paar Chemikalien und das Kopier-Enzym. Die gerade gelieferten kurzen Kunst-DNA-Schnipsel sagen dem Enzym schlicht, wo es mit seiner Arbeit beginnen und wo im Erbgut es stoppen soll. Aber dazu später mehr (in Kapitel 6).
    Nachdem das so reibungslos lief, ordern wir kurz darauf die nächsten Erbgutschnipsel bei unserem DNA-Lieferanten. Wir haben mit Absicht nicht alles auf einmal bestellt. Denn das nächste Gen, für das wir uns interessieren, ist nicht mehr so harmlos wie der Erbgutabschitt, mit dem wir beim Sushi zwischen Thunfisch und Plötze unterscheiden wollen. Es ist Teil des Genoms des Wunderbaums, Ricinus communis . Das Gen bildet den Bauplan für das Gift Rizin, eines der stärksten Toxine, die von der Natur hervorgebracht werden. Schon 0,25 Milligramm genügen, um einen ausgewachsenen Mann zu töten. Es ist als Biowaffe geächtet und im deutschen Kriegswaffenkontrollgesetz gelistet. Der Wunderbaum schützt mit dem Gift bloß seine Samen vor Fressfeinden. Wir wollen es nicht produzieren, denn das wäre keine gute Idee und würde zumal auch gegen Punkt zwei unseres Kodexes verstoßen. Aber wir wollen doch herausfinden, ob wir es vielleicht könnten. Auf gar nicht biotechnologischem Wege könnten wir es wahrscheinlich ohnehin, denn man muss das Toxin eigentlich nur mechanisch-chemisch aus den Wunderbohnen extrahieren. Uns interessiert aber, ob man auch die genetische Bauanleitung, die frei in Datenbanken zugänglich ist, zur Herstellung des Rizin-Gens nutzen kann. Dieses dann in das Erbgut von Bakterien einzubauen und diese so in mikroskopische Rizinfabriken zu verwandeln, wäre dann nur der letzte notwendige Schritt,um ein Labor zu einer echten Giftküche zu machen. Was natürlich nicht unser Plan ist. Wir wollen nur ausprobieren, ob wir an solche Erbgutstücke herankommen, mit denen sich potenziell gefährliche Gene basteln lassen. Es ist überhaupt kein Problem.
    Dabei steht Rizin und auch sein biologischer Bauplan auf der „Liste der Dual-Use-Güter“ der Güterkontrollverordnung. Vielleicht war es so einfach, weil wir eben nicht das ganze Rizin-Gen bestellt haben, sondern nur kurze Abschnitte vom Anfang und Ende der insgesamt ein paar Tausend Bausteine langen Buchstabenfolge. Aber mehr braucht das Kopierenzym nicht, um aus einem zerriebenen Samen des Wunderbaums (ein Tütchen kostet 1,50 Euro auf Ebay) oder auch aus im Botanischen Garten „geernteten“ und dann zerkleinerten Blättern das Gen milliardenfach herauszukopieren. Das Ausfuhrkontrollgesetz zwingt Hersteller künstlicher DNA, jede Bestellung auf Gefährlichkeit zu überprüfen. Das gilt für ganze Gene, nicht aber für kurze DNA-Stücke, wie wir sie bestellt haben. Und Auftraggeber aus Deutschland werden nicht immer einzeln überprüft.
    Wir allerdings schon. In unserem Fall rief am Tag nach der ersten Bestellung eine freundliche Dame an, um sich die ungewöhnliche Versandadresse bestätigen zu lassen und sich nach unserem Vorhaben zu erkundigen. Da hatten wir allerdings noch gar keine Startsequenzen für das Kopieren des Rizin-Gens bestellt, sondern jene

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